Kann man sich überhaupt (selbst) entschuldigen, oder sollte man eher um Entschuldigung bitten?

Ich gebe zu, die Frage klingt im ersten Moment wie Haarspalterei und viele werden möglicherweise nicht einmal einen Unterschied darin erkennen können. Aber wie so oft handelt es sich hier um eine zu hinterfragende Überlegung, verbunden mit der Einladung, ihr eigene Überlegungen zuzufügen - oder entgegenzusetzen.

Heute morgen hörte ich im Radio, das zum ersten Mal ein Führungsmitglied der Roten Khmer in Kambodscha zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Im Laufe des Prozesses entschuldigte er sich bei den Überlebenden und bei den Hinterbliebenen der Opfer, was mich zu der Frage brachte: Kann er das überhaupt? Wäre es nicht wesentlich angemessener, er würde um Entschuldigung bitten und einigermaßen demütig darauf warten, ob ihm diese gewährt würde? Abgesehen natürlich von der Schwere der Schuld, keine Frage.
Aber ist es nicht so, dass, wenn ich mich entschuldige, die Sache für mich erledigt ist, gleichgültig, ob der Andere die Entschuldigung annimmt oder nicht? Das wäre dann schon wieder sein Problem. Anders die Bitte um Entschuldigung, bei der mich im Grunde nur mein Gegenüber ent-schuldigen kann, ich ihm möglichweise zur Wiedergutmachung ein Stück Macht über mich verleihe.
Was denkt ihr?

2010-07-26T04:33:51Z

@die ersten beiden Antworter: DAS war eigentlich überhaupt nicht die Frage.

2010-07-26T04:50:43Z

@kai_omen, das heißt, die Annerkennung dessen, dass du einen Fehler gemacht hast und die Bitte um Entschuldigung hältst du für mitleidheischende Heuchelei? Ist das nicht ein etwas selbstsüchtiger Standpunkt, da er ausschließlich in den Mittelpunkt stellt, was du für richtig hältst ohne jede Bereitschaft zur Empathie? Oder haben wir uns völlig missverstanden? Kann eine Entschuldigung nicht auch von Größe zeugen?

2010-07-28T03:04:41Z

@kai_omen, die überflüssigen DR bedaure ich, lese aber auch aus deinem verlängerten Nachtrag nur ein Wort in verschiedenen Variationen heraus: „ich”.

Vincent Hunter2010-07-26T04:48:15Z

Beste Antwort

Ich verstehe die Frage sehr gut, in der Hinsicht bin ich wohl auch etwas haarspalterisch. Nein, eigentlich kann man sich nicht entschuldigen, zumindest ist das reichlich unverschämt, denn dann drückt man ja aus, dass man sich selbst entschuldigt. Korrekt ist es, um Entschuldigung oder Verzeihung zu bitten, schließlich ist mit diesen (oft floskelhaft verwendeten) Worten ja nicht automatisch die Schuld von einem genommen! Es ist eine sprachliche Ungenauigkeit, die sich allerdings so eingebürgert hat, dass viele gar nicht mehr überlegen, dass zwischen "ich entschuldige mich" und "ich bitte um Entschuldigung" im Grunde genommen ein himmelweiter Unterschied ist.

Viel schlimmer finde ich aber noch, dass selbst das einfache "Entschuldigung" aus dem Sprachgebrauch verschwindet. Insbesonde Deutsche Bahn und co. bitten nicht mehr um Entschuldigung, sondern um "Verständnis". Da verpasst man dank stundenlanger Zugverspätung seinen Flug, und dann soll man der Bahn nicht nur großmütig verzeihen, sondern auch noch Verständnis für sie aufbringen! Reichlich unverschämt. Oder, der Gipfel der Dreistigkeit in Sachen Selbstentschuldigung: "Danke für ihr Verständnis."
Aber ich habe doch gar kein Verständnis!, möchte man da protestieren, doch der Lautsprecher hört ja sowieso nicht zu.
Natürlich ist das Wortklauberei, aber manchmal ist es doch gar nicht so falsch, gewohnte Floskeln auch einmal zu hinterfragen. :)

