Was würde ein Arbeitgeber freiwillig einem Arbeiter zahlen, wenn er völlig frei einen Betrag wählen könnte?
Hi,
ist die Selbstregulierung der Gehälter nicht mit der Globalisierung kaputt gegangen? Wenn ich mir anhören darf, daß mein Job im Ausland nur 1/10 kostet, frag ich mich, was soll ich denn als Argumente dagegen bringen? Wird jetzt solange mein Lohn gekürzt, bis ich auch nur noch in einer Bambushütte schlafen kann? Und wieso bekommen Bauern alle Zuschüsse, damit sie weiterhin im Internationalen Markt überleben können, ich aber nicht?
Grüßle
ramsjoen2011-07-25T11:31:32Z
Beste Antwort
Angebot und Nachfrage regulieren den Preis. Auch den Preis der Arbeitskraft.
Ich bin IT-Spezialist und höre dasselbe: Inder sind billiger als Deutsche. Die Inder jammern wiederum, dass sie gegen Weißrussland preislich nicht kompetetiv sind. Dennoch findet jeder zu seinem Preis in seinem Land sein Auskommen. Bestimmte Tätigkeiten lassen sich nach Indien verlagern, andere nicht. Dasselbe gilt für alle Branchen. Eine Waschmaschine oder ein Auto montieren kann man auch im Ausland, die kaputte Waschmaschine oder das Auto repapieren geht eben nur hier. Und billig in Masse montieren ist eine Sache, das Produkt erstmal zu entwickeln ist eine andere.
Die "Selbstregulierung" funktioniert nach wie vor sehr gut. Würde ein Arbeitgeber eine Möglichkeit haben, Deinen Job billiger zu "verkaufen" oder Dich im Lohn zu drücken, dann würde er das auch sicher tun. Bisher ist es ja offenbar noch nicht passiert und das wird auch so bleiben - bis es eben geht. Dein Gegenargument ist also: Offenbar kostet mein Job in Ausland nur 1/10, aber wir sind nun einmal hier und hier geht es nicht billiger, sonst wäre es ja schon passiert. - Mir ist dasselbe passiert: Die Sätze wurden immer weiter reduziert bis immer mehr Leute ihre Verträge aufgekündigt hatten und der Auftraggeber unter Druck kam, da seine Arbeit nicht mehr gemacht wurde. Inzwischen wird wieder mehr bezahlt.
Natürlich jammert jeder Unternehmer. Für den Unternehmer gilt aber das Gleiche wie für den Arbeitnehmer: Wenn es ihm hier nicht passt, kann er ja woanders hin gehen. Allerdings scheinen Unternehmer da flexibler zu sein als Arbeitnehmer, denn die gehen tatsächlich irgendwann woanders hin, wenn sie nicht mehr kompetetiv sein können. Was für den Arbeitnehmer die drohende Arbeitslosigkeit ist, ist für den Unternehmer die drohende Insolvenz. Entscheidender Unterschied: Für den Arbeitnehmer gibt es staatliche Alimentierung durch ALG I, für den Unternehmer nicht. Und ein wirklich reicher Unternehmer hat deutlich mehr zu verlieren als ein normaler Arbeitnehmer.
Die Zeiten sind (leider?) vorbei, in denen man eine Anstellung auf Lebenszeit hatte und davon ausgehen durfte, dass das Gehalt vom Chef kommt und nicht vom Endkunden. Es sind Leute wie Du und ich, die auch immer alles billiger haben wollen, also muss es auch billiger hergestellt werden. Ganz klar: Kriege ich einen PC made in Germany bei gleicher Qualität made in sonstwo, aber zum halben Preis, dann kaufe ich den von sonstwo. Soweit geht der Patriotismus auch bei mir nicht. Weder bin ich als Konsument noch ist ein Unternehmer eine soziale Einrichtung, ich kaufe qualitäts- und kostenbewusst meine Produkte und ich will etwas für mein Geld sehen.
