Was meint ihr zu dieser Aussage von John Locke (s.D.) ?

Das Lesen versieht den Geist
nur mit dem Material für das Wissen:

Erst das Denken macht das Gelesene zu unserem Eigentum.
Es genügt nicht,
dass wir uns mit einer großen Ladung von Sammelgütern anfüllen; wenn wir diese nicht durchdenken,
werden sie uns keine Kraft und Nahrung geben.

(John Locke, englischer Philosoph und Politiker, 1632 - 1704)

Schleier des Nichtwissens2011-08-11T14:18:37Z

Beste Antwort

Interessant an dieser Frage finde ich, dass sie heute aktueller denn je ist:

Im Internet steht uns mit wenigen Klicks eine Fülle von (vermutlichem) Wissen zur Verfügung.
Von physikalischen über geologische, biochemische oder medizinische bis hin zu soziologischen oder politikwissenschaftlichen Studien und Theorien können wir Einblick in ein schon quantitativ unüberschaubares Feld nehmen.
In einem (zumindest in der sog Internet-Community) viel beachteten Beitrag auf der re:publica hat Gunter Dueck verkürzt gesagt, dass das eigentliche Wissen heute ein Datensatz ist. Die Frage sei, mit welchen Mitteln wir darauf zugreifen. Heute komme es nicht mehr darauf an, die einzelnen Dinge zu wissen oder zu lernen, sondern darauf, dass man das abrufbare Wissen verwendet.

Naja. Zu wissen, wo etwas steht, heißt noch lange nicht, dass ich es auch kann. Im Internet kursieren ausreichend Informationen über Chirurgie. Dessen Betrachtung macht mich aber nicht zum Chirurgen. Einfacher: Alleiniges Lesen übers Autofahren macht mich nicht zu einem fähigen Autofahrer.

Und so müssen wir uns auch überlegen, wie wir mit der riesigen Menge verfügbaren Wissens umgehen.
Ich stimme Locke zu, dass das Gelesene nur dann unser Eigentum werden kann, wenn wir es auch durchdenken.
Ich bezweifle aber, dass das allein ausreicht. Das würde vielleicht Kant behaupten, der der individuellen Reflexionsfähigkeit viel zutraut.

Konstruktives Denken fällt nicht vom Himmel. Die allermeisten Menschen sind auf Schulbildung, auf Meinungsaustausch angewiesen. Einige von uns werden auch bejahen, dass die gut durchdachte Beurteilung einer gewissen geistigen Reife und/oder Lebenserfahrung bedarf.

Also: Klar, Lesen allein reicht nicht, Denken ist gefragt. Wer würde da nicht mit Locke übereinstimmen. Aber: Ich denke nicht, dass Robinson Crusoe, hätte er eine Bibliothek zur Verfügung gehabt, verallgemeinerbare Erkenntnisse zu wesentlichen Teilen unseres vermeintlichen Wissens entwickelt haben würde. Entsprechend sollten wir m. E. auch gerade in internetbasierten Zeiten, in denen für fast jede Theorie eine wohlwollende Statistik im www zu finden ist, genauer fragen, wie man zu Erkenntnissen, Ansichten und fundierten Urteilen gelangt.

nerone2011-08-08T05:55:57Z

Sehr klug und absolut zutreffend

lucertola 22011-08-06T13:07:24Z

Natürlich hat John Locke Recht.
Ein Beweis dafür, ob man ein Buch auch gut durchdacht und sich zu eigen gemacht hat, ist die Tatsache, ob man sich nach Jahren noch daran erinnern kann.

reGnau2011-08-06T10:37:04Z

Das ist völlig richtig. Bei manchen Dingen ist es beispielsweise absolut unverständlich, wie etwas funktioniert, wenn man den Haken an der Geschichte gar nicht bedacht hat. Und genau so ist das, was John Locke sagt: Man kann viel Wissen, aber bloss, wenn das Wissen eine Verbindung zum restlichen Wissen hat, ist es endgültig durchdacht.

Lannus2011-08-06T09:12:07Z

Ein Grundstein bleibt eben nur ein Grundstein, das dazu passende Gebäude muss ich dann mit meinem Wissen selbst erbauen.
Was gleichbedeutend ist mit gepaarten eigenen durchdachten Umsetzungsmöglichkeiten, den dazugehörigen praktischen Erfahrungen und der Erfüllung der erreichbaren Zielsetzung.

Einfach ausgedrückt - learn by doing! Oder - probieren ist besser als nur studieren!
Theorie mit der Praxis in Verbindung bringen und daraus Resultate erkennen lernen.

John Locke hatte schon damals einen guten Erkenntnisstand in seiner Denkweise!

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