Warum ist der Kommunismus gescheitert?

Es gab doch einige Versuche kommunistische Staaten zu errichten. Warum sind diese entweder im Massensterben (China, Kambodscha...) und/oder in totalitären Regimen (China, Russland...) geendet.
Funktioniert Kommunismus per Prinzip nicht, oder lag es an Fehlern bei der "richtigen Durchführung"?

paradox2011-07-20T14:19:29Z

Beste Antwort

Eines muss man vorausschicken - es gab niemals irgendwo bisher einen kommunistischen Staat.
Die Idee des Kommunismus basiert auf der Überlegung von Marx, dass die kapitalistische Gesellschaft irgendwann an ihr Ende gelangt (was bis hierhin auch richtig ist, Marx' Analysen des Kapitalismus sind noch heute gültig) und in eine neue höher entwickelte Gesellschaft übergehen wird. Im Prinzip verlängerte er die bisherigen Entwicklungen von der Urgesellschaft zur höher entwickelten Sklavenhaltergesellschaft mit ihrer Arbeitsteilung, Handel etc, zum wieder höheren Feudalismus zum Kapitalismus - zum Kommunismus. Abgesehen von der Urgesellschaft, die gern als eine Art Urkommunismus verstanden wird, standen sich - laut Marx - immer zwei Hauptklassen feindlich gegenüber, die Sklaven und die Sklavenhalter, die Bauern und der Adel, die Arbeiterklasse und das Bürgertum. Dieser Konflikt konnte am Ende nur dadurch gelöst werden, dass eine der beiden Klassen untergehen würde und zwar diejenige, die die andere ausbeutet. Bis dahin würde sich auch der Kapitalismus immer weiter entwickeln. Hier beging Marx aber möglicherweise einen Fehler, denn wenn man von dieser Klassentheorie ausgeht, dann war es nie eine der beiden Hauptklassen, die den Konflikt löste und somit eine neue Stufe in der Entwicklung erklomm. Oft genug war es eine dritte Kraft, die niemand auf der Rechnung hatte. Also einfacher ausgedrückt, Spartakus schaffte die Sklaverei nicht ab, die Bauernkriege nicht die Feudalgesellschaft. Die Revolutionen, die zum Untergang des Feudalismus führten, waren allesamt bürgerlich, bedingt durch Fortschritte in den Produktionstechniken, die aus dem bis dahin eher unbedeutenden Bürgertum eine der wichtigsten Triebkräfte der Wirtschaft und der Gesellschaft machte. Das aber weitergeführt, ist es eben nicht die Arbeiterklasse, die letztlich den Kapitalismus überwindet, eher sieht es im Moment sogar so aus, als überwinde der Kapitalismus die Arbeiterklasse. Die Idee des Kommunismus geht aber von einer Herrschaft der Arbeiterklasse aus, wörtlich Diktatur des Proletariats. Und daraus ergibt sich, es kann so nicht funktionieren.
Lenin verkürzte seinen Marx nun, er dachte sich, "na wenn wir schon so gut über die Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus Bescheid wissen, können wir das Verfahren ja eigentlich auch beschleunigen" und legte damit die Saat der Gewalt.
Die Oktoberrevolution war eine Revolution einer Minderheit gegen eine Mehrheit, eine Arbeiterklasse, die dieses Namens überhaupt würdig war, gab es nur in den wenigen Großstädten. Das heißt, diese Minderheit konnte nur, um sich selbst an der Macht zu halten, auf Gewalt zurückgreifen, nicht zu vergessen, dass mehrere ausländische Mächte in Russland einmarschierten und das Land in einen brutalen Bürgerkrieg trieben. Ein Gewaltregime kann sich aber nicht aus sich selbst heraus demokratisieren, auch wenn man Lenin zugutehalten muss, es vor seinem Tod noch versucht zu haben.
Um also auf deine Frage zurückzukommen, wahrscheinlich sind beide Begründungen richtig, zumindest im großen Maßstab. Im Kleinen, also mit einer eingeschränkten Zahl Beteiligter, ist zumindest eine Art Sozialismus durchaus praktikabel.

