Warum können Deutsche Deutsche nicht leiden, nur weil sie zufällig deutsch sind (s. Details)?

Mir ist aufgefallen, dass hier immer wieder Beiträge auftauchen, in denen Deutsche pauschal fürchterlich über Deutsche herziehen. Es ist interessant, dass dabei nur DIE oder SIE geschrieben wird, niemals WIR. Fast jeder unterstellt allen anderen eine Reihe ziemlich übler Eigenschaften, von denen er einzig sich selbst ausnimmt, z.B.: „Ich selbst bin keine typische Deutsche und besitze nur wenige dieser Eigenschaften...“ http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=Ai1Qei5R4KRq2foNIhpoOzoICgx.;_ylv=3?qid=20090909013342AAJXxPL&show=7#profile-info-OCKFjhSlaa. Wenn sich aber JEDER selbst ausnimmt, wer bleibt dann eigentlich noch übrig?

Wer in der Welt herumgekommen ist, der weiß doch, dass es überall gute und weniger gute Eigenschaften gibt, wobei die Bewertung sowieso meist subjektiv ist. Über alle Menschen lässt sich etwas Positives sagen. Komisch, dass uns kaum etwas Positives einfällt, wenn es um uns selbst geht (bzw. um alle anderen Deutschen außer uns selbst). So etwas gibt es in keinem anderen Land.

Thesen:
Liegt das vielleicht daran, dass bei den deutschen Nachkriegsgenerationen „deutsch“ als etwas Negatives gilt? Oder daran, dass wir uns alle durch die Politiker und die Medien gegeneinander ausspielen lassen (Junge gegen Alte, Ossis gegen Wessis, Arbeiter gegen Arbeitslose, jeder gegen jeden)?

WIE DENKT IHR DEUTSCHEN DÖDEL DENN DARÜBER?

2009-09-14T09:36:20Z

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DANK an ALLE! :))
Alle Antworten regen zum Nachdenken an und in ihrer Gesamtheit ergeben sie ein gutes Bild. Deshalb gebührt die BA eigentlich allen.

ray2009-09-11T01:53:21Z

Beste Antwort

Mein Großvater müßte als Kind aus Erewan von Türken fliehen, die ganze Familie ist umgekommen. Er kam in der I. Weltkrieg in die deutsche Gefangenschaft. Arbeitete auf dem Land im Sommerresidenz der Frau von der Wilhelm der 2. und zwischen der Kriegen heiretete eine deutsche Frau, meine Oma.
Nach dem Krieg sind sie als einzige Familie im Dorf geblieben. Oma kannte sowohl deutsch als polnisch, weil sie aus Schlesien kam. Der Opa, ein echter Polyglot, auch russisch und armenisch dazu. Die Kinder konnten auch mehrere Sprachen, polnisch allerdings schwach und mit Akzent.
Die Nachkriegsjahre in Polen waren sehr hart. Die Vertriebene aus Osten die in Dorf kamen haben einen sehr großen Haß auf Deutschen. Es hat sehr lange gedauert, bis die Anwohner des Dorfes die Familie annerkant hatte - die Hilfsbereitschaft gegenüber der Anderen war bei uns besonders geprägt.
Doch sogar noch als ich in die Schule kam, gab es Spot und Tränen - Deutsch war ein Synonym für die Rücklosigkeit, Grausamkeit, bestialisches Morden. "Du Hitler" war nicht gerade Kosename. Kinder können besonders schlimm sein, wenn sie von der Eltern gesprochene nachplappern.
Es war ein Teil der Propaganda, die Kriegsfilme als festes Bestandteil der TV. Ein Ort im Grenzgebiet, wo immer wieder die ehemaligen Bewohner aus Deutschland kamen, Papas Schulfreunde, und bei uns übernachteten. Immer danach gab es noch mehr Hänseleien und Tränen.
Mein Vater wollte mit uns kein deutsch regen. Ich hatte deutsch nicht mal in der Schule, dennoch der ganze Last der Geschichte hab ich mit mir rum geschleppt und wollte schon immer verstehen, warum.
Doch das ist viel zu komplex. Meine Erfahrungen kann ich eigentlich nur mit wenigen austauschen. Ich bin nirgendwo zu Hause, und vielleicht deshalb kann ich mich nicht überwinden, die Menschen in welche Schubladen zu schieben, nur weil sie aus Polen, Deutschland, Russland oder aus Türkai sind. Ich denke am meine Freunde mit Vornamen, und nicht nach Nationalitäten. Jasmin und Hadir sind z.B. aus Türkei, Vito aus Italien, Hasam aus Ägypten, Hilde und Willi seit Generationen deutsch.
Nach vielen Jahren in Deutschland denke ich dass eine gewisse Überempfindlichkeit immer vorhanden ist, wenn es um unsere Herkunft geht. Und das ist auch ganz natürlich, dass man gern etwas hat, worauf man stolz sein kann, weil so ist es am einfachsten, ein Zugehörigkeits-Gefühl zu haben.

