Warum gibt es Leute, die sich mit Harz 4 abfinden und das auch nicht ändern wollen?
Betreibe seit 1991 einen Hausmeisterservice. Habe einen Mitarbeiter(57), der einige Stunden in der Woche bei mir arbeitet und Harz 4 bezieht. Anfang nächsten Jahres werde ich auswandern. Habe ihm die Übernahme angeboten, weil er alle Objekte schon seit Jahren sehr gut kennt. Alles da: Fahrzeug, Maschinen, guter Kundenstamm, Gartengeräte usw. Alle Kunden kennen ihn auch. Er möchte nicht. Es ist mir schleierhaft, wie man sich mit so einer Perspektivlosigkeit abfinden kann.
Erläuterung zum ersten Beispiel: Wenn Raucher z.B. in Zeitschriften auf Artikel stoßen, die über die schlimmen Folgen ihres Zigarettenkonsumes berichten, schenken sie diesen Artikeln deutlich weniger Aufmerksamkeit als Nichtraucher. Der Raucher wird durch die Information unangenehm berührt und blendet sie daher vorzugsweise aus. Dies kann auch als Begründung gesehen werden, dass Raucher (auch nach eigenen Angaben) die todesanzeigenartigen Warnaufdrucke auf den Zigarettenschachteln kaum wahrzunehmen scheinen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kognitive_Dissonanz
Arbeitslose: Ich möchte arbeiten! Erfahrung/Information: Es gibt nicht genügend Arbeitsplätze für alle.
Wenn so ein Mensch Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr mit dieser Diskrepanz lebt, dann macht der sich psychisch kaputt. Also wird die Notsutiation "schöngeredet", um eben nicht in Disharmonie mit seinem Leben zu geraten.
Es gab da mal eine Studie der Auswirkung von Arbeitslosigkeit über ein Dorf in Österreich in dem alle Einwohner arbeitslos wurden (30er Jahre). Mal sehen ob ich die finde. Leider nicht! Aber etwas anderes. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle ein Zitat von H. E. Richter nahe bringen, das die Aussage bekräftigt und uns alle, so hoffe ich, nachdenklich stimmen wird:
"Es besteht immer noch eine sich negativ selbstverstärkende Wechselbeziehung zwischen zwei Tatbeständen: Der Anblick der Unbarmherzigkeit der Gesellschaft gegenüber den geschädigten Randgruppen verleitet dazu, sich selbst unbarmherzig zu verhalten. Denn die Angst vor dem Schicksal der Isolierten stimuliert dazu, aus deren Nähe zu flüchten und damit zu deren weiterer Gettoisierung indirekt beizutragen. In der hochindustrialisierten Wettbewerbsgesellschaft fühlt sich das Individuum nur dann gesichert, wenn es möglichst jugendlich, fit, genau kontrolliert, zugleich unauffällig wie durchsetzungsfähig ist. Aus Angst vor körperlicher, seelischer oder sozialer Dekompensation erhofft sich jeder ein ewiges Andauern seiner aktiven Erfüllung der Normen der Stress-Gesellschaft. Mit dieser Hoffnung verbindet sich die Illusion, dass man selbst nicht dem Elend entgegengehe, dem andere in der Umgebung anheimfallen. Man will sich einreden: Deren Versagen liegt weitab von mir. Ich habe mit denen nichts zu tun, die da ausflippen, verrückt werden oder kaputtgehen. Ich kann mich in diesem Negativ-Menschen in keiner Weise wiedererkennen. Und weil sie nicht meinesgleichen sind bzw. sein dürfen, vermag ich mich mit ihnen auch nicht solidarisch zu fühlen oder gar aktiv kooperativ einzulassen. Also: Aus Angst, diesen Merkmalen der Brüchigkeit und Verlorenheit sehr nahe zu sein, erwächst die Energie, diese Züge durch Verdrängung bzw. Verleugnung maximal weit von sich abzurücken. Und damit wird zugleich unbewusst wiederum die Tendenz verstärkt, die soziale Isolierung dieser Anders-Seienden zu verstärken. Wenn man nicht sehen will, wie gefährdet man selbst stets ist auf seiner Gratwanderung zwischen psychischer Gesundheit und Krankheit, zwischen sozialer Anerkennung und sozialer Ächtung, zwischen Fitness und Zusammenbruch, klammert man sich an die Phantasie einer unendlichen und unüberbrückbaren Entfernung zu den Repräsentanten des vermeintlich Abnormen, der Schwäche und des Abstiegs. So fordert die panische Furcht vor dem Verlust der eigenen sozialen Integration indirekt die soziale Ausschließung der anderen so als könnte diese Strategie den einzelnen vor der eines Tages unausbleiblichen eigenen Verbannung und Zerstörung bewahren. In dieser Weise präpariert im Grunde jeder, der zunächst aus Angst an der Strategie der sozialen Ausschließung der Schwachen, Kranken und Unangepassten indirekt aktiv teilnimmt, die eigene spätere Verzweiflung, wenn er einmal das Schicksal dieser Unglücklichen teilen muss“.
(H. E. Richter; Flüchten oder Standhalten, 1976, S 131 f.)
Für machne sind die Zuschüsse andscheinend einfach zu viel!! Für mich wäre es furchtbar arbeitslos zu werden und ich verstehe alle, die ernsthaft nach Arbeit suchen! Aber Leute, die keine WOLLEN, können wir in Deutschland wirklich absolut und überhaupt gar nicht brauchen!
Leider ist es so, dass viele Menschen Angst davor haben eigene Verantwortung zu übernehmen. Ich wünsche Dir für Dein neues Projekt viel Glück und alles Gute.