Wie soll Europa sich gegen den IS zur Wehr setzen? https://de.finance.yahoo.com/nachrichten/ex-is-geisel-warnt-bomben-135500411.html?

Musiker2015-12-05T16:26:57Z

Beste Antwort

Eines dürfte zunächst einmal klar sein: eine Patentlösung gibt es hier nicht. Das in dem von Dir genannten Artikel beschriebene Dilemma wiegt schwer: daß der Luftkrieg offenbar in hohem Maße die Zivilbevölkerung trifft, unter der sich die IS-Terroristen ja bewußt verschanzen, um sie als menschliche Schutzschilde zu mißbrauchen, und daß das der IS-Propaganda in die Hände arbeitet und unter der betroffenen Bevölkerung, die man vom IS befreien möchte, Haß und Verbitterung schürt - nicht gegen den IS, sondern gegen die Mächte, die den Luftkrieg führen.

Was fernerhin nachdenklich stimmt, ist, daß der Luftkrieg ja schon seit 14 Monaten geführt wird - die Einschätzungen darüber, was er bewirkt, gehen auseinander: manche sagen, die militärische Infrastruktur des IS sei geschwächt, und die jüngsten Terroranschläge in Paris und Beirut seien die Reaktion darauf, andere sagen, der massiv und mit großem Aufwand geführte Luftkrieg habe den IS bisher nicht entscheidend schwächen können. Die einzigen wirklichen Erfolge sind am Boden errungen worden, nicht von Assads Armee, die immer mehr zerbröselt und bisher im Übrigen auch weniger gegen den IS als viel mehr gegen andere Rebellen gekämpft hat, sondern vor allem von den Kurden. Unterstützt mit westlichen Waffen und von westlichen Militärberatern und irakisch-schiitischen Milizen. Und bekämpft vom NATO-Land Türkei, dessen Regierung insgeheim mit dem IS paktiert.

Die Geldströme der IS-Terroristen austrocknen? Das ist sicherlich ein richtiges und wichtiges Anliegen, das man nur unterstützen kann, von dem man aber wohl keine Wunder wird erwarten können, da es im Zeitalter der digitalen virtuellen Geldtransfers offenbar nur sehr bedingt möglich ist, diese Geldströme zu unterbinden. Alle Tanklastzüge, die sich auf dem vom IS beherrschten Gebiet bewegen, und alle Öl-Anlagen und Pipelines, die sich dort befinden und aus dem IS-Gebiet herausführen, auch die provisorischen und improvisierten, konsequent bombardieren und vernichten? Ja, natürlich, aber auch das wird sicherlich nur begrenzte Effekte haben und nur eine Maßnahme unter vielen sein können.

Den Salafismus und andere radikale Formen des Islam hierzulande verbieten und unter Strafe stellen, ausländische Salafisten und Haßprediger sofort ausweisen und solche mit deutscher Staatsbürgerschaft einsperren? Ja, unbedingt. Außerdem sollte man, nachdem selbst der Zentralrat der deutschen Muslime vor einer weiteren islamischen Zuwanderung gewarnt hat, endlich ernsthaft über deren Begrenzung bzw. Beendigung nachdenken, und das heißt auch: sich vom Trugbild der sogenannten "multikulturellen Gesellschaft" verabschieden. Nach den Terroranschlägen in Paris hat man der französischen Regierung vorgeworfen, zu wenig für die Integration der in den Zuwanderer-Ghettos lebenden Menschen getan zu haben. Nur - vielleicht ist es gar nicht möglich, sie vollständig zu integrieren und zu Franzosen zu machen? Fernerhin gibt es zu denken, daß ein Teil der Terroristen gar nicht aus asozialen Verhältnissen, sondern aus eher westlich orientierten muslimischen Elternhäusern stammt.

Wichtig wäre aber in jedem Fall auch, bei der Bekämpfung des Islamismus hierzulande nicht DEN Islam als solchen zu verteufeln, sondern das Einverständnis mit den gemäßigten, liberalen Muslimen zu suchen. Irgendein deutscher Politiker (ich weiß nicht mehr, wer) hat vor einiger Zeit gesagt, der Islamismus lasse sich nur im Bündnis mit dem Islam bekämpfen. Das scheint mir ein ganz kluger Satz zu sein. Eine Aufwertung des liberalen, aufgeklärten Islam hätte möglicherweise auch positive Rückwirkungen auf die Entwicklungen im arabisch-islamischen Raum, sicherlich nicht sofort, aber vielleicht doch mittelfristig.

Was nun den IS in Syrien und im Irak betrifft, so dürfte die Einschätzung zutreffen, daß ein Frieden mit dem IS nicht möglich ist, sondern die Vernichtung des IS eine Grundvoraussetzung dafür ist, daß dort jemals Friede werden kann. Richtig ist fernerhin, daß der IS nicht aus der Luft, sondern nur am Boden zu besiegen ist. Aber wer soll die Bodentruppen stellen? Westliche oder auch russische Truppen würden (abgesehen davon, daß dazu wohl weder westliche Staaten noch Rußland bereit sind) vermutlich mehr als Eroberer denn als Befreier empfunden. Eine von der internationalen Staatengemeinschaft aufgestellte und ausgerüstete kurdisch-arabische Befreiungsarmee? Die in die Kämpfe verwickelten regionalen Kriegsparteien sind untereinander genauso uneins wie die viel beschworene internationale Staatengemeinschaft gegen den IS.

