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Kann man sich überhaupt (selbst) entschuldigen, oder sollte man eher um Entschuldigung bitten?

Ich gebe zu, die Frage klingt im ersten Moment wie Haarspalterei und viele werden möglicherweise nicht einmal einen Unterschied darin erkennen können. Aber wie so oft handelt es sich hier um eine zu hinterfragende Überlegung, verbunden mit der Einladung, ihr eigene Überlegungen zuzufügen - oder entgegenzusetzen.

Heute morgen hörte ich im Radio, das zum ersten Mal ein Führungsmitglied der Roten Khmer in Kambodscha zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Im Laufe des Prozesses entschuldigte er sich bei den Überlebenden und bei den Hinterbliebenen der Opfer, was mich zu der Frage brachte: Kann er das überhaupt? Wäre es nicht wesentlich angemessener, er würde um Entschuldigung bitten und einigermaßen demütig darauf warten, ob ihm diese gewährt würde? Abgesehen natürlich von der Schwere der Schuld, keine Frage.

Aber ist es nicht so, dass, wenn ich mich entschuldige, die Sache für mich erledigt ist, gleichgültig, ob der Andere die Entschuldigung annimmt oder nicht? Das wäre dann schon wieder sein Problem. Anders die Bitte um Entschuldigung, bei der mich im Grunde nur mein Gegenüber ent-schuldigen kann, ich ihm möglichweise zur Wiedergutmachung ein Stück Macht über mich verleihe.

Was denkt ihr?

Update:

@die ersten beiden Antworter: DAS war eigentlich überhaupt nicht die Frage.

Update 2:

@kai_omen, das heißt, die Annerkennung dessen, dass du einen Fehler gemacht hast und die Bitte um Entschuldigung hältst du für mitleidheischende Heuchelei? Ist das nicht ein etwas selbstsüchtiger Standpunkt, da er ausschließlich in den Mittelpunkt stellt, was du für richtig hältst ohne jede Bereitschaft zur Empathie? Oder haben wir uns völlig missverstanden? Kann eine Entschuldigung nicht auch von Größe zeugen?

Update 3:

@kai_omen, die überflüssigen DR bedaure ich, lese aber auch aus deinem verlängerten Nachtrag nur ein Wort in verschiedenen Variationen heraus: „ich”.

17 Antworten

Bewertung
  • vor 1 Jahrzehnt
    Beste Antwort

    Ich verstehe die Frage sehr gut, in der Hinsicht bin ich wohl auch etwas haarspalterisch. Nein, eigentlich kann man sich nicht entschuldigen, zumindest ist das reichlich unverschämt, denn dann drückt man ja aus, dass man sich selbst entschuldigt. Korrekt ist es, um Entschuldigung oder Verzeihung zu bitten, schließlich ist mit diesen (oft floskelhaft verwendeten) Worten ja nicht automatisch die Schuld von einem genommen! Es ist eine sprachliche Ungenauigkeit, die sich allerdings so eingebürgert hat, dass viele gar nicht mehr überlegen, dass zwischen "ich entschuldige mich" und "ich bitte um Entschuldigung" im Grunde genommen ein himmelweiter Unterschied ist.

    Viel schlimmer finde ich aber noch, dass selbst das einfache "Entschuldigung" aus dem Sprachgebrauch verschwindet. Insbesonde Deutsche Bahn und co. bitten nicht mehr um Entschuldigung, sondern um "Verständnis". Da verpasst man dank stundenlanger Zugverspätung seinen Flug, und dann soll man der Bahn nicht nur großmütig verzeihen, sondern auch noch Verständnis für sie aufbringen! Reichlich unverschämt. Oder, der Gipfel der Dreistigkeit in Sachen Selbstentschuldigung: "Danke für ihr Verständnis."

    Aber ich habe doch gar kein Verständnis!, möchte man da protestieren, doch der Lautsprecher hört ja sowieso nicht zu.

