Musiker
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Diese Gegenüberstellung muß man ein ganzes Stück weit relativieren. Auch im Alten Testament ist schon mit eindrücklichen und bewegenden Worten von der Barmherzigkeit Gottes die Rede. Dabei muß man berücksichtigen, daß das Gottesbild des AT keineswegs einheitlich ist. Die Schriften des AT sind in einem Zeitraum von über 700 Jahren verfaßt worden, mündliche Überlieferungen gehen in noch weitaus ältere Zeiten zurück. Die Passagen des AT, in denen Gott sich durch das massenhafte Niedermetzeln seiner Feinde "verherrlicht" oder die Sünden der Väter an Kindern und Kindeskindern bis ins dritte und vierte Glied "heimsucht," sind größenteils älteren Schichten des AT zuzurechnen. In ganz alten Schichten des AT, bevor der Gottesname "Jahwe" aufkam, war vom "Gott der Väter" die Rede, einem Nomadengott, der mit den Seinen mitzog und mit dem diese quasi "auf Du und Du" standen.
Im Neuen Testament hat Jesus mit dem, was er über die Barmherzigkeit Gottes gesagt hat, an alttestamentliche Aussagen angeknüpft, hat diese aber zugleich in einem Maße und in einer Weise, die vielen seiner jüdischen Zeitgenossen einfach ungeheuerlich erschien, radikalisiert und ist weit über das AT hinausgegangen. Er war, was Deine Frage betrifft, die entscheidende Schlüsselfigur.
Ungeheuerlich erschien die Radikalität, mit der Jesus von der Barmherzigkeit Gottes sprach, auch großen Teilen der entstehenden christlichen Kirche. Man predigte mit der Zeit wieder eine mehr oder weniger strenge Moral und suchte moralischer Laxheit und religiöser Lauheit zum Teil auch mit verstärkten Drohungen mit dem Jüngsten Gericht zu begegnen. Die meisten Gerichtsdrohungen Jesu in den Evangelien (z.B. das immer wiederkehrende "da wird sein Heulen und Zähneklappern" im Matthäus-Evangelium) stammen nicht von Jesus selbst, sondern sind ihm von der frühen Kirche in den Mund gelegt worden.
Die schematische Gegenüberstellung von alttestamentlichem Rachegott und neutestamentlichem Gott der Liebe hat in der christlichen Kirche übrigens eine lange Tradition. In ihr schwingt eine starke Abwertung jüdischer Frömmigkeit mit. Sie vergißt, wie brutal die christlichen Kirchen ihrerseits über Jahrhunderte hin die Menschen durch Drohungen mit dem Jüngsten Gericht Gottes in Angst und Schrecken versetzt (und gefügig gemacht) haben, und sie unterstellt zugleich fälschlicherweise, daß jüdisches Denken und jüdische Frömmigkeit während der zwei Jahrtausende Christentumsgeschichte erstarrt seien und sich gar nicht mehr weiterentwickelt hätten.
webheiner
Das AT ist ja weitgehend Geschichtsschreibung. Das NT ist in der Bibel noch neu und unbefleckt. In der Geschichte wird die Geschichte des Christentums noch sehr viel grausamer ausfallen als die des AT...und natürlich wird alles auf Gott geschoben, der muss dann wieder alles ausbaden.
Das AT ist ja auch nicht ausnahmslos grausam, Gott hat dort ja durchaus auch seine guten Seiten, leider nur, wenn es um seine Leute geht.
Ralf E <><
Ich möchte dir raten mal das Alte Testament wirklich zu lesen: es ist VOLL davon dass Gott gütig und gnädig ist. Er ist aber eben AUCH der richtende Gott. DAS wiederum findest du auch im NT. Nur ist im Moment eben Gnadenzeit, die "Abrechnung" kommt zum Schluss.
Anonym
Er hatte ein schlechtes Image und auch nur regional Erfolg; da musste er halt irgendwas tun, um mehr Marktanteile zu ergattern. Psychopathen können problemlos jede Gemütsverfassung vorspiegeln, sogar Güte.
Anonym
Tja... irgendwann in grauer Vorzeit wurde der Splatter-Horror des AT wohl zum Ladenhüter... und die Produzenten mussten mal eben eine neue Geschichte erfinden... mehr im Kuschelstil von Schneewittchen.