Die Verbraucher wollen es ja immer billig, billig haben. Stimmt das so?
Wenn ich das Thema anspreche, dass Firmen unter menschenunwürdigen Bedingungen Kleidung herstellen, dann höre ich immer, das der Verbraucher ja immer billig, billig haben willen.
Ich kaufe natürlich auch lieber eine Jeans für 50,- anstatt für 150,-. Aber kann man deshalb sagen, dass ich schuld bin, dass Firmen ihre Jeans in Indien und sonstwo unter menschenunwürdigen Bedingungen herstellen?
Wenn man eine Jeans nicht billiger herstellen könnte, ohne dass ein Missbrauch stattfindet, würde das doch jeder verstehen oder nicht?
Wieso hält sich die Meinung, dass der Verbraucher indirekt schuld ist, dass Firmen Missbrauch betreiben. Das hört sich ja so an, als wenn Firmen dem Kundenwunsch ausgeliefert sind. Das kann ich mir gar nicht vorstellen.
Quasimodos Klon2013-03-20T09:57:04Z
Beste Antwort
Erstens ist es schwierig geworden, überhaupt noch qualitativ hochwertige Produkte zu finden, die Wirtschaft drückt dem Verbraucher förmlich auf, was er zu konsumieren hat. ESL-Milch - einfache Frischmilch in Supermärkten kaum mehr zu finden; natürliche Lebensmittel mehr und mehr verdrängt, teilweise durch verbote altem Saatguts und Früchten als Lebensmittel (einige Tomatensorten dürfen noch als Ziertomatenstaude in Blumenläden verkauft werden), Bauern wird genmanipuliertes Saatgut aufgedrückt, das keine keimfähigen Früchte bildet; Supermärkte voll von Chemiecocktails statt echten Lebensmitteln; Technik unterliegt geplanter Obsoleszenz, soll nach 2-3 Jahren kaputt gehen, die klassische Grühbirne vom Kartell überwacht durfte nur 1000 Betriebsstunden halten, auch bei neuen Leuchtmitteln sind sich die Hersteller einig, wie lange die max. halten dürfen.
Zweitens hat der Verbraucher politisch geplant keine Kaufkraft mehr, für nichts anderes waren die Hartz IV Reformen da. Der Arbeiter soll zum Billiglöhner gezwungen werden, damit die Preise deutscher Produktion am Weltmarkt konkurrenzfähig bleiben und Deurschland seinen Status als Exportland nicht verliert. Der Verbraucher kann aber nicht mehr Geld ausgeben, als er hat, also ist er gezwungen, zu billigen Produkten zu greifen.
Ich seh das so: Ohne meine Jeans hätten die Inder gar keine Arbeit. Ich bin sicher, dass sie das noch viel weniger toll fänden. Und es hilft ja sowieso nichts. Diesen steinigen Weg muss jedes einzelne Land gehen, wenn es mehr Wohlstand will.
Das ist fast überall so, ja! wir machen u.a. bundesweit Schulkleidung. Einige Lehrer lassen anfangs gerne die Öko- und Fairtradefahne raushängen, aber wenn wir dann den Mehrpreis (nur ein paar €) und die Farbeinschränkungen mitteilen, hat sich das sofort erledigt! Und am schlimmsten auf Preisdrücker sind konfessionelle und Waldorfschulen. wir verkaufen in Onlineportalen und es ist kein Zufall, dass Amazon alles nur auf billig trimmt und das ganze System darauf aus ist, den Preis zu drücken. Da werden Fruit of the Loom Shirts für 1,70 € verkauft! Die Produktion ist aus Marokko und es ist doch logisch, dass nicht nur die Leute dort, sondern auch hier davon nicht gut bezahlt werden können. Wir werden erst dann die Exzesse eindämmen, wenn wir die eigene Verantwortung dafür überhaupt mal annehmen. Aber in D. ist ja immer jemand anders schuld! Wie hier an dummen Sätzen, dass Verbraucher hier dazu gezwungen werden, billig zu kaufen, ersichtlich ist.
Sieh es mal so. Wenn du eine Hose für 150 Euro kaufst, hast du auch keine Sicherheit, dass diese nicht unter den gleichen Bedingungen hergestellt wird, wie die billigere Variante, und nur die Marge des Unternehmens höher ist. Von der Tatsache des höheren Wertes kann nicht auf menschenwürdigere Herstellung geschlossen werden - allerdings besteht die Möglichkeit, was bei der günstigeren Hose nahezu ausgeschlossen ist.
Der Verbraucher ist letztlich neben den gesetzlichen Schranken die einzige Institution, die Einfluss auf die Unternehmen haben. Dafür müssen sie aber mehr Informationen bekommen um ihre Marktmacht auch ausüben zu können. Hier ist wiederum die Presse und der Gesetzgeber gefordert.
Ich denke schon, dass die Konsumenten erheblich auf die Unternehmer einwirken können.