whyskyhigh2010-07-27T04:37:26Z

richtig ist
den schaden wieder gut machen

?2010-07-26T23:33:02Z

Wenn ich mich bei jemandem entschuldige, dann nur weil es mir leid tut und das sage ich dann auch so...natürlich in der Hoffnung das diese angenommen wird und damit dann das Thema gegessen ist, aber selbst wenn nicht, dann akzeptiere ich das und kann doch nicht noch direkt auf eine Annahme bestehen!
Das sind die schlimmsten Leute die so drauf sind finde ich.. erst Schei*e bauen, dann kurz entschuldigen und wenns nicht sofort klappt wieder Theater machen? Ne ne...
Ich sage jemandem daß es mir leid tut weil das auch wirklich der Fall ist, ich verstehen kann, daß ich denjenigen mit meiner Aktion verletzt hab zB oder einfach eingesehen hab wie shitte ich mich verhalten hab und nicht um nur mein Gewissen zu erleichtern oder nur um alles wieder in den Zustand wie vorher zu bekommen!
Niemand muß eine Entschuldigung sofort oder überhaupt annehmen und ich denke das kommt auch immer noch auf die Art an wie man sie demjenigen anbietet oder in welchem Moment.
Ich möchte manchmal auch nicht sofort eine Entschuldigung annehmen - wozu auch wenn ichs noch garnicht so empfinden kann oder auch nicht spüre, daß es demjenigen wirklich leid tut. Und selbst wenn heißt es doch nicht gleich auch, daß bei mir wieder direkt alles ok wär.
Das kommt immer auf die Situation an..
Generell würde ich auch sagen, daß das 2 grundverschiedene Dinge sind, die jedenfalls niemals eine indirekte Aufforderung enthalten sollten und außerdem noch jedes Mal durch verschiedene Gefühle,Verhaltensweisen oder eben die "Aktion" ansich zu etwas Einzigartigem werden..
weswegen man sowas jedenfalls auch nie einfach nur so dahin sagen sollte!
Erst recht nicht aus egoistischen Gründen!
Wer gar nicht versteht worum es dem anderen geht, der brauch doch dann auch erst gar nicht um eine Entschuldigung zu bitten!
Da sind mir persönlich dann doch so Leute wie Kai_Omen zB noch lieber die sich erst gar nicht entschuldigen, als solche wie Regnau die sofort eine Entlastung dadurch für sich selber verlangen..
sorry, aber sowas hat für mich nichts mit Verständnis zu tun.
Wenn dann sollte es auch ehrlich, uneigennützig und von ganzem Herzen kommen!

Jocolibri2010-07-26T14:33:41Z

Da es Schuld in einem System, das uaf Ursache, Wirkung und Folge aufgebaut ist real gar nicht gibt, entfällt auch das Entschuldigen, genau so wie das Beschuldigen.
Das bedeutet natürlich nicht, das man einen Lügner nicht Lügner nennen darf, denn damit würde man Tatsachen leugnen und die eigene Sicht entwerten.
Der Lügner hat seine Gründe.
Diese zu finden, offenzulegen und ihm helfen sich aus seiner Zwangslage zu befreien, die ihn zum Lügen zwingt ist hier das Ziel.
Lehnt das der Lügner ab und möchte zu seinem kurzfristigen Nutzen weiter das Lügen praktizieren, weil ihm eingeredet wurde, das dies so besser sei, liegt wahrscheinlich eine traumatische Dressur in Konformität vor, welche weitergehende Hilfen nötig macht.
Keinesfalls hilft es sich vom Lügner abzuwenden, schweigend die Lügengeschichten über sich ergehen zu lassen oder ihn vollkommen zu verurteilen.
Das er für sein Verhalten Gründe hat ist klar, diese zu ändern steht an.
LG Jo

Sandra A2010-07-26T13:23:12Z

Im gewöhnlichen Sprachgebrauch dieser Phrase wurde ich sagen, lieber paradox, ich kann um Vergebung bitten, aber ich kann nicht um Entschuldigung bitten.
Denn Entschuldigen ist etwas, was man aktiv tun muss, ich gebe zu, ich habe etwas falsch gemacht, und ich bitte mit meiner Entschuldigung um Vergebung.

Wenn ich das Wort auseinander nehmen würde, bedeutet es für mich, ich nehme die Schuld von mir.
DAs geht ja gar nicht, wenn man jemanden umbringt, dann trägt man diese Schuld ein LEben lang mit sich. Entschuldigen würde in dem SInne bedeuten, man gibt die Schuld von sich und lebt wieder frei! Das kann ich selber nicht bewirken, darum kann ich auch keinen bitten, denn selbst die Hinterbliebenen können einem die Schuld nicht abnehmen.
Die bleibt haften.
Aber vergeben kann man.

Deswegen heisst es meines Erachtens richtig, ich entschuldige mich, iSv ich nehme die Last der SChuld, nicht die Schuld von mir, indem ich sie eingestehe und ich bitte um Vergebung/VErzeihung, weil das etwas ist, was ich von anderen erfahren muss.

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