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Jocolibri fragte in GesundheitPsyche · vor 10 Jahren

Wie geht ihr damit um, wenn ihr einen besonders wichtigen, grundlegenden Bezugspunkt im Leben verloren habt ?

Sei es nun ein wertvolles Ding, ein liebgewonnenes Wesen oder einen zentralen Glauben.?

Bin gerade in einer Phase, wo ein uraltes Verhaltensmuster mich dazu verleitet, mich abwendend zurück zu ziehen, um dem durch den Verlust entstehenden Schmerz auszuweichen.

Würde gern von euch andere Varianten und Möglichkeiten aufgezeigt bekommen, wie mit der aufwallenden Trauer umzugehen ist.

Update:

Schon mal vielen Dank für eure Antworten.

Bin gerade dabei sie zu verdauen :-)

10 Antworten

Bewertung
  • vor 10 Jahren
    Beste Antwort

    Für mich ist in so einer Phase immer wichtig, festzustellen, was der Kern ist, und was das Beiwerk. Nehmen wir das Thema Glauben her. In meinem Leben gab es Situationen, wo der Glaube, so wie er mir in der Familie gelehrt wurde, nicht zu meinem Leben gepasst hat. Damit meine ich nicht, daß er für mich unbequem wurde, sondern zum Beispiel meine Mutter hat mir Gott immer als den Strafenden vermittelt, der 100% Gehorsam fordert, inklusive Umkehr von jedem einzelnen schlechten Gedanken, Wort oder Tun, wobei Umkehr konkret 5 Schritte darstellt: Erkennen, Bereuen, Bekennen, Wiedergutmachen, Nichtmehrtun. Kurz: Wenn ich so super bin, daß trotz Gottes Bemühen, mich draußen zu halten, ich die Himmelstüre einrenne, dann bin ich gut genug für die Erlösung.

    Mit der Zeit hat das ziemlich fertig gemacht. Ich konnte noch damit leben, meine Frau (ich hab jung geheiratet) aber nicht mehr.

    So stand ich dann vor der Wahl, allen Glauben an Gott aufzugeben.

    Statt dessen habe ich einerseits versucht, festzustellen, ob das WIRKLICH die Lehre meiner Kirche ist, andererseits festzustellen, ob diese Kirche WIRKLICH mit Gottes Lehren in Einklang steht.

    Der zweite Punkt hat sich für mich bestätigt, der erste nicht!

    Gott ist nicht der Strafende, der uns raushalten will, sondern der liebende, der jeden erretten will, der das zulässt und Sein Gnadengeschenk annimmt!

    Es war also nicht notwendig, meinen Glauben an Gott wegzuschmeißen oder das Leben in der Kirchengemeinschaft, sondern ich mußte mich von falschen Traditionen trennen!

    Ähnlich ist das auch mit zwischenmenschlichen Beziehungen.In unserer mittlerweile 20jährigen Ehe sind wir immer wieder an den Punkt gekommen, wo wir hinterfragen mußten, ob wir weiterhin zusammenleben wollten - und warum!

    Auch hier, beim liebgewonnen Wesen, geht es darum, festzustellen, was gut ist und was nicht und dann zu überprüfen, ob das, was schlecht ist, wesentlich und daher nicht veränderbar ist, oder nicht. Wenn es nicht wesentlich ist, wird es geändert. Nur, wenn das, was schlecht ist, wesentlich ist, nur dann muß man sich von dem Wesen trennen. Nimm zum Beispiel einen Hund. Wenn Du gegen Hunde allergisch bist in einer Weise, die nicht behandelbar ist, dann mußt Du Dich vom Hund trennen. Wenn der Hund jedoch "nur" neurotisch ist, dann ab zum Hundepsychiater und in die Hundeschule.

    Bei Dingen ist es irgendwie einfacher. Warum ist dieses Ding für mich wertvoll? Was macht den Wert für mich aus? Bekomme ich eventuell etwas dafür, das gleich wertvoll oder wertvoller ist? Helfe ich wem anderen damit, und ist mir die Freude über die Hilfe vielleicht wertvoller, als der Gegenstand?

    Es geht also darum, der Sache auf den Grund zu gehen und als ganzer Mensch, mit Verstand und Emotion, zu entscheiden, wie viel man weggeben und wieviel und was man behalten kann.