Was bei alledem aber heute gern übersehen wird, es gab durchaus demokratisch legitimierte Versuche, in einigen wenigen Ländern einen Sozialismus zu errichten, Spanien in den dreißiger Jahren und Chile bis 1973. Auch diese endeten im Blutbad, in beiden Fällen wurden anschließend zu großen Teilen mit ausländischer Hilfe faschistische Regime installiert. Allerdings könnten die Gründe ausgerechnet darin liegen, dass es in beiden Fällen hätte gelingen können, ausbeutungsfreie Regime ohne Gewalt aufzubauen, was um jeden Preis verhindert werden musste. Denn auch das Kapital wird seine Macht und seine Stellung immer mit Klauen und Messern verteidigen.

Stefan H2011-07-21T02:13:11Z

Weil der Kommunismus mit Gewalt eingeführt und mit Gewalt verbreitet wurde!

Weil die Machthaber alles dran gesetzt haben, IHRE Machtstellung zu behaupten und die eigentlichen realistischen Kommunisten, denen auch der Mensch am herzen lag, ausgeschaltet haben!

Jede Art von Staatsführung, die durch einige Machthaber eingeführt wird, ist zum scheitern verurteilt!


In diesem Sinne....

Steini2011-07-20T14:26:20Z

Weil leider die Wende kam.

Anonym2011-07-20T14:15:29Z

Stalin war ein ja ein übler Verbrecher. Und auch Lenin hat schon Verbrechen begannen, wenn auch viel weniger als Stalin.
Aber bedenke, dass es doch immerhin von den 50iger Jahren bis Mitte der 80er in der Sowjetunion nicht sooo schlecht geklappt hat. Naja Diktatur und nicht so besonders wirtschaftlich erfolgreich, aber eben doch nicht so schlecht wie heute behauptet. Das hätte schon ohne Gorbatschow so weitergehen können und vielleicht hätte es auch noch einen "Aufschwung" (nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht ist das gemeint) gegeben.

Anonym2011-07-20T14:12:48Z

Kommunismus ist eine tolle Idee. Aber: hast Du schon mal in einer WG gewohnt, so mit 4-5 Leuten, in der Waschmaschine, Küche, Toilette etc. gemeinsam benutzt werden, sozusagen Gemeinschaftseigentum sind? Schon das funktioniert oft nicht. Es gibt oft Streit, weil irgendjemand angeblich etwas dreckig hinterlassen hat oder kaputt gemacht hat oder seine Pflichten nicht erfüllt hat.
Es gab (und gibt) immer wieder Versuche, in Kommunen zu leben. Im Extremfall heißt das, das Menschen innerhalb der Kommune kein Privateigentum haben. Ihre Arbeitskraft setzen sie für das Gemeinwohl ein, alles, was sie brauchen, bekommen sie von der Kommune: Wohnraum, Essen, Kleidung und so weiter. Mir ist kein Fall bekannt, wo das ohne eine ordnende Autorität, also aus sich heraus, funktioniert hätte. Es gibt immer Mitglieder, die das Gefühl haben, ausgenutzt zu werden (berechtigt oder nicht), und andere, die tatsächlich meist die Beine hoch legen und nichts tun.
Werkzeuge werden mit unterschiedlicher Sorgfalt behandelt, das Gemeinschaftseigentum unterschiedlich wertgeschätzt. All das führt zu Streit und nach einiger Zeit zum Auseinanderbrechen der Kommune.
Selbst in der Ehe (sozusagen die kleinstmögliche Kommune!) bleibt das nicht aus.

Und jetzt überlege selbst: wenn das schon nicht funktioniert, wenn jeder jeden kennt und die soziale Kontrolle dadurch sehr stark ist, wie soll das dann für einen Staat funktionieren? Wir haben in der Schule (DDR) noch gelernt, das der "neue Typus des Menschen" erst geschaffen werden muß (im Sozialismus natürlich), dann kann der Übergang zum Kommunismus erfolgen. Wie das aussehen sollte, den "neuen Typus" zu schaffen, haben wir gesehen...

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