LG

edit: noch ganz am Rande: das Bild der Deutschen wandelte in Zeit und Geschehen. In 80er gab es in Polen eine gewaltige Wirtschaftskrise udn Inflation, von der praktisch jeder betroffen worden ist. Das Essen wurde reglamentiert. Pro Kind gab es pro Monat z.B. eine Tafel Schokolade. In der Zeit kamen Hilfe-Lebensmittelpakete aus Deutschland und ich kenne keinen, der dafür nicht dankbar war.
Die Polen konnten nicht fassen, dass das spendable Westen so humanitär sein kann. Die Vorurteile fingen an, zu wanken.
Als die Studenten die Lieder von Llouis Llach gesungen haben und träumten von mauerfreien Welt, gab schrittweise die Propaganda nach; aber bis dahin war noch die Ausnahmezustand in Polen, Zeit der Angst und Verhaftungen.
Das Bild der Deutschen im Osten varieert, und das ist gut so, weil das bedeutet, dass man jetzt eine Chance hat, von einander zu lernen und sich als reale Menschen kennen lernen.

Andy2009-09-12T15:21:20Z

zu mir wurde das hier in canada gesagt: "she's a racist. she's german." in der highschool, war die einzigste aus westeuropa. ich hatte einfach nur angst zu reden weil ich mein english schei*** fand und ich hatte ja niemanden der mir mit english haette helfen koennen :-(
da hab ich mich immer dann geschaemt zu sagen dass ich deutsch bin und sag das heute wenn ich im ausland bin auch nicht gern.
jemand hat auch das zu mir gesagt:
what are you doing here? it's an adventure?
und das war ne arabarin........haett ich grad fragen sollen was sie in canada will, verdammt noch mal

ohnono2009-09-11T02:02:04Z

Ich kann nur subjektiv versuchen eine Antwort zu geben.
Zunächst bin ich gerne Deutscher, wenn wir sportlich ganz weit vorne dabei sind. Ich bin stolz ein Deutscher zu sein, da wir in der Welt helfen Brunnen zu bohren, statt die Welt bevormunden zu wollen wie am Ende des Kaiserreiches und unter den Diktaturen der NSDAP und SED. Ich bin glücklich ein Deutscher zu sein, da wir nach dem Krieg mit der sozialen Marktwirtschaft den Spagat zw. Kapital und Sozialismus geschafft haben und Wohlstand möglich ist. Und ich fühl mich als Deutscher wohl, da wir unter europäischen Freunden einen Beitrag zur Abendländische Kultur der Aufklärung und Menschlichkeit leisten können - wenn wir denn uns wieder darauf besinnen würden.
Da meine Ansichten durch die Meinungsmache in den Medien und in der Politik leider nicht geteilt werden, sondern die Deutsche Geschichte und Gegenwart um die Verantwortung der Kriegsleiden WK1 und 2 fokussiert werden, herrscht eine Antideutsche Stimmung. Außerdem wird zuwenig darauf geachtet, dass Deutscher nicht jemand werden sollte, der hier soundsoviel Jahre gelebt hat, sondern, der unsere Sprache, Geschichte und Grundwerte teilt. Soll heißen, wie soll eine Nation sich selbst lieben können, wenn es nicht einmal eine gemeinsame Sprache und Kultur lebt - nebenbei bemerkt: wie soll Demokratie funktionieren, wenn es immer weniger gemeinsame Nenner gibt?
Meine Gegenthese daher: Bestimmte Meinungsmacher wollen kein Deutsch, keine Nation, keine Demokratie, sondern eine identitätslose graue Multikultimasse, die leicht manipulierbar ist, da entwurzelt.

fragolina2009-09-10T11:51:20Z

Doch, glaub mir, das gibt es auch in anderen Ländern, so viel zum in der Welt herumgekommen sein. ;-) Auch Italiener unterstellen sich gegenseitig viel und nehmen sich dabei selbst aus ... nur ist *uns Deutschen* das nicht immer so bewusst wir mir *zufälligerweise Halbitalienerin*, wobei ich ganz fest davon überzeugt bin, dass das in allen Ländern so ist, warum auch nicht? Das würde schon wieder in die Verallgemeinerung gehen und das passt hier gar nicht rein.

Was das Thema an sich angeht ... klar kann man von "Eigenschaften" sprechen, die typischer für einen Deutschen als für einen Inder (Bsp.) sind, aber Sätze wie „Ich selbst bin keine typische Deutsche und besitze nur wenige dieser Eigenschaften...“ finde ich generell daneben: Wer ist typisch Deutsch? Sind wir nicht alle verschieden? Genau DAS ist der Grund, warum sich jeder ausnimmt ... wir alle sind doch irgendwo Individuen und wollen es auch bleiben.

ps. Nein, "deutsch" ist für mich nichts Negatives.

Tiamat2009-09-10T11:27:52Z

Ich schätze mal, dass Du das Wort "Dödel" noch bereuen wirst! Da findet sich bestimmt einer, der deine Frage melden wird.

Egal.

Der Konflikt ist meistens zwischen Deutschen und jenen "Deutschen" mit Migrationshintergrund.
Näher möchte ich darauf nicht eingehen!

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