Was wäre, wenn ein Papst freiwillig von seinem Amt zurücktreten würde?
Ich habe absichtlich "ein" und nicht "der" Papst gesagt, weil diese Frage nichts mit der derzeitigen Diskussion über die Missbrauchsfälle zu tun hat. Der Papst wird von den Kardinälen als Stellvertreter Gottes auf Lebzeit gewählt. Und damit sie auch den Richtigen wählen werden sie - so sagt die kath. Kirche - vom Heiligen Geist geleitet. (Dass die Wahl ein Politikum ist, soll hier nicht zur Debatte stehen). Wenn nun der Papst zurücktritt, kann er ja sicher nicht einfach in ein "normales" Leben zurückgehen, er wurde ja schliesslich von vom Heiligen Geist inspirierten Männern zum Stellvertreter auf Lebenszeit gewählt. Trotzdem braucht die Kirche wieder einen amtierenden Papst, die Kardinäle müssen also wieder wählen. Und nach der Wahl gibt es dann ja eigentlich "Zwei" Päpste gleichzeitig, deren Wahl vom Hl. Geist geleitet wurde. (Gut: Im Mittelalter gab es sogar mal 3 gleichzeitig, aber das ist ein ganz anderes Thema). Wie würde dieses Problem heute gelöst?
erhardgr2010-03-14T15:06:51Z
Beste Antwort
Das dürfte nach dem kanonischen Recht der römischen Kirche nicht einfach zu beantworten sein. (Juristerei, auch die des kirchlichen Rechtswesens) ist keine exakte Naturwissenschaft. 1. Möglichkeit: das Kardinalskollegium stellt fest, dass der (bisherige) Papst entweder a) glaubensmäßig oder b) mental oder psychisch nicht mehr in der Lage ist, sein Amt auszufüllen (ebenso wie bei schwerer körperlicher Krankheit) und wählt neu. 2. Möglichkeit: der Papst wird zum Irrlehrer oder Häretiker erklärt (durch Kardinalskollegium oder ein Konzil oder eine römische Diözesansynode). 3. Möglichkeit: der Papst wird praktisch gezwungen, seinen Rücktritt zurückzunehmen und weiterzumachen. 4. Der Papst wird protestantisch - kaum auszudenken!
Diese Frage wurde beim letzten Papst häufig diskutiert. Nach dem Krichenrechtsbuch (CIC) von 1983 kann jeder Bischof mit 75 oder vorher, wenn ein gewichtiger Grund vorliegt (z.B. Krankheit) in den Ruhestand treten. Dann ist er ein Emeritus und hilft vielleicht noch seinem Nachfolger oder führt ein ruhiges Leben als Rentner.
Über den Papst steht im CIC nichts anderes ausdrücklich drin. Deshalb kann der Bischof von Rom auch zurück treten und ein neues Konklave müsste einen Nachfolger wählen.
Im Mittelalter mit seinen Wirren gab es das sogar, dass ein legitimer Papst zurück trat, ein Nachfolger legitimiert wurde, er aber dann wieder als Gegenpapst auftrat. Deshalb wurde im CIC von 1917 die Reglung getroffen, dass Päpste im Amt sterben. 1983 fehlt diese Reglung.
Noch gibt es also keinen Präzedenzfall und somit man abwarten, wie Kurie damit umgehen würde.
Unter Kirchenexperten herrscht Einigkeit, dass im Falle eines Rücktritts sich der Papst sofort und vollständig aus allen Ämtern und aus dem öffentlichen Leben der Kirche zurückziehen müsste. Nur so könne gewährt werden, dass der Zurückgetretene nicht die Wahl seines Nachfolgers beeinflusst. „Ein Rücktritt ist eigentlich nur denkbar, wenn der Papst sich etwa in ein Kloster zurückzieht“, meint ein Insider.