Inwieweit ist das AT nun als Sage aufzufassen oder nicht? Was meint ihr dazu?
erhardgr2009-10-07T10:39:46Z
Beste Antwort
Das "Alte Testament" (die "Hebräische Bibel") ist keineswegs ein einheitliches, etwa gar in einem Durchgang (von EINER einzigen Person wie der Koran von Mohammed) geschriebenes Buch, sondern eine Sammlung ("Kanon") von vielen verschiedenen Bücher, die wiederum zum Teil auf Quellenschriften zurückgehen und zwischen 950 und 250 vC die heutige literarische Gestalt bekommen haben. Die alttestamentliche Wissenschaft unterscheidet (ganz grob): 1. die zeitlos-mythologischen Texte der Urgeschichte (Gen 1-11), 2a: die Texte, die als "Sagen" im wesentlichen einen historischen Kern haben, auch wenn ihre mündliche Überlieferung für viele "Zutaten" gesorgt hat (das ist Gen 12-50, die Erzvätergeschichten und die Josefsgeschichte). 2b: Auch noch in der historischen Grauzone bewegen wir uns mit der Exodustradition und der Rezeption der Thora (Ex - Dt und Josua). Allerdings wird davon ausgegangen, dass Mose historisch der Anführer eines Auszugs aus Ägypten war und ebenso auf ihn die Gebote vom Sinai zurückgehen. Beides hat vor allem eine ungeheuere Wirkungsgeschichte initiiert. 3. Mit der Richterzeit und der darauffolgenden Königszeit sowie mit den Propheten sind wir im Bereich der Geschichte, haben allerdings den historischen Wert der Details und der Zusammenstellung der einzelnen Prophetenbücher kritisch zu analysieren. So gilt zB. das Miriamlied Ex 15,21 als ältester ursprünglich mündlich überlieferter Text der Bibel (Liedtexte behalten ihren Wortbestand, während sich Prosatexte bei mündlichem Weitererzählen verändern können). Die "Berichte Baruchs" (= Jer 36,1 - 45,5), des Schreibers des Propheten Jeremia, stellen eine historisch genaue Schilderung der Ereignisse dar. Die Buchrolle, in die Baruch im Auftrag und nach Diktat (!) des Jeremia die Botschaft des Propheten zweimal niederschrieb (weil der König die erste Fassung vernichtete), dürfte eine historisch bis auf den letzten hebräischen Buchstaben genaue Textwiedergabe der historischen Buchrolle sein.
Kurz: Wer das AT "komplett als eine Sage" bezeichnet, ist ebenso "unkritisch" wie der, der es für von Gott wörtlich zitierte und darum historisch genaue Offenbarung hält. "Kritisch" kommt vom griechischen krinein, das "unterscheiden" bedeutet. Kritisch ist, wer Unterschiede wahrnimmt und sich und anderen bewusst macht.
Machen wir uns doch mal frei von dem naiven Gedanken dass das israelistische Volk alleine irgendwo in der Wildniss sein Leben fristete und mit Gott in Verbindung stand. Fakt ist, dass die jahrtausende aelter Induskultur regen Handel bis in den Mittelmeerraum betrieb.
Wir muessen dann doch auch annehmen, dass zu Abrahams Zeiten, Karavanen mit Guetern aus allen Herren Laender unterwegs waren und Haendler diese Waren tauschten und verkauften. Wir koennen dann doch auch annehmen dass, diese Haendler um die Verkaufs und wertsteigernde Wirkung kleiner Geschichten wussten, um Amulette, Kraeuter und Gewuerze, Stoffe und Tiere, besser an den Mann zu bringen. (Eine Taktik die auch heute noch jede gute Werbung befolgt) Wir koennen doch auch annehmen, dass diese Geschichten, wie auch die Geschichten abends am Lagerfeuer, sich um Wunder, Gottheiten, Kriege und Siege in fremden Landern, fremden Kulturen drehten.
Ist es dann noch eine Ueberraschung, dass die Bibel eine Vermengung von babylonischen Mythen und Epen (Gilgamesch), altaegyptischen Gedankengut (Totenbuecher) oder alt-persischer Religion (Zaratustra) ist??
Fuer mich nicht. Das Gegenteil waere eine Ueberraschung gewesen.
Wenn es wenigstens eine Sammlung von Sagen wäre, könnte man das noch als Kulturgut akzeptieren. Nur ist die Urfassung der Bücher Mose eine absichtliche Fälschung! Man hat sich da Geschichten mit sagenhaften Gestalten und Mythen so angepasst, dass es eine durchgängige Geschichte gab, die nicht nur das Ziel hatte, dass das Volk Israels als auserwählt galt sondern vor allem, dass es zur Grundlage eines Eroberungskrieg wurde. Man muss die JHWH-Priester als machtgeile Sektengurus verstehen, die das ungebildete Volk zu ihren Gunsten missbrauchten. JHWH wurde zu einem Kriegsgott, vor dem alle Angst haben mussten. Man war für ihn - oder gegen ihn. Das AT spricht hier eine deutliche Sprache.
es ist wohl mitlerweile zweifellos belegt, dass die angeblichen ereignisse im AT so nie stattgefunden haben. und das auf unterschiedlichste weise. zum einen existieren ja auch andere historische quellen, aus denen sich (nur ein beispiel von vielen) belegen laesst, dass die abfolge der herrscher voellig anders war als das AT angibt. auch andere ereignisse wie kriege sind davon betroffen. (gilt zt auch fuer das NT, eine stadt Nazareth hat es zur zeit der geburt Jesu nicht gegeben...)
dann sind da noch andere sagen, allen voran der babylonische Gilgameschepos, der eine vorlage fuer die Arche Noah darstellt. (nur halt wo anders spielt, und nicht ganz unerheblich aelter als die bibel ist)
diese liste koennte man ewig weiter fortsetzen, selbst so einige geschichten ueber JC selbst findet man in weit aelteren sagen, zb des Mithras-kultes