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paradox fragte in Politik & VerwaltungPolitik · vor 1 Jahrzehnt

Steckt in den Menschen - zumindest in sehr vielen - eine grundsätzliche Sehnsucht nach der Diktatur?

Den Eindruck gewinne ich zumindest, wenn ich lese, mit welch abfälligem Unterton das Wort "Demokratie" von so vielen benutzt wird, oder mit welchem Eifer ständig nach einem starken Staat, der alles und jedes mit Gesetzen regeln soll. Ich bekomme ihn aber auch, wenn ich sehe, wie (eigentlich demokratische) Politiker wie Schäuble die sogenannten olympischen Spiele in Peking loben, ohne auf Umstände einzugehen, wie etwa im Umfeld dieser Spiele Menschen "verschwanden".

Ist das so? Wunsch nach Diktatur auf allen Seiten?

Update:

Da fehlt ein Wort, es soll natürlich heißen: "ständig nach einem starken Staat gerufen wird"

20 Antworten

Bewertung
  • Anonym
    vor 1 Jahrzehnt
    Beste Antwort

    Nein, ich glaube nicht, dass es hierzulande eine grundsätzliche / allgemeine Sehnsucht nach "Diktatur" gibt, sicher aber eines nach Ordnung und Stabilität. Diejenigen, die so laut nach einem starken Staat und straffer Führung rufen, werden vermutlich sehr schnell leise, wenn man ihnen die Gelegenheit gäbe, mal am eigenen Leib zu erfahren, wie es ist, selbst in einem solchen Staat zu leben - insbesondere dann, wenn dieser starke Staat gegen sie z.B. wegen einer abweichenden Meinung, Zugehörigkeit zur falschen Volksgruppe oder auch nur wegen eines Verdachtes vorgeht. Wer es vorzieht, statt eines konsensbasierten Systems lieber der Willkür eines Diktators, Monarchen oder Tyrannen ausgeliefert zu sein, beweist bestenfalls, dass er in Geschichte vermutlich mehrheitlich geschlafen hat.

    Das Phänomen dieses "Führer-/Führungswunsches" innerhalb von Demokratien ist uralt - ähnliches konnte man schon in den frühesten Demokratien z.B. im antiken Griechenland kurz nach ihrer Entstehung beobachten. Wenn das Wissen um, der direkte Vergleich mit diktatorischen Systemen fehlt - dazu reichen mitunter bereits zwei Generationen -, kann man die Demokratie leicht als zu schwach, zu führungslos oder als Regierungsform der dummen Masse schmähen. "Demokratie als Diktat der Mehrheit" einer reinen Utopie im Stile von Morus oder Ghandi gegenüberzustellen fällt in eben dieses Schema, wenngleich auf intellektuell etwas höhrem Niveau (zumal Ghandi mehr auf den Menschen / das pers. moralische Verhalten als denn auf die Staats- oder Systemtheorie abzielte - im Gegensatz z.B. zu Nehru). Ein Maximum persönlicher Freiheit im Sinne eines anarchischen Systems ist in einem Gemeinwesen faktisch nur auf Kosten der Freiheiten anderer Individuen zu erreichen, wenn kein hinreichendes Maß moralischer Integrität aller Individuen erreicht ist. Und: Alle Versuche, eine Regierungsform der Besten / Weisesten etc. auf Staatsebene einzuführen, sind in der Geschichte grandios gescheitert, weil "Weisheit" oder "Sachkenntnis" keine Garanten für Integrität sind und das, was rational am besten scheint, weder Unterdrückung / Unfreiheit noch Ungerechtigkeit ausschließt. Zumal solche "Eliten" gerne dazu neigen, sich selbst als Elite zu definieren - ein Witz in sich, der aus Standesdünkel, Überheblichkeit und Dummheit geboren ist.

    Wer seine persönliche Freiheit hierzulande durch das polit. System als zu sehr beschränkt ansieht, wird von niemandem - auch vom Staat nicht - daran gehindert, sich anderswo auszuleben: noch ein feiner Unterschied zu hinlänglich bekannten Systemen mit straffer Führung.