    Natürlich ist das Wortklauberei, aber manchmal ist es doch gar nicht so falsch, gewohnte Floskeln auch einmal zu hinterfragen. :)

  • vor 1 Jahrzehnt

    "Entschuldigung" zu sagen, ist immer nur einseitig. Manche sagen: "Mehr - wie entschuldigen - kann ich mich nicht. Das finde ich ganz und gar nicht. Wichtig ist, was der "Betroffene " aus der Entschuldigung macht. Er kann sie entgegennehmen oder nicht. Deshalb wäre viel richtiger, um Entschuldigung zu bitten - oder um Verständnis zu bitten, wenn der Betroffene dann damit einverstanden ist. Zuerst jemandem weh tun und dann auch noch zu tolerieren, daß derjenige "Größe" zeigt, weil er sich entschuldigt- finde ich nicht. Es ist doch wohl selbstverständlich einen "Schaden wieder gut zu machen" und um Verständnis zu bitten und zu bereuen, was man verursacht hat.

  • vor 1 Jahrzehnt

    Du hast Recht. Diese Redeweise, "sich zu entschuldigen" statt "um Entschuldigung (Verzeihung, Vergebung) zu bitten", geht mir schon seit Jahren auf den Keks.

    Wer etwas verbrochen hat, bittet um Entschuldigung und ist erst dann "entschuldigt", wenn ihm der andere verziehen hat.

  • vor 1 Jahrzehnt

    richtig ist

    den schaden wieder gut machen

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  • vor 1 Jahrzehnt

    Da es Schuld in einem System, das uaf Ursache, Wirkung und Folge aufgebaut ist real gar nicht gibt, entfällt auch das Entschuldigen, genau so wie das Beschuldigen.

    Das bedeutet natürlich nicht, das man einen Lügner nicht Lügner nennen darf, denn damit würde man Tatsachen leugnen und die eigene Sicht entwerten.

    Der Lügner hat seine Gründe.

    Diese zu finden, offenzulegen und ihm helfen sich aus seiner Zwangslage zu befreien, die ihn zum Lügen zwingt ist hier das Ziel.

    Lehnt das der Lügner ab und möchte zu seinem kurzfristigen Nutzen weiter das Lügen praktizieren, weil ihm eingeredet wurde, das dies so besser sei, liegt wahrscheinlich eine traumatische Dressur in Konformität vor, welche weitergehende Hilfen nötig macht.

    Keinesfalls hilft es sich vom Lügner abzuwenden, schweigend die Lügengeschichten über sich ergehen zu lassen oder ihn vollkommen zu verurteilen.

    Das er für sein Verhalten Gründe hat ist klar, diese zu ändern steht an.

    LG Jo

  • Anonym
    vor 1 Jahrzehnt

    Ja, kann man, denn "sich entschuldigen" bedeutet nicht das gleiche wie "um Entschuldigung bitten". "Sich entschuldigen" heißt soviel wie "sich rechtfertigen"; "um Entschuldigung bitten" bedeutet dagegen, dass man sich nicht rechtfertigt, sondern seine Schuld einsieht, bereut, bedauert und darum bittet, dass einem verziehen wird.

    Ich halte "Entschuldigung" für ein ziemlich unhöfliches und dreistes Entschuldigungswort, weil es auf denjenigen, der die Person von der Schuld freisprechen könnte, Druck ausübt und streng genommen ein Befehl ist. Ähnlich wie das englische excuse me - was soviel heißt wie "entlass mich aus der Verantwortung".

    Das englische "sorry" oder das deutsche "Tut mir leid" finde ich sympathischer, denn das drückt im Gegensatz zu "Entschuldigung" echtes Bedauern aus - denn sorry ist verwandt mit den Wörtern sorrow und sore und bedeutet, dass man sich schlecht fühlt, weil man etwas falsches getan hat und transportiert im Gegensatz zu Entschuldigung nicht den Befehl, das verziehen werden muss.

