Womit nicht unbedingt der Heimatort gemeint ist. Also: letztens bekam ich eine Mail von einer amerikanischen Brieffreundin, die es sich nach Möglichkeit einmal im Jahr gönnt, nach New Orleans zu fahren. Aus ihrer Beschreibung ging deutlich hervor, dass sie diese Stadt wirklich liebt, ihre ganz eigenen Plätze dort hat, eine Fremde zwar, aber eben doch keine Touristin. Sie wohnt dort nicht und wird es wohl auch niemals. Während ich die Beschreibung las, ging mir wieder einmal auf, dass ich ganz gut verstand, was sie meinte, bin ich doch mein ganzes Fahrerleben schon mit dem belgischen Gent verbunden, ohne dass ich genau benennen könnte, woraus gerade diese Verbindung besteht. Ich weiß nicht, wie oft ich schon dort war, wie viele Wochenenden ich dort gestanden hab, es war jedesmal wieder etwas Besonderes. Vielleicht ist es die Atmosphäre der Stadt, die Lebendigkeit ihrer reichen Geschichte, ihre Schönheit, aber so richtig werde ich das wohl nicht herausbekommen. Nun bin ich mir sicher, dass viele Menschen solche, eben "ihre" Orte haben, nicht immer gleich eine Stadt, manchmal auch ein besonderer Platz, eine Bank mit besonderer Aussicht, irgendwas. Komischerweise kann man oft von solchen Orten erzählen, sie jedoch selten mit jemandem teilen. Möchtet ihr mal davon erzählen?
OSTHEXE - on air now2009-07-28T09:21:22Z
Beste Antwort
"Mein" Ort ist ein kleines Fischerdorf an der Ostsee, gelegen in einer Einkerbung der Steilküste.
Ich war erst fünf oder sechs Mal dort, trotzdem fühle ich mich mit ihm auf eigentümliche Art verbunden.
Keine Ahnung, was mich dort so magisch hinzieht - vielleicht wirklich dieser Kontrast aus realer Touri-Welt (morgens werden die Touristen busladungsweise vor dem Ort "ausgekotzt") und der unwirklichen, absoluten Idylle nach 18 Uhr.
"Mein" Häuschen dort (und ich will KEIN anderes Quartier) direkt am kleinen, ehemaligen Fischer-Hafen ist nur mini, (K)ein-Sterne-Standard und wahrscheinlich gemessen am Old-GDR-Style viel zu teuer - aber es bietet mir einen grandiosen Blick vom Bett auf's Wasser.
Man kann so wunderbar den Gedanken nachhängen, wenn man abends auf dem großen Matrazenlager im Giebel dem Bauch liegt, die Arme aufgestützt und aus dem bodenebenen Dreiecks-Fenster schaut. Die Wellen rauschen, man riecht das Meer und in regelmäßigen Abständen streicht der Lichtfinger des Leuchtturms über den Himmel ...
Mit dem Sonnenaufgang (den man frei Haus ins Schlafzimmer geliefert bekommt) hebt das Geschrei der Möwen an, das dann gegen fünf, wenn die Fischer kommen und ihre Räucherbude bestücken, fast zu akustischer Kriegsführung entartet.
Aber das stört mich alles nicht - ich stehe auf und gehe gleich in meinem Sleepshirt die paar Schritte bis zum Wasser, bade oder setze mich auf den Bootssteg, bis ich Lust auf Frühstück habe. Das nehme ich auf der kleinen Terrasse vor dem Haus ein, immer mit Blick auf die Fischer und das Wasser. Wenn die Sonne scheint und ein leichter auflandiger Wind weht - einfach perfekt ...
Gegen 8 Uhr muß ich allerdings ausgeflogen sein. Dann kommt die ächzende Touri-Meute den Weg vom Parkplatz herunter und den Lärm, den dieses Gewürm verursacht, mag ich gar nicht.
Ab 18 Uhr sind wir wieder allein: Die 10 Häuser, die Hexe und das Meer ...
(Drück die Daumen: Wenn ich Glück habe, kann ich diese Woche noch los. Ich sitze quasi auf gepacktem Koffer.)
Ach ja - teilen kann ich diesen Ort mit niemand. Ich hab's einmal versucht, aber die fanden's nur dröge und tot - die Ausstattung bekrittelungswert. Seitdem fahre ich nur noch allein und treffe mich manchmal dort mit einem Einheimischen. Der versteht mich, zieht's ihn doch auch immer wieder in diesen seinen Heimatort zurück ... .
Alle Orte, wo ich zuhause war bevor ich dort erstmals ankam, wurden mir wegen Politik wieder genommen. Fast alle1,5 gibt es noch. ,5 weil ich nicht weiss wie es dort heute wirklich ist, google earth zeigt es nicht genau. Und ein Ort, der schöner ist als alle zusammen zuvor. Und von dem sag ich nicht mal den Kontinent. Er wird mir hoffentlich bis zu meinem Tode so erhalten bleiben wie er ist... Wenns klappt werde ich dort ruhig sterben.
Das Haus in dem meine Grosseltern die freien Tage verbracht haben. Eine zum Wohnhaus umgebaute Wäscherei eines Bauernhofes aus dem 18. Jahrhundert. Grob behauene Steine, wilder Wein an der Vorderseite, eine uralte Haustür aus Holz mit einem kunterbunten Fenster und einem Gitter davor. Eine steile knarrende Holztreppe, mein schiefes Zimmer (man lag mit dem Kopf im Bett definitiv 10 cm tiefer als mit dem Füssen), der eiskalte Fussboden im Wohnzimmer aus roten achteckigen Steinen, der Kamin den mein Opa und mein Vater selbst gemauert haben, Kirschen, Johannisbeeren und Himbeeren im Garten, der Geruch der Felder, die sich auf jeder Seite des Hauses erstreckten, Weizen und Sonnenblumen, die Geräuche des Bauernhofs, die Hühner, der Hofhund, das Pony und der dämliche Hahn, der nie morgens krähte. In den Ferien traf sich dort die ganze Familie und es war die beste Zeit des Jahres. Ich hab dieses Haus geliebt. Nach dem Tod meines Grossvaters mussten meine Onkel und Tanten es verkaufen, das ist uns allen sehr schwer gefallen. Ich war seit fünf Jahren nicht mehr dort und es fehlt mir irgendwie.