    Ich habe schon genug Leute kennengelernt, die keine Gelegenheit auslassen, über die "Deppen da oben" zu schimpfen, aber kein einziger von denen ist bereit, sein eigenes Leben in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen und wirklich aktiv daran mitzuarbeiten, unser politisches System zu verbessern. Dass gerade hierzulande viele nach eigener Meinung bessere Fussballtrainer, Schiedsrichter, Medienmacher, Innenminister, Richter, Manager, Staatsökonomen etc. sind, ist hinlänglich bekannt - und es ist evtl. für die Allgemeinheit ganz gut, dass solche kaum je Gelegenheit haben, ihr selbst vermutetetes "Bessersein" jemals wirklich unter Beweis stellen zu müssen.

    Das andere von Dir beschriebene Phänomen hat m.E. mit Demokratie nicht viel zu tun, sondern ist eine Frage der sog. 'politicial correctness' und auch des persönlichen Anstandes eines Politikers. Der Westen und auch unser Land hat fraglos ein dezidiertes wirtschaftliches Interesse an China - massive Systemkritik von Seiten eines Regierungsmitgliedes ist vor diesem Hintergrund weder erwünscht (Regierung, Partei, Lobbies / Verbände etc.) noch zu erwarten, aber um so positiver, wenn sie denn als persönliche Stellungnahme abgegeben wird. Was mich da mehr stutzig macht, ist das beredte Schweigen seitens einiger Poltiker jenseits der in der Regierung aktiven, die sonst so gerne als Ritter der Demokratie und Freiheit unterwegs sind.

    Quelle(n): Eigene & freie Meinung
  • vor 1 Jahrzehnt

    Die Mehrheit der Leute wünscht klare Vorgaben, was ihre Pflichten anbelangt und eine gewisse Freiheit in der Gestaltung ihrer Freizeit.

    Jede Gesellschaft hat übergeordnete Interessen und diese müssen, notfalls auch gegen die Mehrheit, durchgesetzt werden.

    Das ist auch bei uns so.

    Wenn z.B. ein Flughafen erweitert werden soll, kann enteignet werden, egal, wie viele Leute sich beschweren.

    So eine "Demokratie" wie unsere lässt durch Wahlen auch nur die Möglichkeit zu, sich grob für bestimmte Gesellschaftsentwürfe zu entscheiden. Wobei die sich auch nicht wirklich gravierend unterscheiden.

    Die Freiheit ist immer eine fiktive, denn sie ist die Möglichkeit sich zwischen Alternativen zu entscheiden.

    Freie Entwürfe gehen nur dann durch, wenn sie sich mit dem gesellschaftlichen Grundkonsens vereinbaren lassen.

    Dazu werden die Möglichkeiten noch durch Abstammung, Bildung und individuelle Befähigung beschränkt.

    Die breite Mehrheit ist doch gar nicht in der Lage mit Freiheit umzugehen. Denen genügt es zwischen 50 Automodellen und 2500 Biersorten auswählen zu können, um sich frei zu fühlen.

    Du bist doch auch froh, wenn dein Chef dir eine Ladeadresse gibt, statt zu sagen:"Fahr mal nach Italien und schau, was du an Gemüse günstig holen kannst."

    Und die Chinesen haben sich sehr schnell entwickelt und sie schreiten schneller voran, als wir.

    Schau dir doch mal Bilder an, wie es in China ausgesehen hat, Anfang des letzten Jahrhunderts und wie es jetzt dort ist.

    Denen geht es heute eindeutig besser.

    Deutschland hat auch lange gebraucht die Kaiser und die Nazis abzuschütteln und jetzt haben wir immer noch die Amis an der Backe und stehen im Krieg mit Afghanistan, wo uns keiner was getan hat von denen.

    Warum soll der Staat nicht stark sein, wenn wir den Staat als unser Gemeinwesen verstehen?

  • Ich glaube schon, dass sich die sogenannte " breite Masse " nach Führung und Abwälzung von Eigenverantwortung sehnt.

    Die Gefahr liegt in der Bequemlichkeit und der mangelnden Bildung.

  • vor 1 Jahrzehnt

    sicher, die "starke vaterfigur, beschutzer, entscheider, verfasser der regeln und nicht zuletzt raecher der unterdrueckten" ist einer der maechtigsten archtypen in der menschlichen denkstruktur. nicht umsonst haben religionen mit "diktatorischen" goettern die meisten anhaenger.

