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Wir wird/wurde das Thema Nationalsozialismus bei euch in der Schule behandelt?
Ich bin selber in Deutschland zur Schule gegangen (1987-2000), würde aber gerne auch von anderen hören, wie das Thema in der Schule behandelt wird/wurde, weil ich den Eindruck habe, dass es da große Unterschiede gibt. Wir hatten das Thema z.B. zum ersten Mal in der 6. Klasse, jetzt habe ich aber von mehreren Leuten gehört, dass es bei ihnen erst in der 9. Klasse drangekommen ist. Mich würde auch interessieren, wo bei euch die Schwerpunkte liegen/lagen, inwieweit das Thema in verschiedenen Fächern behandelt wird/wurde und wie so die Reaktionen der Schüler sind/waren. Über ausführliche Antworten würde ich mich besonders freuen.
5 Antworten
- lilli_jolineLv 4vor 1 JahrzehntBeste Antwort
Bei mir wurde das Thema auch zum ersten Mal in der 6. Klasse behandelt. Wir haben im Deutschunterricht das Buch "Damals war es Friedrich" von Hans P. Richter gelesen. Die Geschichte handelt von einem jüdischen Jungen namens Friedrich, der mit seiner Familie zur Zeit des aufkommenden Nationalsozialismus in Deutschland lebt. Das Leben von Friedrichs Familie verändert sich mit dem wachsenden Einfluss der NSDAP zunehmend. Friedrichs Vater verliert seinen Job, die Famile wird in ihrem Leben immer mehr eingeschränkt. Auch die Freundschaft zwischen Friedrich und einem deutschen Jungen scheint an der neuen Situation zu zerbrechen.
Wir haben das Buch sehr ausführlich behandelt und einen Ordner dazu angefertigt. Unsere Lehrerin hat uns immer an den nötigen Stellen Hintergrundinformationen in Form von Texten und Bildern gegeben (Rassengesetze, der Holocaust, die Deportation jüdischer Mitbürger...) gegeben, die wir in diesem Ordner gesammelt haben. Der Schwerpunkt lag aber weniger auf den pollitischen Daten, sondern viel mehr auf dem Leben der Menschen, besonders dem der jüdischen Bevölkerung.
In Geschichte haben wir das Thema natürlich auch durchgenommen, ich glaube das war in der 9. Klasse und später noch einmal in der 12. Klasse. Da war die Herangehensweise natürlich nicht so emotional wie im Deutschunterricht, sondern eher sachlich mit vielen Daten und Fakten.
In Reliogion haben wir auch drüber gesprochen (9. Klasse würde ich meinen, aber ich bin nicht mehr ganz sicher) und unter anderem den Film "Die Welle" gesehen, um eine Erklärung für die Begeisterung der Masse am Nationalsozialismus zu finden. In Religion haben wir das Thema aus ethischer Sicht behandelt, die Grausamkeit und die menschenverachtenden Taten der Nazis standen im Vordergrund. Im Nachhinein war das vielleicht für uns Schüler der schwerste Umgang, weil man das Thema so nah an sich heranlassen musste.
In Französisch haben wir das Thema dann in der 10. und 11. Klasse aus französischer Sicht durchgenommen und auch zwei Bücher gelesen, in denen das Thema auf zwei unterschiedliche Arten angesprochen wurde. Das erste hieß "Sac de billes" und handelt von zwei Brüdern, die vor den Nazis fliehen mussten und so von ihren Eltern getrennt wurden. Das zweite hieß "La vie devant soi". Eine Hauptfigur Mme Rosa (oder so ähnlich) ist Jüdin und war in ihrer Jugend auch in Auschwitz. Das wird zwar nur nebenbei im Roman erwähnt, aber die Folgen, die sich aus diesen Erlebnissen ergaben, waren im ganzen Roman deutlich sichtbar (Panikattacken, etc).
- vor 1 Jahrzehnt
Hi Eilika,
hier ist die Darya, weißt du noch?
Also du hast Recht, bei uns wurde es erst in der 9. Klasse dran genommen, aber unsere Lehrerin hat sich sehr bemüht, uns das nahe zu bringen, sodass wir verstehen, was wirklich los war und wie schlecht es den Menschen damals ging...
Zuerst haben wir das Theoretische gemacht; Merkstoffe usw....
