Warum machen manche Leute aus gewissen Themen ein derartiges Tabu?

Nehmen wir z.B. die persönliche, politische Gesinnung. Oder die Angabe, wie viel man verdient. Es gibt jede Menge Leute, die einen riesigen (meiner Meinung nach lächerlichen) Hehl aus solchen Sachen machen. Dabei müsste es doch gerade umgekehrt sein. Ein Mensch, der mit sich selbst im Reinen ist, mit seinen Meinungen und Weltansichten, der davon ausgeht, die Dinge richtig zu verstehen, sollte doch eigentlich fähig sein, selbstbewusst hinzustehen und ohne Scheu zu verkünden, welche Partei(en) sie wählen und welche politische Meinungen sie haben.
Oder wenn man jeden Tag hart schuftet, sollte man doch eigentlich stolz auf das Geld sein, das man verdient! Egal ob wenig oder viel. Und dann kann man es doch auch ganz normal sagen? Abgesehen davon braucht es den Kanalreiniger doch genauso wie den Arzt! Wenn mich auf der Strasse irgendein Typ anschwafeln würde und mich fragen würde, wie ich wähle, ob ich an Gott glaube oder wie viel ich verdiene, würde ich es ihm sofort sagen. Ich sehe keinen logischen Grund, warum ich das nicht tun sollte, wenn er doch fragt.
Doch mit dieser Einstellung stosse ich leider immer wieder Leute vor den Kopf. Warum denken da so viele so anders darüber? Sind denn 95 Prozent unserer Gesellschaft wirklich derart altmodisch verklemmt?

