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Europa der Armut und der Maximalprofite?

Ich bin ja nun einmal in einem Beruf, in dem es sehr viel Bewegung gibt. Also ich heute nachmittag an einer Großtankstelle in Luxemburg stand, waren um mich herum Lkw aller möglichen Speditionen mit überwiegend deutschen und französischen Kennzeichen. Allerdings war ich weit und breit der einzige deutsche Fahrer, ebenso war kein Wort französisch zu hören, sämtliche Fahrzeuge waren mit Osteuropäern besetzt. Ich bitte darum, nicht missverstanden zu werden, ich sehe mich weder als europa- noch als fremdenfeindlich, aber hier nimmt eine Entwicklung ihren Lauf, die mir zunehmend unheimlich wird. Die Kollegen aus Osteuropa werden extrem schlecht bezahlt, was zur Folge hat, dass sie gleichzeitig als Lohndrücker für die Westeuropäer missbraucht werden, sofern es überhaupt zu einer Angleichung kommt, dann doch wohl eher nach unten.

Läuft hier nicht was grundlegend falsch?

Opel - von uns allen tapfer gestützt, hat doch erstmal seinen deutschen Gebietsspediteur rausgeschmissen, der daraufhin pleiteging, nicht ohne, dass dessen Fahrer die osteuropäischen Kollegen einer holländischen (und folglich sehr viel billigeren) Spedition anlernen durften. Es geht mir nicht darum, auf Besonderheiten im Speditionsgewerbe aufmerksam zu machen, diese Probleme gibt es sicherlich auch anderswo, ich nahm mir nur als Beispiel, was ich natürlich kenne.

Aber wie kann man sich einer solchen Entwicklung entgegenstemmen, ohne gleich in Nationalismus und Protektionismus zu verfallen?

Bleiben wir nicht sonst eines Tages alle auf der Strecke - bis auf die, die sich an dieser Art Ausbeutung dumm und dämlich verdient haben?

Und dann?

10 Antworten

Bewertung
  • willou
    Lv 7
    vor 1 Jahrzehnt
    Beste Antwort

    Zunächst mal möchte ich gerne stellvertretend für jene

    User, die Deinen intelligenten Fragen häufiger be-

    gegnen, betonen, dass gerade Du nicht missverstanden

    werden darfst ... und unverdächtig bist in Bezug auf

    jegliche Diskriminierungsgedanken ...

    Nein - gerade weil Du eine Sicht in YC reinbringst ..

    Sichtweisen und Erfahrungen, die wir anderen in

    YC nicht haben, bin ich froh über solche Fragen mit

    umfangreichen Details .... die Entwicklungen be-

    leuchten, die sonst im Alltag nicht immer zu

    beobachten sind. Dafür gebührt Dir ein Dankeschön ...

    dieses sei hier einmal ausgesprochen.

    Und tatsächlich bringt es Deine Eingangsfrage schon

    auf den Punkt. Das Fragezeichen kann ersetzt werden

    durch ein klares und nachdrückliches Ausrufezeichen !!

    Ja - wir leben stark zunehmend in einem Europa der

    Armut an "den Rändern" der Gesellschaft

    und der einseitigen Ausrichtung auf Maximal-

    profite.

    Und die zu befürchtende schwarz-gelbe Mehrheit

    am 27.09. wird diese Entwicklung noch stark weiter

    puschen - und aus der Sicht von Volkswissen-

    schaftlern, die NICHT von industrienahen Kreisen

    alimentiert werden, ist das eine wirklich schlimme

    Entwicklung.

    Im Augenblick scheint es nur noch die Frage zu sein,

    wann die ständig Abwärtstendenz in puncto so-

    zialer Gerechtigkeit den Punkt erreichen wird,

    wo nicht mehr nur noch in Frankreich Vorstädte

    brennen.

    Noch erscheint dieses Szenario in weiter Ferne -

    wenn ich jedoch die Rhetorik der neoliberalen

    Kräfte in FDP und Christ(?)demokraten analysiere,

    lässt sich nicht mehr übersehen, dass die

    von den Neoliberalen gewollte und akzeptierte

    soziale Kälte stark um sich greifen wird.