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  • Anonym
    vor 1 Jahrzehnt

    Wir leben hier schon lange in einer Diktatur der Politiker,Verbote ueber Verbote,nur merkt es anscheinend keiner.Das Volk ist hier doch nur geduldet solange es Steuern an diesen modernen Raubrittern zahlt.

    Hier fehlt jemand der ueber diese Politiker steht.Dann erst wird diese verdunkelte Diktatur wach werden.

    Quelle(n): w
  • vor 1 Jahrzehnt

    Was ist der Bürger 'Verdinand' doch für ein kluges Kerlchen! Mehr bleibt mir nicht zu sagen, denn alles weitere käme einem Plagiat gleich... (Nein, wenn ich ganz ehrlich bin - so gut meine Gedanken auszudrücken hätte ich selber nicht vermocht! Alle Daumen hoch für Dich, 'Verdinand' ...) Ich beschränke mich also mal auf's Trittbrett-Fahren.

    .

  • vor 1 Jahrzehnt

    Grundsätzlich ist der Mensch nie zufrieden, mit welcher politischen Richtung er sich auch auseinandersetzen muss. Als das römische Reich florierte, und es den Menschen eigentlich gut ging gab es Aufstände und das Reich wurde zerstört. In jeder politischen Kultur gibt es Befürworter und Gegner. In einer Diktatur hat der Mensch einen gewissen Halt und muss keine eigenen Entscheidungen treffen. Wir in der Schweiz leben in einer sehr offenen Föderation. Persönlich finde ich es die beste politische Richtung, weil der Bürger noch sehr viele Möglichkeiten hat, selber Initiative zu übernehmen. Je weiter weg sich die Politiker vom richtigen Bürger wegbewegen (zum Beispiel EU-Parlament Brüssel) desto weniger können sie die Sorgen und Nöte eines Bürgers verstehen. Das gleiche gilt für eine Diktatur, die an und für sich nichts schlechtes wäre, aber eben meist sehr selbstherrlich vom Regierenden aus.

  • Klaus
    Lv 7
    vor 1 Jahrzehnt

    Wer wünscht sich schon einen schwachen Staat oder eine zerstrittene Führung? Trotzdem ist die Demokratie immer noch die beste Staatsform aller bekannten Staatsformen.

  • Anonym
    vor 1 Jahrzehnt

    also Wunsch nach Diktatur besteht in Deutschland in der überwiegenden Mehrheit ganz sicher nicht, schon aufgrund geshcichtl. erfahrungen.

    generel auf menschen war die frage:

    schon aristoteles hat ja die menschen unterteilt, in welche die herrschen und welche die beherrscht werden (wollen). Ich denke so im Inneren eines jedes Menschen ist vllt nicht die sehnsucht, aber der wunsch geführt zu werden. das ist bequem und schafft ein sicherheitsgefühl. je nachdem von wem man geführt wird, muss das nicht immer schlecht sein. aber bezogen auf die politik kann es natürlich nicht richtig sein. der ursprüngliche sinn der demokratie ist ja volksherrschaft. jeder beteiligt sich an der politik und es entsteht der mehrheitl. wille des volkes. das verlangt natürlich initiative und z.T. arbeit.

    es ist so, dass ein großer teil der menschen einfach unpolitisch bzw. politisch nicht interessiert ist. dieser teil kann dazu neigen, dass die politischen entscheidungen von jemand anders entschieden werden.

    dabei ist das minimum an beteiligung, nur die beteiligung an der wahl. aber selbst das ist ja vielen noch zu viel. wenn sie gegen die politik protestieren wollen, koennen sie kleine nicht-radikale parteien wählen. ansonsten nützt nicht wahl nur den großen parteien.

    p.s.: ein Staat, der mit gesetzen alles regelt, ist fast immer das gegenteil einer diktatur. diktaturen kommen nämlich prima mit wenigen gesetzen aus bzw. brauchen gar keine.

  • vor 1 Jahrzehnt

    Auch wenn ich nicht Alles unterschreiben würde, was Onegreyo geschrieben hat, so ist es doch sehr durchdacht! Selten so differenzierte Statements gelesen: Besten Dank!

    Dieser Beitrag sollte Jeder und Viele andere auch noch lesen!

    Ein sehr guter Beitrag! Lob!

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