Jocolibri2009-04-03T02:52:31Z

Beste Antwort

Naiv ? Vergesslich ? Gutgläubig ? Blind ?
Oder unerschütterlich Optimistisch mit der Bereitschaft für die eigene Meinung den eigenen Glauben durchs Feuer zu gehen ?
Durchs Feuer gehen ? Na ja, gegangen sind die Ahnen ja nicht.
Am Pfahl gebunden, den sie selbst bezahlen mußten, der aufgehetzte Pöbel drum herum, voll geil auf das folgende Schauspiel und dann die Herren des Landes, die Geistlichen mit Bibel und Kreuz, ihre Helfer mit Knute und Fackel fordern ein letztes mal das Abschwören von der eigenen Überzeugung, das Küssen des Kreuzes um die Seele zu retten und dann gab es ein Feuerchen.
Waren die "Ketzer und Hexen" nicht bereit ihren Glauben aufzugeben, bei lebendigen Leib.
Nun das war einmal. Das war einmal ?
Blicken wir nach Guantanamo, wo von staatlich bezahlten Verbrechern unschuldige Menschen auf bloßen Verdacht gekidnapt wurden, unter Menschenunwürdigen Bedingungen inhaftiert, gefoltert und massiv mit dem Tod bedroht wurden und werden.
Befohlen und bestätigt durch den "wiedergeborenen Christen" und Ex - US - Präsidenten Bush.
Die andere Seite ebensowenig zimperlich, wenn es darum geht Andersdenkende niederzumachen, siehe Sir Ahmed Salman Rushdie, indisch-britischer Schriftsteller. Bedeutender Vertreter zeitgenössischen Literatur hat mit seinen satanischen Versen ernst gemeinte Morddrohungen auf sich gezogen. In Rußland wird mit Andersdenkenden kurzer Prozeß gemacht, eingesterrt, verbannt oder erschossen. Aber auch hier in Deutschland ist ein Andersdenkender ein rotes Tuch und der umgeleitete Volkszorn richtet sich ersatzweise immer gegen Schwächere und nicht gegen die Verbrecher im Anzug und dem dicken Konto, die unsere Ausbeutung perfektionieren und mittels Werbung einen Druck erzeugen, den bereit willige Mitläufer gar nicht wahrnehmen, der sie aber zielgerichtet auf unliebsame Denker aufhetzt.
So wenn Du das bishierher gelesen hast, wirst Du denken, ich halte deine Offenheit für verrückt. Na ja ein bißchen vielleicht, aber wenn ich gefragt werde, reagiere ich genau so wie Du, denn ich halte es nunmal für wichtig, Vorurteile zu hinterfragen und Mißverständnisse aufzuklären, dazu muß man miteinander reden und sich zuhören.
Das tue ich, vertrete auch durchaus offensiv meine Sicht, aber nicht ohne die des Anderen ebenso ernst zu nehmen.
Alles was passiert, oder nur im Raum steht, ist begründet, auch so Handlungen wie Winningen und Fritzl. Die Ursachen zu ignorieren heiß weitermachen wie bisher - und überrascht den Kopf zu schütteln, wenn es erneut passiert oder aufgedeckt wird.
So bleibt alles beim Alten. Warum ?
Weil wir so darauf trainiert wurden vor der Obrigkeit zu kuschen.
Das läuft seit Jahrtausenden wie geschmiert und wenn Du von Bernt Engelmann das Buch "Wir Untertanen" liest, weißt Du auch warum.
Diese Konditionierung ist bis ins kleinste Glied so verinnerlicht, das die meisten Menschen noch nicht mal auf den Gedanken kommen, hier etwas in Frage zu stellen.
Schreib mal, warum wir nach diesem christlichen Kalender leben.
Versuche zu begründen, warum wir Monate haben mit 3 unterschiedlichen Längen und prüfe, woher dieser verkrüppelte Kalender stammt. Dann hast Du die Verbrecher aum Wickel, die uns seit Urzeiten ein X für ein U vormachen.
Warum wird das Jahr nicht, wie logisch klar, in 13 Monate a 28 Tage aufgeteilt, mit Sylvcester als jährlichen besonderen Feiertag und alle 4 Jahre den Schalttag ? Das wäre so einfach und nahe liegend, das es schon verwunderlich ist, das angeblich intelligente Menschen sich einen anderen Unsinn ausdenken und ihn auch noch gegen den Willen der anderen Menschen durchsetzen und über so einen langen Zeitraum unveränderlich darstellen.
Ist schon ein bißchen Irre unsere Gesellschaft.
Warum so viele anders darüber Denken ?
Bist Du sicher das die darüber überhaupt denken und nicht nur altgewohntes wiederholen.
Schon als Kind lernst Du doch schnell den Mund zu halten, wenn Du für vorlautes Reden bestraft wirst.
Auch will jeder anerkannt werden, so sind gegenläufige Auffassungen für die meisten überlasteten Menschen störend, weil mit unangenehmen mißachtenden Erlebnissen verbunden.
Ausgenommen davon sind natürlich die Überzeugungstäter, die mit aller Macht sich durchsetzen und aufrütteln wollen, die kämpfen wie trotzige Kinder gegen alle Macht weiter und klagen an, nur leider meist erfolglos, wie damals in ihrer Kindheit, als auch sie sich völlig unverstanden gefühlt haben, aber dennoch nicht in Resignation verfielen.
Soviel für heute. LG Jo

Anonym2009-04-05T05:47:58Z

Menschen wollen keine Angriffsfläche bieten. denn alles, was du von dir gibst, kann dir zum Nachteil gereichen. Wer will angefeindet werden, wenn er gut verdient, politisch in eine Ecke geschoben werden, wenn er seine Partei an gibt? Mit sich im Reinen sein heißt nicht, offen und ehrlich Dinge von sich preis zu geben, sondern keinen inneren Konflikt mit sich herum zu schleppen.Tabu ist alles, was gesellschaftlich ausgeschlachtet werden kann.

Anonym2009-04-03T05:10:43Z

Gute Frage, ich vermute, man hat Angsts vor Neidern, die Prägung der Gesellschaft über die Jahrhunderte, was sich gehört, und was nicht. Und manche machen aus ihrem herzen eine Mördergrube. Man hat Angst vor dem Auffallen, irgendwie in den Focus zu geraten. unangenehm aufzufallen, wobei unangenehm alles ist, was andere stören könnte, negativ wie positiv, also neidtechnisch. man spricht aus Feigheit nicht darüber.
Die menschen sind Herdentiere, kein Herdentier möchte sanktioniert werden, weil es "anders" sei.