Danach hatten wir die Chance alles nochmal in Präsentationen zu machen und auch mit Bildern und so, wir hatten dann das Thema "Konzentrationslagern und Judenvernichtung" Also sozusagen das alle Schlimmste und ich glaube ich habe sehr viel fürs Leben daraus gelernt.
Später als unsere Lehrerin mal eine Woche nicht da war, haben wir uns auch noch den Film "Der Untergang" an geguckt.
Nun leider musste ich miterleben, wie es vielen überhaupt nicht interessiert, denen ist egal was mit den vielen Menschen passiert ist, denen ist egal, dass auch Kinder dabei waren. Einer hat mir gesagt: "Was willst du denn von der Vergangenheit, wir leben ja in der Gegenwart, ist mir doch s****** egal, was passiert ist, bevor ich zur Welt kam!"
Ich denke unsere Lehrerin hat es versucht, aber was kann man denn tun, wenn es manchen egal ist, man kann ja niemanden zwingen zu fühlen!
liebe Grüße und schreib mir mal
Darya
- SchwarzeKatzLv 6vor 1 Jahrzehnt
Meine Erinnerungen daran sind nicht allzu detailliert, was aber auch daran liegt, daß ich zu der Zeit viel gefehlt habe.
-Soweit ich mich erinnern kann, wurde der Nationalsozialismus im Geschichtsunterricht sehr sachlich behandelt; ich kann Dir nicht genau sagen, in welcher Stufe, aber ich meine, es war die 8. Detaillierte, menschennähere Berichte haben wir von unserem Religionslehrer erhalten, der uns viel vom Stauffenberg-Attentat und Einzelberichten aus KZs erzählte. Dies sind ja auch die Sachen, die einem besonders nahegehen, was damals passiert ist, weiß im Groben ja jeder, aber wenn man Einzelschicksale betrachtet und auch nur ansatzweise versucht, sich hineinzuversetzen, bleibt ein Gefühl der Fassungslosigkeit.
Die Reaktionen waren enttäuschenderweise fast so wie in jedem anderen Unterricht: Die guten Schüler zeigten sich engagiert, gebührend betroffen und interessiert, und die Schlechten machten weiter Faxen. Es gab ein oder zwei, die überraschenderweise mehr aus sich herausgegangen sind und sich am Unterricht beteiligt haben. Die breite Masse hat ernst geschwiegen.
Fast alles, was ich von dem Thema mitbekommen habe, kam von Zuhause. Mein Vater war ein älteres Semester und als ganz junger Mann im Krieg. Er konnte das nie ganz verwinden und hat nahezu jede Dokumentation, die im Fernsehen lief, eingeschaltet.
Als Kind ging mir das furchtbar auf die Nerven, aber wenn ich doch davor hängengeblieben bin und mich mit der Materie auseinandergesetzt habe, bin ich zwangsläufig vor dem Fernseher sitzengeblieben. Auch hier waren es vor Allem die Schicksale der Menschen, die mich gefesselt haben. So war es dann auch in der Schule: Natürlich Beteiligung und Interesse bei dem sachlichen Teil, aber flammender Eifer und Tränen bei dem menschlichen Teil. Es gab ein paar Schüler, die so betroffen waren, daß sie ihre Tränen nicht ganz unterdrücken konnten, aber das war eher die Ausnahme. Die Reaktionen der anderen Schüler darauf waren weitgehend tiefer Ernst, aber natürlich gab es wie immer ein oder zwei, die scheinbar alles witzig finden. Die haben aber auch schnell geschwiegen, wenn ihnen ein paar passende Takte dazu gesagt wurden.
Ich finde bei so etwas immer wichtig, daß bei aller Sachlichkeit auch auf den Menschen eingegangen wird. Schließlich sind es letztendlich die Menschen, von denen die Geschichte erzählt.
Eine amerikanische Jugendliche fragte mich kürzlich, ob und wie dieses Thema in der Schule behandelt wird; sie war davon ausgegangen, daß dieses Kapitel, da so unangenehm für die deutsche Geschichte, von der Regierung und somit den Schulen totgeschwiegen wird. Sie zog vage Vergleiche zu ihrer eigenen Regierung und China. Ich finde es erschreckend, daß immer noch so viel Unwissenheit herrscht, sowohl, was die Thematik an sich als auch den Umgang Deutschlands damit angeht.
(Die von mir besuchte Schule war ein Gymnasium.)