    Was Du in Luxemburg in Deinem Gewerbe mit

    wachem Blick beobachtest lässt sich auf vor

    allem in traditionellen Wirtschaftsbereichen

    seit Jahren zunehmend beobachten.

    Und wie rücksichtslos Menschen durch Leiharbeit

    und andere Lohndrückermaßnahmen in Hunger-

    löhne zum alleinigen Wohl profitgieriger Profiteure

    gedrängt werden sollen, beweist sich in der

    erklärten neoliberalen Absicht, Hartz-IV-Sätze

    so weit nach unten zu verschieben, wie es

    eben noch geht. LEIDER unter dem Beifall

    von Menschen die arbeiten und einfach

    nicht verstehen wollen, dass diese rigiden

    Maßnahmen gegen angebliche "Schmarotzer"

    ausschließlich dem einen einzigen Zweck

    dienen, ihre eigene Erwerbseinkommen

    nach unten zu drücken.

    Wer heute als arbeitender Mensch fordert, dass

    Mill. Kinder in Hartz-IV-Bezug genauso wie

    Hunderttausende alleinerziehender Frauen

    und behinderter Menschen NOCH WENIGER

    Sozialleistungen bekommen sollen, legt damit

    den Grundstein dafür, schon sehr bald selbst

    immer weniger zu verdienen resp. ganz sicher

    NICHT an wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklungen

    mitzuverdienen.

    Schwer zu durchschauen - aber genau darauf

    setzen die starken Lobbyisten-Unterstützer

    in FDP und CDU und rechter SPD.

  • Anonym
    vor 1 Jahrzehnt

    Willkommen im Marktwirtschaftlichen Kapitalismus. Der Mensch zählt nicht nur das Kapital!

  • Anonym
    vor 1 Jahrzehnt

    Es gibt viele Subunternehmen, die ihren Sitz in Polen haben und hier in Deutschland eingesetzt werden. Der Chef ist meistens sogar Deutscher. Die Arbeiten werden natürlich wesentlich günstiger angeboten als die Arbeiten deutscher Firmen. Schon vor der Aufnahme Polens in die EU sind die ersten Deutschen nach Polen um Firmen zu gründen. Diese Entwicklung hat mich nicht gewundert.

  • Anonym
    vor 1 Jahrzehnt

    Ich sehe das ähnlich wie "Schleier des Nichtwissens". Langfristig werden sich die Bedingungen global betrachtet angleichen. In den Staaten, die wirtschaftlich jetzt stark wachsen (insbesondere durch die Auslagerung vieler arbeitsintensiver Tätigkeiten), wird sich das Lohnniveau früher oder später anheben. Einige Länder haben diesen Prozess schon durchlaufen, in anderen hat er gerade erst begonnen.

    Zu der Überschrift der Frage fällt mir allerdings auf, dass man dort "Europa" sehr gut auch durch "Indien" ersetzen könnte. Dort sind die Verhältnisse noch extremer - ein großer Teil der Bevölkerung lebt in völliger Armut, aber drei Bewohner des Landes stehen unter den Top Ten in der Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt.

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  • vor 1 Jahrzehnt

    Bin da kein Experte, daher sind meine zudem eher grundsätzlichen Überlegungen mit Vorsicht zu genießen.

    Ich würde zwischen auslagerbarer und nicht-auslagerbarer Arbeit unterscheiden.

    1. Auslagerbare Arbeit ist das Krabbenpuhlen (was in anderen Ländern geschieht, wovon übrigens wiederum die Logistik-Branche profitiert), die Produktion von Autos, Spielzeug und Bekleidung etc.

    Da sehe ich folgenden Trend:

    Ursprünglich wurden die meisten Autos in westlichen Ländern gebaut.

    Dann kamen die Japaner und machten es billiger. Mit der Zeit stiegen jedoch Fähigkeiten, Entlohnung und Forderungen der Arbeitenden, weswegen die japanischen Autos teurer wurden.

    Dann kamen die Koreaner und machten es billiger. Mit der Zeit stiegen jedoch....

    Dann kamen die Inder und Chinesen und machten es billiger ...

