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Ruiniert der religiöse Glaube bisweilen tatsächlich den Verstand?

Diese Frage wirft Kurt Flasch, ehemaliger Katholik und renomierter Philosoph und Historiker in seinem autobiografischen Buch:" Warum ich kein Christ bin" auf.

Er bezieht sich dabei auf seine Studienzeit, in der er einer Reihe von auch international hoch angesehenen Hochschullehrern begegnete, die das wissenschaftliche Instrumentarium perfekt beherrschten und immer wieder von ihren Studenten einforderten.

Wenn es aber um die Entstehung des Christentums ging, vergaßen einige dieser wissenschaftlichen Koryphäen ihre historische Kritik und fingen an "zu predigen".

" Daß ein Historiker von so hohen Graden wie Mathias Gelzer die Contenance verlor, wenn er vom Neuen Testament sprach, daß er von Paulusbriefen so viel weniger streng redete, als von den Briefen Ciceros, das war für mich ein aufreizender , ein ungeheurer Vorgang....Und ich begann mich zu fragen, ob der Glaube nicht zuweilen den Verstand ruiniert."

"Warum ich kein Christ bin"- Beckverlag, München 2013

Update:

Danke an aller User für die rege Teilnahme an der Meinungsäußerung.

Besonders gefallen haben mir aus ganz unterschiedlichen Gesichtspunkten die Beiträge- in alphabetischer Reihenfolge - von @Braller, @Celine, @doitsujin75,@Kai H, @ Musiker, @ styxway.

Zur Bestimmung der BA war aus meiner Sicht zu wählen zwischen@doitsujin75 und @Musiker...wobei ich letztlich dem Beitrag von @doitsujin 75 den Zuschlag gegeben habe.

Er hat meines Erachtens den Kern der Frage getroffen, wenn es darum geht...

Update 2:

zu beurteilen, wovon die Beeinflussung des Verstandes- wie immer diese auch aussieht- durch den Glauben abhängt.

Ich sehe auch die tiefe und unreflektierte religiöse Konditionierung als einen entscheidenden Faktor dafür, dass im Extremfall der Glaube den Verstand dominiert oder dass zumindest der Verstand bereit ist, Zugeständnisse an den Glauben zu machen.

35 Antworten

Bewertung
  • vor 7 Jahren
    Beste Antwort

    Ich denke nicht, dass jemand auf die hier geschilderte Weise den Verstand verliert. Ich halte es eigentlich für klar, dass Flasch das in diesem Falle als rhetorisches Stilmittel einsetzt.

    Um in dem rhetorischen Bild zu bleiben und noch eine andere Quelle heranzuziehen, denke ich eher, dass in dem geschilderten Fall die frühe und umfassende religiöse Indoktrination so weit reicht, dass es da an Mut mangelt, sich in fundamentalen religiösen Fragen seines eigenen Verstandes zu bedienen.

    Ich halte das nicht für ein bewusstes Aussetzen des Verstandes oder die Ruinierung dessen, sondern für eine so tief sitzende Konditionierung, dass der Betreffende es nicht einmal bemerkt, wenn er in diesem Fall gegen die ansonsten zu Eigen gemachte skeptische, kritische und rationale Methodik verstößt und darin auch keinen Widerspruch sieht. Die Menschen würden ansonsten in keinem wissenschaftlichen Feld bestehen können, wahrscheinlich nicht einmal ihren Alltag bewältigen können.

    Dabei halte ich das für kein exklusives Wesensmerkmal religiöser Weltanschauungen, nur hier ist die Indoktrination "von der Wiege bis ins Grab" nur besonders penetrant, so dass sie eben besonders gut greifen kann.

  • vor 7 Jahren

    Zumindest verwirrt er bisweilen den Verstand, vor allem wenn die Kluft zwischen Ratio und fundamentalen Glauben unüberbrückbar wird. Dieser Effekt zeigt sich ganz deutlich an Sätzen wie: "Immer mehr Wissenschaftler stoßen im Zuge ihrer Forschungen auf Ergebnisse, die sie nur mehr durch die Existenz Gottes erklären können. " Ein jeder weiß, das Wissenschaftler niemals gegen die Grundsätze der wissenschaftlichen Methodologie verstoßen indem sie auf ein weder verifzier- noch falsfizierbares " Erklärungsmodell" zurückgreifen. Das ist verlogenes, kreationistisches Geschwafel. Auch scheint der Glaube den Blick zu dafür zu trüben, dass "Gewissheit" eine Einschätzung ist, die weit entfernt von intersubjektiver Wahrnehmung ist.

    @ Kai H: Wenn der Satz nicht von dir stammt, hättest du ihn als Zitat kennzeichnen müssen. Wenn die Wissenschaft für ein Problem (noch) keine Lösung hat, bleibt es eben Gegenstand künftiger Forschung. Das nicht Erklärte ist nicht das

    Unerklärbare. Götter hingegen erklären alles und somit nichts und sind damit als "wissenschaftliches Erklärungsmodell" völlig ungeeignet. Es ist aber sehr wohl eine Strategie der Pietisten, Gott an dieser Stelle als Lückenbüßer einzubringen.

    "Vielen Menschen, die offen durch die Welt gehen, passieren Dinge, die ihnen die Gewissheit geben, dass es da irgendetwas gibt."

    Unter Intersubjektivität verstehe ich, dass eine Sache unabhängig jedweder individuellen Wahrnehmung hinweg gleichermaßen erkennbar ist. Die Gewissheit, dass es da etwas gibt, ist individuell und eben nicht für alle gleich erkennbar. Dafür erkenne ich aber dein Bemühen, Kritiker vorab als Leute zu diskreditieren, die nicht "offen durch die Welt gehen"...