Auch ein Unternehmer will etwas für sein Geld sehen. Wenn er Dir nicht mehr die Bezahlung bietet, die Du Dir für Deine Leistung vorstellst, dann hast Du schlechte Karten. Der Markt funktioniert so, dass nur nachgefragte Leistungen hoch bezahlt werden und Jobs, bei denen der Arbeitnehmer einfach mal so ersetzt werden kann, am unteren Limit liegen. Aber: Sobald Du etwas anbietest, was der Unternehmer gerne haben will, aber Du bist Mangelware, dann bezahlt er Dir jeden für ihn noch akzeptablen Preis. In diesem Sinne: Ändere Dein Angebot, biete eine andere Leistung in anderer Qualität! - Ich bin ehrlich gesagt immer wieder froh, wenn ich etwas neues anbieten muss. Sonst würde ich in täglicher Routine wahrscheinlich an Langeweile sterben.
Die Zuschüsse für Bauern dürften einen politischen Hintergrund haben. In Europa ist Frankreich der größte Agrar-Lobbyist. Welche Nation will schon hinsichtlich der Ernährung seines Volkes von anderen Nationen abhängig sein? Wenn sich nicht mehr jeder ein Auto leisten kann, dann murren vielleicht ein paar, dass der Lebensstandard gesunken ist, die meisten steigen aber kommentarlos auf den Bus um. Wenn es aber nicht mehr zum Abendessen reichen sollte, dann stürmt das Volk den Bundestag und lyncht die Verantwortlichen aus gutem Grunde.
Ich kann frei wählen, da ich als AG nicht Tarifgebunden bin! Ich weiss nicht, was andere tun, ich zahle soviel wie möglich und wirtschaftlich noch vertretbar ist! Vertretbar heisst, dass der Mitarbeiter das Geld auch irgendwie erwirtschaften muss. Das ist ein Geschäft zum gegenseitigen Vorteil plus einem sozialen Auftrag, den ich als AG habe. Deshalb bilde ich aus und übernehme auch die Azubis. Ich kenne noch viele andere Kleinbetriebe, deren Inhaber genauso handeln. Bei Grossbetrieben kann man das vergessen! Aber eins darf nicht vergessen werden: Solange hier in Deutschland ein grosser Teil der Menschen nach immer billigeren Waren schreien, MUSS das Produkt immer billiger hergestellt werden! Dass so die Löhne fallen, ist zwangsläufig! Wer das kapiert hat, kauft Qualität aus Deutschland, wenn möglich, und keinen Schrapel!
Ein Arbeitgeber gibt seinem Arbeitnehmer FREIWILLIG 0,0 Cent. Und wenn Dein Arbeitnehmer mit diesem Totschlagargument deine Frage nach einer Lohnerhöhung abwürgt, dann sollte der am besten selber mal gucken, dass er sich nen anderen Mitarbeiter für den Job sucht, ist meine Meinung dazu. Dann kannst DU nämlich wirklich in den Urwald ziehen und das kostspielige Leben in einer Bambushütte ausprobieren... (Sorry, ist nicht so gemeint, wie ich es geschrieben habe, aber mich ärgern solche Argumente, wenn ich sehe, dass in den Führungsspitzen in der Wirtschaft immer wieder neue Manager eingestellt werden und ich vermute fast, dass das bei euch in der Firma wohl auch der Fall ist! und dann sich aber bei den Indianern immer weniger tut... sowas finde ich absolut verwerflich... und das schlimme daran ist, dass in den Führungsriegen dann noch nicht einmal Mitarbeiter sitzen, die sich aus den unteren Reihen hochgearbeitet haben, sondern meistens solche, die irgendwo aus dem Nichts her kommen und Ansprüche stellen, die Gott weiss woher geholt werden...).
"Was würde ein Arbeitgeber freiwillig einem Arbeiter zahlen, wenn er völlig frei einen Betrag wählen könnte?" - nur so wenig wie er unbedingt muss - gerade mal so viel dass überhaupt jemand die Arbeit annimmt! Und leider gibt es genug Leute die auch für 5-6 Euro die Stunde arbeiten gehen (müssen)!