Ist es möglich, die Moralprinzipien der eigenen Kultur auf fremde Kulturen anzuwenden?

Einzelaspekte, also ganz bestimmte Sitten, Riten, Verhaltensweisen etc, die in fremden Kulturen vorkommen, dürfen wir schon als eher positiv oder eher negativ bewerten, aber:

die Negativbewertung von Einzelaspekten darf niemals zu einer Verurteilung der gesamten Kultur führen, denn KEINE Kultur ist als Gesamtpaket ausschließlich rückständig barbarisch oder fortschrittlich zivilisiert.

Und wie Georg Forster anlässlich seiner Tahitiexpeditionen mit Cook schon schrieb: Wenn man eine andere Kultur bewertet, darf man niemals vergessen, dass man das immer aus der Perspektive seiner eigenen Kultur tut und das Urteil über andere Kulturen somit mehr über unsere eigene Prägung aussagt als über die betrachtete Kultur - und das Werturteil somit niemals objektiv oder "wahr" ist.

Moralprinzipien der eigenen Kultur auf eine fremde Kultur anzuwenden ist also so, als würde man versuchen Software, die für ein ganz bestimmtes System konzipiert wurde, auf einem anderen System anzuwenden.

Andere Länder, andere Sitten!

Warum sollten wir uns als Moralapostel aufspielen und verlangen, dass andere Kulturen unsere Moralprinzipien teilen sollen.

Moralische Urteile entspringen ja nicht der Vernunft sondern kommen aus dem Gefühl und der Tradition der einzelnen Kulturen. Wäre es eine reine Vernunftsache, dann müssten wir das auch vernünftig erklären können, warum unsere Moralprinzipien die Richtigen sind.

Ja, wir mögen z.B. keine Kannibalen.

Nur sehr bedingt - sie reduzieren sich dann im Grunde auf die Top 5 des Menschlichen Verhaltens in der Gruppe.

Wieso dürfen, wer machen es doch täglich! Wir massen uns an, unsere eigenen Wert- und Moralvorstellungen als das höchstentwickelste zu betrachten und alles, was unsere Vorstellungen nicht entspricht zu verurteilen. Wir füllen uns weiterhin wie damals zur Kolonialzeit als der Nabel der Welt und der Rest sind wilde Barbaren.

Aber es gibt eins, was weltweit in jedem Staat und jeder Kultur gilt: Die UN-Menschenrechts-Charta. Aber alles andere sollten wir -die westliche Welt- respektieren. Wir sind nicht die höchstentwickelste Gesellschaft auf diesem Planeten.

So lange ist es auch nicht her, wo bei uns angebliche Hexen verbrannt wurden, wo Menschen, die andere Meinung, Ansicht, Geschlecht oder Religion waren verfolgt, gefoltert und ermordert wurden.

Wir massen uns an, über unhaltbare Zustände in gerade islamischen Ländern zu reden, sind aber blind für Guantanamo, Abu Grabui und anderen Foltergefängnisse der CIA usw. Wir lassen zu, dass Bush's Regierung jahrelang unsere eigenen Moralvorstellung missachtet und finden es absolut normal, ja sogar gerecht, werfen aber anderen dafür um so heftiger deren Verfehlungen vor.

In Kurzform: Menschenrechte gelten überall, aber über den Rest sollte jeder den anderen mehr Achtung und Respekt zeigen.

Natürlich ist das möglich, wir tun es ja täglich! Leider!

Auch ich und ich habe lange in moslemischen Ländern gelebt.

Allerdings verstehe ich die Moralprinzipien jetzt etwas besser, manche kann ich akzeptieren, manche nicht. Man lebt und lernt....

Sicher ist es möglich, aber ist es auch gerechtfertigt?

Es gibt eine gewisse Toleranzgrenze, die ist natürlich bei jedem anders, aber man sollte versuchen die Norm zu bewahren.

Demnach würde ich es persönlich als intolerant bezeichnen, wenn man Kulturgut wie Nahrung, verhaltensnorm und Gesetze abwertend betrachtet bzw. sich abwertend dazuäußertt.

Wenn jedoch die Menschenrechte in einigen Kulturen missbraucht werden empfinde ich es als äußerst angemessen ein negatives Urteil zu fällen.

dies sagte schon der olle Krünitz (Ausriss):

Die Moral lehrt uns die Pflichten, die wir gegen andere und gegen uns selbst zu beobachten haben, bestimmt die Forderungen, die andere an uns, die wir an andere machen können, und giebt die Regeln an, denen wir unser Verhalten anpassen sollen. Sie stellt die Grundsätze auf, nach denen die Menschen im Allgemeinen handeln sol<93, 749>len, wenn sie recht handeln wollen, nimmt aber dabey keine Hinsicht auf besondere Verhältnisse, auf verschiedene Lagen, sie zeigt nur, was an und für sich selbst recht oder unrecht ist, ohne die Umstände anzugeben, unter welchen es diesen Nahmen erhält oder verliehrt. Sie giebt unserm Karakter jene feste Stimmung, die ihm so unentbehrlich ist, wenn wir uns nicht in unsern Handlungen immer selbst widersprechen, wenn wir uns nicht bey unserm Verhalten von jedem Spiele des Zufalls leiten lassen wollen. Sie dient uns zum Maßstabe, und besonders die Absichten zu würdigen, die bey unsern Handlungen statt finden; sie giebt uns die Beweggründe an, die uns bestimmen können, nach gewissen Grundsätzen zu handeln, und zeigt uns den Einfluß, den die Befolgung derselben auf unsern und auf den Zustand anderer haben kann.

Diese Moral muß also zur Grundlage unsers Karakters dienen, sie muß die Regeln angeben, die wir im allgemeinen, und wenn keine be= sondern Umstände eintreten, befolgen sollen. Sie ist für jeden brauchbar, da sie, ohne auf nähere Bestimmungen Rücksicht zu nehmen, nur das lehrt, was wir als Menschen zu thun und zu lassen haben.

Recht und Unrecht an und für sich selbst ist unabänderlich, und kann durch keine Umstände, durch kein Hinzutreten äußerer Zufälle, durch keine besondern Lagen und Verhältnisse diese Eigenschaft verändern; aber diese verschiedenen Umstände, diese Zufälle, die Lagen und Verhältnisse machen es öfters schwer, Recht und Unrecht von einander zu unterscheiden, und die zuweilen so unmerklichen Grenzen derselben zu bestimmen, so daß dasjenige, was in einem Falle recht ist, in einem <93, 750> andern unrecht seyn kann, da die veränderte Lage der Dinge auch andere Bestimmungen des Rechts zur Folge hat.

http://www.kruenitz1.uni-trier.de/

Es bleibt einem zunächst nichts anderes übrig. Mit der wachsenden Einsicht in Zusammenhänge gibt sich das von selbst.

Tja, sowenig das vielen passen wird. Nur wenn sie mit Religion einhergehen. Da in jeder Religion es heisst:

Du sollst nicht toeten

Du sollst nicht stehlen

Du sollst nicht luegen etc.etc.

Ansonsten sind Moralvorstellungen natuerlich von der Kultur abgaengig.