warum sollen minarette verboten werden können, wenn christliche kirchtürme erlaubt sind?
das schweizer volk stimmt am 29. november 09 über die minarett-initiative ab, die den bau von minaretten verbieten will. hauptsächliche initianten der initiative kommen aus der svp, der grössten partei der schweiz mit rund 28% wähleranteil.
steintürme sind seit altersher symbole der männlichen fruchbarkeit. weder für kirchtürme noch für minarette gibt es theologische begründungen. seit etwa dem 6./7. jahrhundert gibt es die praxis kirchtürme und minarette zu bauen. weder haben alle kirchen noch alle moscheen türme/minarette. minarette unterstehen wie alle anderen gebäude dem raumplanungs- und baurecht. zur zeit gibt es in der schweiz vier moscheen mit minarett.
interessant ist die argumentation des initiativkomitees, das den bau von minaretten als gesellschaftliche machtdemonstration empfindet. mit dem verbot von minaretten soll gemäss den initianten eine (schleichende) islamisierung in der schweiz verhindert werden. es geht den initianten scheinbar also nicht so sehr um das verbot eines turmes, sondern mehr um die einschränkung einer glaubensgemeinschaft. angeführt wird eine argumentationskette: minarett, muezzinruf, scharia als gesetzgebung einer islamischen parallelgesellschaft. eins folge aufs andere und müsse demnach rechtzeitig unterbunden werden.
der bau eines turmes, ob christlich oder islamisch, ist weder eine waffe, noch eine legitimation für ehrenmord, zwangsehe, zwangsbeschneidung oder die einführung der scharia. durch den nichtbau eines minarettes lässt sich wohl auch nichts von alledem verhindern. die gesetze sind in der schweiz durch die verfassung geregelt.
der kath. bischof kurt koch, präsident der schweizer bischofskonferenz, sagt, minarette seien für die muslime ein zeichen der identität, wie religöse bauten für andere religionsgemeinschaften, und sollen im interesse der religionsfreiheit nicht verboten werden.
mir erscheint ein solches verbot willkürlich, da die schweizer verfassung die religions- und meinungsfreiheit schützt. oder mit welchen argumenten kann man minarette verbieten und kirchtürme erlauben?
minarett auf der moschee in olten: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/9/95/Moschee_Wangen_bei_Olten.jpg/800px-Moschee_Wangen_bei_Olten.jpg
weitere infos: http://de.wikipedia.org/wiki/Kontroverse_um_den_Bau_von_Minaretten_in_der_Schweiz
@jeany: glockengeläut sagt sehr wohl etwas aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Glockengeläut
nur weil früher etwas gebräuchlich war, heisst das doch nicht, dass wir es heute immer noch so machen müssen. oder gehst du statt zum zahnarzt in die schlosserei? der muezzin steht nicht zur diskussion. weder mit noch ohne megafon.
@ruth s: die schweizer stimmen nur für ihr eigenes land ab, nicht für deutschland.
die schweiz lebt traditionell eine konkordanzdemokratie, bei der minderheiten geschützt werden. man sucht generell einen kompromiss, mit dem alle (gut) leben können und dann auch von allen vertreten wird.
dort, wo nur das recht des stärkeren etwas gilt, möchte ich nicht leben. oder bist du als frau bereit, dein stimmrecht wieder an die männer abzutreten?
und wenn andernort das (menschen)recht mit füssen getreten wird, müssen wir das weder gutheissen, noch bei uns einführen. oder sollen wir bei uns auch steinigungen einführen, nur weil das anderswo schreckliche praxis ist?
wie sagte jesus? "Liebet eure Feinde, segnet, die euch verfluchen, tut Gutes denen, die euch hassen, bittet für die, die euch beleidigen und verfolgen: So werdet Ihr Kinder eures Vaters im Himmel sein."