Überhaupt tabuisiert diese Gesellschaft vieles, das offen in Leuchtbuchstaben auf der Strasse stehen müsste.
es geht ja noch viel weiter. Wenn ein Triebtäter ein Kind mißbraucht und umbringt, kochen die Emotionen zwar hoch, aber wenn das gleiche Ding ohne Umbringen des Kindes im stillen Kämmerchen passiert, gibt es eine ungeheure Mauer des Schweigens, von allen! Niemand hat was gesehen, ach, die netten Leute, hätten wir nie geglaubt. Natürlich hat jemand was gesehen, geahnt, aber keiner bricht das Tabu, darüber zu sprechen.

Feigheit. In dem Fall ist es dann plötzlich ein Tabubruch, der von vielen in dieser Gesellschaft noch als Nestbeschmutzung und was man nicht tue betrachtet wird, wenn das Kind/Opfer dann spricht. irgendwann. Die Gesellschaft ist manchmal so unglaublich hirnlos und ahnt nicht, was sie mit dem Maulkorb falschverstandenes Tabu anrichtet !
Das Tabu sollte aber sein, dass sich jemand an Kindern vergreifen darf.

Von solchen "tabus" gibts leider noch ein paar mehr. :((

Zurück zu Einkommen und Politik.
Vermutlich gibts da auch ein Dünkel, "Geld hat man, man spricht nicht darüber, wer kein Geld hat, redet über Geld" Angst vor Armut. Vor Ausgrenzung. Denn man hat ja Geld. :) Dass die Realität oft eine andere ist, selbst bei denen, die so wirken als hätten sie Geld, wird zum Tabu. Man wär ja gern mehr als man ist. Und da Geld wesentlich dazu beiträgt einen Menschen wertiger zu machen als er ist, zumindest wenn man denkt wie die meisten, die ihr Selbstbewusstsein aus materiellen Werten beziehen und meinen, sie wären "erfolgreich" wenn sie ein Haus, ein Garten, eine Yacht haben. Und wer "wertet sich schon gern ab" :)
"über Geld spricht man nicht" ist verlogenes Understatement.

Politik - wer die "falsche" partei wählt, hat auch in manchen Jobs verloren. In Bayern sollte man für bestimmte Positionen auch das "richtige" Parteibuch haben. Das eine öffnet Türen, das andere knallt sie zu.

Ein ziemlich armseliges Beispiel zum Thema Meinungsfreiheit.

Ich hab kein Problem, wenn ich sage, was ich wähle, dass ich dann für einen Rechtsradikalen als Gesprächspartner und Mensch untendurch bin, ist für mich kein Verlust. Auf rechtes kann man gut verzichten. einfach überall.
Und wenn einer sich mit mir streiten mag, weil ich politisch anders denke als er, dann tut s mir leid. Ich streite mich nicht über Politik, Zeitverschwendung. Und auch nicht über Religion. Diskutieren, gern, aber streiten? Warum sollte ich? Bin ich Missionar? Eben.

Bestimmte Tabus gibts, weil zuwenige reden und zuviele wegsehen. Weil zuwenige die "Peinlichkeit" scheuen. Bei vielen Tabus muss man reden und da müssen viele, viele reden. Laut und mit dem Megaphon.

Sonst macht man die Opfer mundtot und die Täter fühlen sich bestätigt, weil alles schweigt. Dadurch verschiebt sich das Hauptaugenmerk.
Wer schweigt, stimmt zu, sagt man. Ein fataler Irrtum, die meisten schweigen da aus Feigheit und weil sie sich schuldig fühlen,weil sie feige schweigen. Also machen sie nie den Mund auf. Wenn keiner was sagt, sieht auch keiner Handlungsbedarf, die Täter aus dem Verkehr zu ziehen. Dann bleiben die Gesetze bei bestimmten Dingen eben so lax wie sie sind.
Und dann ändert sich eben auch nichts. Schweigen ist manchmal tödlich.