  • vor 7 Jahren

    Möglich, möglich; ja das ist durchaus möglich!

    Die Auswirkungen sieht jeder derzeit im Na.hen O.st.en - und auch anderswo.

  • Anonym
    vor 7 Jahren

    Meinen hat Religion jedenfalls nicht ruinieren können, das aber ist eine subjektive Betrachtung, wäre mein Verstand vor- und nachher gemessen worden, falls das irgendwie geht, könnte man evtl. mehr darüber sagen...

    Was ich jedoch zweifelsfrei an mir festgestellt habe ist die Tatsache, dass dieser Verstand anders gerechnet hat in meiner Zeit als Religiot.

    Ich hatte mir in völliger Überzeugung "Wahrheiten" vorgegaukelt die keine sind, doch irgendeine Ecke dieses Verstandes muss sich irgendwann selbstständig gemacht haben und hat mir ständig gesagt, dass da doch alles mögliche faul ist.

    Anfangs wehrte sich der Religiot, doch schließlich ist er an der Wahrheit gescheitert, zu seinem Pech wurde er nicht ständig belabert, denn eben das macht dabei viel aus, die religiöse Gemeinschaft, das Irrenhaus unterm Kuppeldach.

    Aber jetzt funktioniert er wieder ziemlich zufriedenstellend, und auf Religion reagiert er wie er es soll, er steht einfach darüber.

    Dennoch muss ich leider aus Erfahrung sagen, dass es Menschen gibt die ich kenne, die an Religion sehr schwer erkrankt sind und auch, dass das was Vertand genannt wird bei diesen armen Leuten schwerst gelitten hat, einige kommen ohne Hilfe nicht mehr mit ihrem Leben zurecht.

    Religion ist Gift für die Welt, Marx's Spruch, "Reiligion ist das Opium des Volkes" trifft nicht die ganze Wahrheit, Religion ist Gotteslästerung!

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  • Normaler Glaube an Gott ist noch ok.

    Was mir aber den Verstand echt raubt sind Babytaufen, Beschneidung an 8 Tage alten Babys und kleinen Jungs - aus religiotischen Gründen.

    Zuerst soll ein Kind erst einmal gross werden und dann mit 18 selbst entscheiden, ob´s beschnitten oder getauft werden will.

    Und bis dahin lehrt man ein Kind die verschiedenen Religionen (Man redet mit dem Kind darüber und zeigt deren Bräuche, Rituale usw.) UND erklärt dem Kind aber auch, was religiöser Glaube mit einem Menschen anstellen kann.

    Ausserdem soll Glaube nicht in Schulen, sondern im Privatbereich von statten gehen.

    Somit ist Religionsunterricht und der Gang zu Götzentempeln überflüssig.

    Wer an Gott glauben will, der kann´s auch so.

    Maboola

  • Celine
    Lv 4
    vor 7 Jahren

    Das ist nicht unbedingt so. Aber wer alles, was in der Bibel steht, sehr ernst nimmt, der bekommt Probleme. Meine Tante nennt die Bibel immer 'Das Buch der Widersprüche' und das stimmt auch so. Das kann ich nur unterstreichen.

    Aber es gibt im neuen Testament auch viel gutes. Trotzdem, wer friedlich leben will und das Leben achten will, braucht dazu keine Bibel, sondern nur eine freundliche, weltoffene Gesinnung.

  • vor 7 Jahren

    Wissen ist Wissen; Religion ist Unwissenheit. So einfach ist das.

  • Anonym
    vor 7 Jahren

    Nein.

    Max Planck, ein Quantenphysiker und gläubiger Mensch, meinte mal zu der Problematik :

    "Für den gläubigen Menschen steht Gott am Anfang, für den Wissenschaftler am Ende aller seiner Überlegungen"

    "Die Naturwissenschaft braucht der Mensch zum Erkennen, den Glauben zum Handeln.

    Max Plancks Verstand wurde offensichtlich nicht durch seinen Glauben ruiniert.

  • vor 7 Jahren

    Das ist so ähnlich, wie mit der BILD-Zeitung: "Bild macht blöd"! Allerdings schafft es auch die Bild nicht , jemand blöd zu machen, der/die schon blöd ist...

  • vor 7 Jahren

    Bisweilen: ja, durchaus. Wenn nämlich eine fundamentalistische Gläubigkeit zwischen den Ebenen "Erklären" und "Deuten" nicht zu unterscheiden weiß, wenn sie naturwissenschaftlich Unmögliches behauptet, wenn sie alle Texte der Bibel unterschiedslos wortwörtlich versteht oder Ereignisse, von denen die Bibel berichtet, auch dann für genauso geschehen hält, wenn die historische Forschung zutage gefördert hat, daß sie ganz anders oder gar nicht stattgefunden haben.

    Aber an sich bilden Glauben und Denken überhaupt keinen Gegensatz. Was die in Deinem Zitat erwähnten Paulusbriefe und andere biblische Texte betrifft: als evangelischer Theologe kann und tue ich beides: a. sie im Sinne der historisch-kritischen Forschung wissenschaftlich betrachten (und sie dabei nicht anders behandeln als jedes andere Stück antiker Literatur) und b. darüber predigen, sie dabei im Kontext der gläubigen Verbundenheit des Menschen mit Gott betrachten und interpretieren und Bezüge zu heutigen Lebensfragen herstellen. Beides jeweils zu seiner Zeit, an seinem Ort und im richtigen Zusammenhang. Wobei für mich beides nicht unverbunden nebeneinander oder sogar gegeneinander steht (das wäre schizophren), sondern das, was ich als wissenschaftlicher Theologe weiß, auch in meine Predigten einfließt

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