EDIT: Und, ganz wichtig: Wenn man menschenbezogeneren Unterricht abhält, weckt man auch eher das Interesse der Schüler. Ansonsten bleibt es dröger Geschichtsunterricht.
- vor 1 Jahrzehnt
Ich habe gehört, dieses Thema wird so behandelt, wie es die alliierten Besatzungsmächte mal nach dem Kriegsende gewünscht haben. Es soll eine Anordnung zur geistigen Umerziehung des deutschen Volkes. Weiß jemand Näheres darüber?
Habe jetzt bei Wikipedia folgenden Text gefunden, ob das stimmt, weiß ich nicht:
Die von den Alliierten geplante und durchgeführte Umerziehung im gesamten Nachkriegs-Deutschland ist das bekannteste Beispiel für Umerziehung. Dieser Vorgang ist auch als Re-Education (auch Reeducation) bekannt, obwohl dies zunächst nur die US-amerikanische Bezeichnung war. In den anderen Besatzungszonen wurden auch andere Begriffe verwendet: „Reconstruction” bei den Briten, „mission civilisatrice” bei den Franzosen und „antifaschistisch-demokratische Umgestaltung” in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ). Allen erfolgten Umerziehungen gemeinsam war die abgesprochene Grundkonzeption in der jeweiligen Einflußzone aller vier Siegermächte.
Zu unterscheiden sind bei der Umerziehung kurzfristige Maßnahmen, die sich v.a. an die erwachsene Bevölkerung richteten, und langfristige Maßnahmen, welche durch eine besondere Bildungspolitik die Umerziehung der jüngeren Generation sowie der Nachfolgegenerationen sicherstellen sollten.
Unmittelbar nach dem Krieg versuchten die Westalliierten, besonders die Briten und Amerikaner, durch Darstellung aus ihrer Sicht über die Geschehnisse unter der Herrschaft der Nationalsozialisten und durch andere Formen, die später Politische Bildung genannt wurden, ein Fortleben der nationalsozialistischen Ideologien zu verhindern. Diese Umerziehung nutzte speziell Massen-Filmvorführungen, Hörfunksendungen, Artikel in Zeitschriften und Informationsveranstaltungen, bei denen teilweise Anwesenheitspflicht herrschte oder die Teilnahme mit Privilegien (z.B. größere Essensrationen, anderswo gab es Freigabe von Lebensmittelkarten nur für Teilnehmer) verbunden war.
Eines der bekanntesten Beispiele für diese Maßnahmen ist die zwangsweise Besichtigung der Leichenberge im nahen Konzentrationslager Buchenwald durch die Einwohner der Stadt Weimar auf Befehl der US-Armeeführung. Ab 1946 wurde der Schwerpunkt von der Abschreckung durch Aufklärung über NS-Verbrechen auf die Vermittlung positiver Inhalte verschoben(Reorientation). Dabei ging es um den Umbau der westalliierten Besatzungszonen in einen demokratischen deutschen Staat.
Für die langfristige Umerziehung wurden Maßnahmen vor allem in den Bereichen Kultur, Medien und Bildung unternommen. Dazu sind für spätere einflußreiche Stellen (Schlüsselpositionen) vorgesehene Nachwuchs-Intellektuelle insbesondere in den USA durch Stipendien und Studienaufenthalte gezielt parteienübergreifend geschult und vorbereitet worden. Die durch den beginnenden Kalten Krieg bedingte „Realpolitik” bewirkte vor allem in den westlichen Zonen, dass viele der Maßnahmen frühzeitig abgeschwächt oder eingestellt wurden. Dennoch wirkten sie in manchen Bereichen auch weit über die Gründung der Bundesrepublik hinaus.
Quelle(n): http://de.wikipedia.org/wiki/Umerziehung - Wie finden Sie die Antworten? Melden Sie sich an, um über die Antwort abzustimmen.
- Anonymvor 1 Jahrzehnt
Das Thema ist zwar wichtig. Doch mussten wir uns ein "ganzes" Jahr in jeder Geschichtsstunde damit beschäftigen.
Es kam uns als Jugendliche schon zu den Ohren raus. Aber es wurde bis zum Erbrechen weiter gemacht.
Heute sehe ich das anders. Allerdings gab es damals auch nicht so differenzierte Berichterstattund.
Beschäftige mich heute auch noch damit, aber bekomme ein ganz anderes Bild, als damalieges eintrichtern. Oder meine Denkweise hat sich geändert.
Wie dem auch sei.