    Im thailändischen sagt man als Entschuldigung sogar "Ich bitte um Bestrafung".

    Nachtrag:

    Das fällt mir noch ein, da ich auch grad Denilsons Frage zu Schuld beantwortet habe:

    Generell finde ich, dass man, wenn man sich schuldig gemacht hat, auch immer schuldig bleibt. Selbst wenn der andere einem verzeiht, bleibt man schuldig, denn man kann Taten ja nicht ungeschehen machen.

    Mein "Ja, man kann sich entschuldigen" von Anfang meine ich, falls das missverständlich ist, wirklich nur als Interpretation der beiden Formulierungen. Generell kann man nämlich nichts entschuldigen und vor allem auch nicht sich selbst, man kann die Schuld nur in den Hintergrund rücken lassen.

    Ich meinte diese Frage von Denilson:

    http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=Au...

  • vor 1 Jahrzehnt

    Haarspalterisch ist diese Frage, zudem aber auch berechtigt. Klar können wir um Verzeihung bitten und darauf hoffen, dass unsere "Entschuldigung" angenommen wird. Im Mittelalter war es der Ablasshandel, da konnte man sich einfach von seiner Schuld freikaufen.

    Tatsächlich ist die Entschuldigung eine Möglichkeit, wieder Harmonie herzustellen, eine Streiterei zu schlichten. Damit, dass ich meinen Fehler eingestehe oder nachgebe, um den Zwist beizulegen, schaffe ich die Barriere aus dem Weg, die zwischen meinem Gegenüber und mir entstanden ist.

    Aber gebe ich dir vollkommen Recht, wenn es um kapitale Verbrechen geht, dann ist eine Entschuldigung heuchlerisch. Damit einher finde ich @Amanita´s Einwurf sehr passend: "um Bestrafung bitten". Für manche Taten ist nur die Sühne ein angemessenes Mittel um die Schuld von sich nehmen zu lassen - falls dies überhaupt möglich ist. Hierüber entscheiden dann doch die Gerichtbarkeit im rechtlichen und die Opferpartei im moralischen Sinn.

    Somit ist das "sich entschuldigen" ganz bestimmt nicht möglich, jedoch steht es in unserem Sprachgebrauch dafür, um Entschuldigung zu bitten. Nicht selten werden wir von anderen aufgefordert, uns für etwas zu entschuldigen.

    Einen anderen Aspekt finde ich in dieser Hinsicht auch interessant - wer ist überhaupt in der Lage eine Schuld von uns zu nehmen? Nun gut, diese Fragestellung in einer anderen Kategorie wird ganz bestimmt viele interessante Meinungen offenbaren.

    Entschuldige mein Geschwafel...

  • vor 1 Jahrzehnt

    Wenn ich mich bei jemandem entschuldige, dann nur weil es mir leid tut und das sage ich dann auch so...natürlich in der Hoffnung das diese angenommen wird und damit dann das Thema gegessen ist, aber selbst wenn nicht, dann akzeptiere ich das und kann doch nicht noch direkt auf eine Annahme bestehen!

    Das sind die schlimmsten Leute die so drauf sind finde ich.. erst Schei*e bauen, dann kurz entschuldigen und wenns nicht sofort klappt wieder Theater machen? Ne ne...

    Ich sage jemandem daß es mir leid tut weil das auch wirklich der Fall ist, ich verstehen kann, daß ich denjenigen mit meiner Aktion verletzt hab zB oder einfach eingesehen hab wie shitte ich mich verhalten hab und nicht um nur mein Gewissen zu erleichtern oder nur um alles wieder in den Zustand wie vorher zu bekommen!

    Niemand muß eine Entschuldigung sofort oder überhaupt annehmen und ich denke das kommt auch immer noch auf die Art an wie man sie demjenigen anbietet oder in welchem Moment.