    Durch die damit verbundene rational/emotionale Beschäftigung mit dem Thema werden aber nicht nur Lösungswege aufgezeigt, sondern der Schmerz auch reduziert.

    Schwieriger ist die Sache, wenn man nicht selbst entscheiden kann. Wenn einem etwas oder jemand weggenommen wurde, zum Beispiel ein geliebter Mensch durch den Tod. In diesem Fall ist es das grundlegende Glaubensgerüst, die Weltanschauung, die tragfähig genug sein muß, um den Schmerz zu verkraften, zusammen mit einem guten Netzwerk and Freunden.

  • keks
    Lv 7
    vor 10 Jahren

    ..ich habe auch erfahren, dass die Dinge, die jahrelang "gut" und wichtig für mich waren, auch nur deshalb "gut" waren, weil ich sie nie hinterfragt habe.

    Das zieht einem auch den Boden weg und man klammert sich immer an dieses "..aber es war doch gut..", weil man sich von diesem Trugbild nicht lösen kann.

    Was hilft in solchen Situationen? Manchmal hilft ein trotziges "Dann eben nicht!!!", manchmal ein nachdenkliches "warum hab ich das mit mir machen lassen?", um dann seine Lebensweichen anders zu stellen....

    Und zwar nach vorn, denn das Zurück ist kein Fortschritt.

    Gespräche und Unterstützung durch liebe Menschen hilft da ungemein

    .

    .

  • ?
    Lv 7
    vor 10 Jahren

    So geht es wohl vielen Menschen im Laufe ihres Lebens.

    Knallharte Antwort: neuen Bezugspunkt suchen, sich Neuem öffnen, sich neu orientieren. Nicht an Verlorenem festhalten; es quält nur. Nichts im Leben eines Menschen bleibt je, wie es war. Schau dir unsere persönliche Entwicklung an: wir verlieren die Kindheit, die Jugend, das Erwachsensein - am Ende unser Leben.

    "Und jedem neuen Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben" (Hermann Hesse).

  • Anonym
    vor 10 Jahren

    Bleibt die Karawane des Lebens stehen, wenn es nicht nach Deinem Wunschdenken geht?

    Akzeptiere: Dein Leben ist ein lebenslanger Lernprozess, bis zu Deinem letzten Atemzug.

    Setze Dir Hauptziele, die Du über selbst terminierte Teil-ziele erreichst.

    Nimm Dein Leben, wie eine Wundertüte, das was Du gerade rausholst,

    daraus mache das Beste und lege es weg bei Desinteresse.

    Loslassen will gelernt sein.

    Nach vorne streben, was hinter Dir liegt los-lassen.

    Wer will Bereitschaft erzwingen?

    Vergangenheit läßt sich nicht gestalten - mit hellwachem Verstand Deine Gegenwart.

    Was ist so beständig, wie die Veränderung?

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  • vor 10 Jahren

    Bei mir muß das alles raus. Ich weine wie ein Baby. Ich kann eine Stunde lang unter der Dusche stehen und einfach nur heulen. Es gibt überhaupt keinen Rettungsplan ich muß da einfach durch. Wenn ich mich im wahrsten Sinn des Wortes "ausgeheult" habe, fühle ich mich leicht und befreit und kann meist nach vorne schauen.

    Felix hat den Nagel auf den Kopf getroffen ! Loslassen ! Aufstehen ! Weitermachen !

    Ich hab trotz dem ganzen geheule "a bulletproof soul" !

  • vor 10 Jahren

    Ich habe mal geglaubt, man könne die Welt retten, und war eins mit vielen Menschen auf der ganzen Welt.

    Aber die Fatamorgana ist in Nichts zerfallen. Vieles, was verschwiegen wurde, wurde aufgedeckt.

    Es war eine schwere Wunde in meiner Seele.

    Aber wenn man mal erkannt hat, dass es bessere Wege gibt, die Welt zu retten, dann muss man sich wohl überzeugen lassen.

