Wieso gelten Pronos als nicht gesellschaftsfähig, Mord und Totschlag aber schon?
Pornos sind als obszoen, jugendgefährdend und vulgär verschrieen und von vielen Medien verbannt. Gleichzeitig nehmen wir aber vor TV und Kinoleinwand Platz und lassen und gepflegt unterhalten von Kriegs- Krimi und Horrorfilmen in denen munter und blutrünstig geschlachtet, gemordet und zerstückelt wird.
Warum ist es schändlicher zu zeigen wenn zwei Menschen Liebe machen als zu zeigen wenn sich Menschen morden? Ist Morden nicht mehr obszoen, jugendgefährdend und vulgär als Sex?
Paul E2012-05-12T23:10:55Z
Beste Antwort
Das nennt man Doppelmoral - typisch für die "Dichter und Denker", wie wir Deutsche einmal genannt wurden.
Ich denke, dass das zum Teil auf den Einfluss christlicher Moralvorstellungen zurückzuführen ist. Die hatten nämlich dafür gesorgt, dass man selbst in den 60ern noch für den Film "Das Schweigen" erwachsene Männer und Frauen im Kinosaal separierte, weil es im Film Nacktszenen und die Andeutung von Sexualität gab. Zum Film kann man hier mehr lesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Das_Schweigen Schon damals tolerierte man wesentlich grafischere Darstellungen von Gewalt. Natürlich ist unsere Gesellschaft im Umgang mit beidem toleranter geworden. Gewalt, wie Sex, werden offener und expliziter gezeigt. Die Sexualmoral der 60er und die praktischen Auswirkungen kann man sich heute schon nicht mehr vorstellen. Meiner Meinung nach hängt der Grad der Freiheit in der Darstellung auch immer damit zusammen, wie weit im Entscheidungsprozess, was konkret gezeigt werden darf, die Religion Entscheidungen erwirken darf. Dabei gehen wir mit der Darstellung von Sex noch relativ locker um, was ich für einen europäischen Sonderweg halte, der in der sexuellen Revolution der späten 60er und 70er Jahre begründet ist. Janet Jackson "Nipplegate" zeigt auf, dass das in anderen westlichen Ländern durchaus nicht so ist, wie bei uns. Der Kern der ganzen Nummer sind dennoch die christlichen Moralvorstellungen, und da ist es eben so, dass die Bibel als Referenzrahmen für die Religion auch ein ziemlich blutrünstiges Buch ist - besonders die alttestamentarischen Anteile - aber auch mit einer sehr zugeknöpften Sexualmoral daher kommt. Der Einfluss der Religion auf die Gesellschaft schwindet zwar in den letzten Jahren, allerdings ist der Einfluss immer noch bemerkbar.
Im Vergleich zu Amerika gehen wir dabei mit der Darstellung von Sexualität eigentlich noch recht offen um, sind aber in der Darstellung von Gewalt wesentlich zugeknöpfter. Während Janet Jacksons Nippel in während des Super Bowls in Amerika ein richtiger Aufreger war, hüpfen in Deutschland sogar nackte Frauen in der vorabendlichen Werbung durchs Bild, oder es laufen Filme wie "Shortbus" auf Arte ungekürzt, ein Film, der wirklich in der Darstellung von Sex nichts ausspart. Dafür werden Fernsehserien, die in Amerika ganz normal im Abendprogramm laufen, bei uns in Deutschland heftig geschnitten, wie z.B. CSI. Seiten wie http://www.schnittberichte.com/ bestätigen das. Dabei denke ich, dass sich in beiden Ländern die Zensur und die Spielregeln dessen, was gezeigt werden darf, längst von dem entfernt haben, was die Mehrheit in der Gesellschaft toleriert.
Die Darstellung von Sex und Gewalt zu vergleichen, ist für mich allerdings wie Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Das muss man meiner Meinung nach wirklich getrennt betrachten. Die "Spielregeln" in der Darstellung sind immer verhandelbar und basieren auf einem gesellschaftlichen Konsenz, der sich auch im Wandel befinden kann. Grundsätzlich aber denke ich, dass unsere Gesellschaft historisch gewachsen und durch christliche Moral und Ethik Gewalt immer offener gegenüber stand, und Sexualität immer zugeknöpfter.
Während ich das schreibe, kann ich gerade Frauen in einer Komödie mit einem Dildo herumalbern sehen - im Morgenprogramm, um 9.30 Uhr. Das war vor 30 Jahren so nicht denkbar.
Aus demselben Grunde, aus dem niemand gute Nachrichten lesen will: Das Erzeugen von Leben gilt bei allem Erfolg der Pornobranche dann eben doch noch als viel weniger medienwirksam als das Beenden von Leben, wie wir es in Krimis und Konsorten sehen. Es haelt schliesslich auch niemand auf der Autobahn an, um die Blumen zu bewundern - ein Unfall jedoch macht die A8 zum Parkplatz.
Ich glaube, die Frauen sind schuld daran. Diese Behauptung stelle ich mal in den Raum. Sie finden es widerlich, wenn man ihren nackten Körper betrachtet. Sie verurteilen Männer, die Pornos schauen. Dabei ist da wirklich nichts dabei.