    Fazit: Auch wenn die aktuell Arbeitenden von diesen Dynamiken betroffen sind, langfristig werden die Arbeitsbedingungen und Löhne der nachkommenden Länder steigen. Daher denke ich, dass es keine Abwärtsspirale gibt, sondern eine beidseitige Angleichung.

    Und in der Automobilbranche haben sich zumindest einige westliche Firmen halten können, trotz des Preiskrieges. Woher kommt Dein Sattelschlepper?

    2. Die nicht-auslagerbare Arbeit: Egal ob die Friseure, Floristen oder Discounter-Kassierer: Diese Arbeit kann nicht z. B. durch Osteuropäer geleistet werden. Dennoch sind das Jobs, die oftmals nicht zum Leben reichen, sondern bezuschusst werden müssen.

    Daher bin ich mir nicht sicher, ob die eigentliche Ursache dieser Probleme nicht woanders liegt und die Ost-Erweiterung nur eine verstärkende Rolle spielt.

    Aber wie gesagt: Bin kein Volkswirt. Kann da völlig falsch liegen.

    Gruß

  • Finis
    Lv 7
    vor 1 Jahrzehnt

    Das was du schreibst, ist mir sehr bekannt. Wahrscheinlich gibt es gleiche Probleme bei der Seefahrt. Sehr schlimm dabei ist noch, mit welchen "Schrottlauben" die Fahrer auf Reise geschickt werden.

    Oft wurden aus meiner zweiten Heimat (Russland) bestimmte Waren zu meiner deutschen Firma transportiert, die LKW samt Fahrer waren meist aus Weißrussland. Du glaubst nicht, wie oft ich vom Empfänger angerufen wurde, weil die Karren entweder von der Polizei blockiert wurden oder so defekt waren, dass sie entladen werden mussten. Da die Fahrer durchweg nicht deutsch oder englisch sprachen, musste ich dann über 2000 km Entfernung hinweg noch den Dolmetscher am Telefon spielen nicht nur für meine Firma, sondern auch für die Polizei manchmal schlichtend eingreifen.

    Es hat auch Sachen gegeben, dass dem Fahrer die Fahrberechtigung für Deutschland entzogen wurde - der musste dann von einem Kollegen abgeholt werden. Ich sehe hier eine totale Wettbewerbsverzerrung, habe aber leider auch kein Patentrezept.

    Übrigens ... einer meiner weitläufigen Verwandten besitzt auch eine kleine Spedition, bei ihm sind nur Fahrer aus einem östlichen EU - Land beschäftigt, ansonsten wäre er angeblich insolvent.

  • vor 1 Jahrzehnt

    Wir zahlen in Deutschland sehr hohe Abgaben (KV,RV,PV) und Steuern aller Art. Das ist in anderen Länden nicht so viel oder einfacher geregelt.(Slowakei 19 % auf Alles) Ausserdem haben die dort geringere Lebenhaltungskosten und niedrigere Ansprüche. Deshalb können Sie manche Leistung billiger anbieten. Du warts ja auch in Luxenburg tanken um zu sparen. Speziell in Deutschland ist es auch so das die Arbeitgeber, als Gesamtheit, ihrer sozialen Verantwortung nicht mehr nachkommen und z.B. Hartz IV als Lohnsubvention missbrauchen. Das Ergebnis ist auch die höhere Staatsverschuldung.

  • vor 1 Jahrzehnt

    Wer sich bei der REKORD-Gewinnermittlung verspekuliert hat, kann das in Ruhe tun. Vater Staat füllt die Lücken.... Steuerzahler und Wähler sind die beste Rückversicherung für Wirtschaftrkriminelle.

  • Anonym
    vor 1 Jahrzehnt

    ...da hilft nur:

    ...gleiches geld für gleiche arbeit für alle....

    ...ist doch ganz einfach, oder....??

  • vor 1 Jahrzehnt

    Eine Angleichung erfolgt immer von "oben" nach "unten". Auch wenn das gewisse politische Parteien anders versprechen: Die "Reichen" haben weniger, aber die Armen nicht mehr ...

    Willkommen in der "Geiz ist Geil" Mentalität.

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