Aber nach außen hin vermeidet man Sanktionen und Schweigen ist der einfache Weg. Feigheit.

Ich glaube, die Ursache aller Tabus heißt Feigheit.

Man könnte nun auch den Eindruck bekommen, dass das vielleicht auch etwas selbstgerecht klingen könnte, aber wenn man einmal Hölle und zurück überlebt hat, dann ist einem nur noch sehr wenig wirklich heilig und nichts menschliches mehr fremd. nach einmal Hölle und zurück spielt es keine Rolle mehr ob man sich an zweifelhafte Tabus hält oder nicht. Es kommt nicht mehr darauf an. Man ist dann endgültig geheilt von dieser falschen Scham, die mit diesen falschen Tabus verbunden sind.

Es ist tatsächlich aber schwer, wenn man am Anfang des Weges steht und das alles erst noch selbst live begreifen muß. dann schweigt man beschämt und sinkt in den Erdboden. Erfahrung ist nicht vermittelbar und es nützt leider wenig das in der Theorie Denkmodell zu sehen. Hinter der Erkenntnis, dass Tabus und falsche Scham total überflüssig sind und warum Dinge so sind wie sie sind steht ein Weg und das Fallen auf die Nase und die ziemlich unsanfte Erkenntnis am eigenen Leib, dass die Welt eine sehr widerliche und kalte Seite haben kann und hat. Nur die Seite sieht nicht jeder in gleicher Intensität. Und wer viel zu verlieren hat, wird auch nicht so leicht falsche Scham und Tabus brechen. Er weiss ja garnicht, wie tief er fallen könnte und ihm ist nicht klar, dass er trotzdem weiterlebt. Also hält er aus Angst den Mund.

Wer nichts mehr zu verlieren hat, weil er schon mal ganz unten war, regt sich über die Meinung und die falschen Tabus nicht mehr auf. Erfahrung lässt sich nicht vermitteln.
Und was bleibt ist eine gewisse Renitenz gegen gesellschaftliche Verlogenheiten. Wer nichts zu verlieren hat, kann nur gewinnen, und dann kann man auch den Mund aufmachen und auf den Tisch hauen.

Anonym2009-04-02T23:03:33Z

Warum man nicht seine eigene politische Gesinnung wie ein Plakat vor sich her trägt?Weil dann jeder Popel glaubt einen mit seinen spinnerten politischen Dogmen vollpalavern zu dürfen!
Als selbständiger Unternehmer des Mittelstandes betrügst Du aus der Sicht des Umfeldes ja Deine Mitarbeiter um ihren gerechten Lohn,da spielt es keine Rolle,dass Du dir dafür dann an 70-80 Stunden an bis zu 7 Tagen dafür den Ar*** aufreisst,um hinterher das gleiche über zu haben wie Dein Meister/Vorarbeiter mit seiner 37.5 Stunden Woche!
Selbst dieses wird Dir nicht nur geneidet,sondern schlichtweg missgönnt!

Trillien2009-04-02T20:58:46Z

Hab darüber noch nicht nachgedacht. Werde es mal tun. Danke!
Das würde doch aber auch bedeuten, dass man sich nicht zu schämen braucht, wenn man arbeitslos ist, oder?
In Deutschland funktioniert das so aber nicht! Hier bist du nur wer, wenn du eine RICHTIG gut bezahlte Arbeit vorweisen kannst.
Nehmen wir doch mal ein Gespräch zweier Menschen, die sich mehr oder weniger grade kennen gelernt haben. Die 2., spätestens die 3.Frage lautet: "Was machst du beruflich?". Dies ist in anderen Ländern nicht so üblich.
Ob ich an Gott glaube oder wie viel ich verdiene/ bekomme?
Wenn man dies jedem sagt, der danach fragt, heißt das doch auch, dass diese Menschen sich dann mit mir vergleichen oder meine Antwort in Frage stellen. Will man das wirklich?
Wie geschrieben, ich werde darüber nachdenken.

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