    Quelle(n): mein Erleben
  • vor 10 Jahren

    Es gibt nur eine Möglichkeit: Du musst dein Leben einfach akzeptieren! Ich habe meinen Finanzen, meine Arbeitsfähigkeit, meine Sozialen Fähigkeiten, meine körperliche Gesundheit, die möglichkeit ein Fahrzeug zu besitzen und meine gesamte körperliche Leistungsfähigkeit verloren, weil ich ausgebrannt bin und mein Wille gebrochen wurde. Ich habe nichts mehr wofür es sich zu leben lohnt, also habe ich meine genetische Unfähigkeit einfach akzeptiert. Entweder du versuchst dein ganzes Leben etwas zurück zu holen das für immer weg ist, und zerbrichst daran oder du akzeptierst dein Leben und die Tatsache, das du sämtliche grundlegendene körperliche, geistige und psychische Fähigkeiten verlieren kannst. Irgendwann musst du einfach einsehen, das es nicht mehr besser sondern nur noch schlimmer werden kann. Lerne das, oder du wirst am leben zerbrechen.

    Quelle(n): Meine Krankheits- und (leider) Lebenserfahrung.
  • vor 10 Jahren

    Erzähl jemanden davon, geteilter Schmerz ist halber Schmerz. Menschen neigen zum Verdrängen, weil es einfacher ist. Aber das ist wie mit dem Aufschieben, irgendwann muss man es machen. Und bisdahin hat man noch ein schlechtes Gewissen weil man es nicht gemacht hat.

  • vor 10 Jahren

    Verlustschmerz entsteht durch Anhänglichkeit, verstehst du? Die Bindung an etwas nimmt dir die Freiheit. Die Bindung zu überwinden geht durch den Intellekt. Er entscheidet, ob etwas richtig, daß heißt, für dich zum Wohle ist, oder ob es dir nicht gut tut daran festzuhalten. Sprich mit ihm und analisiere das für und wider dieser geistigen Bindung; dann ändere oder sie und laß los!

    In so einem Falle würde ich erkennen, daß mein Leben ein ständiger Lernprozes ist und ich gerade die Chance habe, "loslassen" zu lernen/zu üben - loszulassen, was für mich nicht mehr richtig und wichtig ist. Und Rückzug ohne Verwandlung des Selbst, bedeutet ein Festhalten an alte Gedanken- oder Verhaltensmuster.

    Ein interessantes Thema, nicht wahr? Ich könnte viel dazu sagen.......

    Liebe Grüße Herkamann

    Quelle(n): das Selbst
  • vor 10 Jahren

    Mit weltanschaulichen Veränderungen kann ich noch am besten umgehen. Durch meinen wissenschaftlichen Hintergrund bin ich gewohnt, dass eine These immer nur so lange gilt, bis eine bessere gefunden wird - anders als bei religiösen Weltanschauungen, wo unumstößliche Dogmen herrschen. Der Verlust einer geliebten Theorie wird durch den Gewinn neuer Erkenntnisse aufgewogen. Meine Neugier hilft dabei.

    Dafür habe ich allerdings nicht den Trost des Glaubens an Unsterblichkeit in einem außerirdischen Paradies. Der Schmerz um den Verlust eines geliebten Menschen ist daher vielleicht nachhaltiger. Ich versuche dann, mit denjenigen die mir noch verlieben sind, etwas näher zusammen zu rücken, weil mir Kostbarkeit und Endlichkeit menschlicher Beziehungen besonders krass deutlich werden. Auch neuen Beziehungen gegenüber werde ich etwas aufgeschlossener.

    Wenn es um Dinge geht, versuche ich erst einmal, darum zu kämpfen. Wenn das nicht geht, versuche ich Ersatz zu beschaffen, bzw. eine Entschädigung zu bekommen. Dann bin ich erst einmal so damit beschäftigt, dass ich Traurigkeit/Ärger/Wut abarbeiten kann. Ansonsten hilft es nur loszulassen. Mal rausgehen ein Bier trinken.

    Ich finde es völlig in Ordnung, sich zurück zu ziehen wenn einem danach ist. Manchmal braucht man es, sich die Bettdecke über den Kopf zu ziehen. Wichtig ist, dass man sich irgendwann einmal wieder rappelt, tief durchatmet und weiter macht. Und auch du wirst das schaffen!

    Nachtrag:

    Es ist auch gut, oft mit verschiedenen Menschen darüber zu reden. Irgendwann stellt sich dann eine gewisse "Müdigkeit" ein und man will wieder mal etwas anderes hören. Dann gib sofort Input: Museumsbesuche, Diskussionsabende oder irgendetwas, das dich interessieren könnte.

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