    Ich möchte manchmal auch nicht sofort eine Entschuldigung annehmen - wozu auch wenn ichs noch garnicht so empfinden kann oder auch nicht spüre, daß es demjenigen wirklich leid tut. Und selbst wenn heißt es doch nicht gleich auch, daß bei mir wieder direkt alles ok wär.

    Das kommt immer auf die Situation an..

    Generell würde ich auch sagen, daß das 2 grundverschiedene Dinge sind, die jedenfalls niemals eine indirekte Aufforderung enthalten sollten und außerdem noch jedes Mal durch verschiedene Gefühle,Verhaltensweisen oder eben die "Aktion" ansich zu etwas Einzigartigem werden..

    weswegen man sowas jedenfalls auch nie einfach nur so dahin sagen sollte!

    Erst recht nicht aus egoistischen Gründen!

    Wer gar nicht versteht worum es dem anderen geht, der brauch doch dann auch erst gar nicht um eine Entschuldigung zu bitten!

    Da sind mir persönlich dann doch so Leute wie Kai_Omen zB noch lieber die sich erst gar nicht entschuldigen, als solche wie Regnau die sofort eine Entlastung dadurch für sich selber verlangen..

    sorry, aber sowas hat für mich nichts mit Verständnis zu tun.

    Wenn dann sollte es auch ehrlich, uneigennützig und von ganzem Herzen kommen!

  • ?
    Lv 6
    vor 1 Jahrzehnt

    hast völlig recht. man kann nur um entschuldigen bitten, in der hoffnung das der andere einem verzeiht.

  • vor 1 Jahrzehnt

    Ich habe den Eindruck, dass die reflexive Verwendung von "entschuldigen" erst in den letzten Jahren aufgetreten ist und seitdem zunimmt. Mir persönlich gefällt das (altmodischere?) "verzeihen" besser.

    Grundsätzlich würde ich sagen, dass neben der Entschuldigung ohnehin mehrere Schritte notwenig sind:

    1. Zugeben, dass man einen Fehler gemacht hat

    2. Die entsprechenden Konsequenzen tragen

    3. ggf. Wiedergutmachung leisten

    (nicht zwangsläufig in der Reihenfolge). Dieses "Drumherum" wird gerne vernachlässigt. Wenn man alle diese Punkte erfüllt hat, hat man getan, was man konnte - und damit ist es tatsächlich die Angelegenheit des anderen, wie er damit umgeht. Ein Stück weit gehört es dann dazu, die Entscheidung des anderen zu respektieren und für sich selbst weitergehen zu können, auch wenn der andere zunächst nicht verzeihen kann. Sich aus schlechtem Gewissen erpressen zu lassen ist jedenfalls auch keine gute Idee.

    Was die Entschuldigung angeht, sind das meiner Meinung nach 2 Dinge:

    "um Entschuldigung/Verzeihung bitten" -> ist der an den anderen gerichtete Wunsch, von Schuld freigesprochen zu werden

    "sich selbst entschuldigen/verzeihen" -> zielt eher darauf ab, dass man sich selbst vergibt (Das ist auch wichtig, da man ja 24 Stunden am Tag mit sich selbst zusammen ist, wie schrecklich wäre es, wenn man die ganze Zeit wütend auf sich selbst wäre.)

  • Anonym
    vor 1 Jahrzehnt

    Vollkommen richtig wie du das siehst. Denn Schuld wird nur von dir selbst genommen, wenn andere denen du Leid zugefügt hast, dir vergeben, dass du dich so verhalten hast. Leider sehen nur wenige dass sie nichts damit ändern, wenn sie andere Menschen beschuldigen statt zu vergeben. Jemand beschuldigen ist sich selbst auf eine höhere Stufe stellen als den Schuldigen und somit Selbstbetrug wenn es nur oft genug gemacht wird. Jemandem vergeben können hat Größe und ist positiv für einen selbst. Nur bei einem Massenmörder wie dem roten Khmer wird das sehr sehr lange dauern wegen der großen Schuld die er auf sich geladen hat.

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