Was für eine Idee sollte Kurden, Schiiten, Sunniten, Turkmenen, Jesiden und all die anderen Bevölkerungsgruppen, die es dort gibt, beseelen und einen (das gemeinsame Interesse am Niederringen des IS bestünde ja nur so lange, wie der IS als gemeinsamer Feind existiert)? Eine säkulare Idee, Religionsfreiheit für alle und Minderheitenschutz inbegriffen, basierend auf der Idee nationaler Selbstbestimmung für alle Völker der betroffenen Region? Das wäre aus meiner Sicht ein richtiger Ansatz - kann aber auf keinen Fall von uns aus aufgepfropft werden; vielmehr muß alles, was dort auf Dauer Bestand haben soll, auch dort entstehen und wachsen, wir können von uns aus nur Anregungen geben, denkbare Alternativen aufzeigen, wo die bisherigen Konzepte offenbar keine Lösungsansätze bieten, aber niemandem dort irgend etwas vorschreiben.

Zugleich muß uns jedoch klar sein, daß die Idee nationaler Selbstbestimmung manche Staatsgrenzen und im Zeitalter des Imperialismus von den europäischen Mächten geschaffenen Staaten in Frage stellte und man den geradezu zum Dogma erhobenen Leitsatz, daß alle bestehenden Staatsgrenzen sakrosankt seien, einer kritischen Überprüfung unterziehen müßte. Im Blick auf die Kurden, die im Krieg am Boden bisher stärktste und effektivste Kraft im Kampf gegen den IS, wird sich diese Frage vermutlich schon sehr bald stellen. Sie werden über Kurz oder Lang mit Nachdruck die ihnen seit 100 Jahren beharrlich verweigerte nationale Selbstbestimmung fordern - was die Türkei auch weiterhin um jeden Preis zu verhindern versuchen wird.

De facto ist der Irak schon weitgehend in drei staatlich-politische Einheiten zerfallen: eine schiitische, eine sunnitische und eine kurdische. Warum sollten nicht die Kurden in einem gemeinsamen kurdischen Staat leben, die sunnitischen Gebiete des Irak (der größte Teil des Irak ist schiitisch) mit Syrien zusammengehen (sofern sie das wünschen) und den Turkmenen, die sich der Türkei verbunden fühlen, freigestellt werden, sich dorthin zu orientieren? Das alles könnte, wie gesagt, nicht von uns inszeniert werden; aber andererseits sollten wir uns auch nicht darin verbeißen, daß alle bestehenden Staatsgrenzen um jeden Preis genauso erhalten bleiben müßten, wie sie sind.

Die Trennung der sunnitischen Gebiete des Irak von den schiitischen und möglicherweise ihre Vereinigung mit Syrien wäre zwar einerseits religiös-konfessioneller, nicht säkular-ethnischer Natur, allerdings stehen hinter der Feindschaft zwischen Sunniten und Schiiten im Irak wie auch in Syrien letztlich wiederum Stammesfehden. Denkbar wäre aber auch eine "große Lösung" im Sinne einer den Irak und Syrien umfassenden und den sunnitisch-schiitischen Gegensatz überspannenden arabischen Nationalidee. Solche Ideen hat es dort vor Jahrzehnten schon einmal gegeben, sie haben sich jedoch nicht durchsetzen können. Die Demokratie hat sich in Europa Hand in Hand mit den Nationalstaaten entwickelt - es gibt gute Gründe, anzunehmen, daß eine Nationbildung, die im Irak und in Syrien bisher weithin nicht stattgefunden hat, auch dort eine Grundvoraussetzung für eine dauerhafte demokratische Entwicklung ist.

Der Kampf gegen den IS könnte dafür vielleicht eine ähnliche Initialzündung sein wie seinerzeit für die Entwicklung des deutschen Nationalbewußtseins der Kampf gegen den Napoleonischen Imperialismus (wobei Napoleon in keiner Weise mit den IS-Bestien vergleichbar ist!). Und vielleicht können die Millionen Syrer, die sich zur Zeit als Flüchtlinge in Europa befinden und von denen die meisten am liebsten in ein Syrien ohne IS und Assad zurückkehren möchten, in ihrem Exil bei der Entwicklung einer solchen arabischen Nationalidee eine Schlüsselrolle spielen. DARIN - und nicht in einem Ausgleich des katastrophalen deutschen Geburtendefizits oder des viel beschworenen Fachkräftemangels in unserer Wirtschaft - könnte eine Chance ihrer derzeitigen Anwesenheit hier bei uns liegen.

Und noch etwas müßte eine arabische Nationalidee leisten: sie müßte auch auf die Menschen in den zur Zeit vom IS beherrschten Gebieten Ausstrahlungskraft gewinnen und für sie eine verlockende Perspektive und Vision sein, damit sie nicht den Eindruck haben, bei einem Sieg der Anti-IS-Koalition nur von einer Tyrannei unter eine andere zu geraten.

Nun könnte man einwenden: "Wozu solche Phantastereien? Solange das IS-Verbrechersyndikat die von ihm eroberten Gebiete beherrscht, sind das doch alles nur Luftschlösser!" Das ist einerseits richtig. Andererseits scheint mir der Kampf gegen den IS nicht zuletzt deshalb nicht voranzugehen, weil darüber, was eigentlich nach der Vernichtung des IS kommen soll, keinerlei Klarheit und Einigkeit herrscht.

Einer grundlegenden Überprüfung müßten auf jeden Fall auch die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu den Ländern unterzogen werden, die den IS mehr oder weniger verdeckt unterstützen, insbesondere Erdogans Türkei, Saudi-Arabien und bestimmte Golf-Staaten. Und warum sollte man nicht auch um eine deutliche Verbesserung der Beziehungen zum Iran bemüht sein? So problematisch das dortige Mullah-Regime auch ist: der barbarisch-reaktionäre Islam Saudi-Arabiens ist um nichts besser, und es gibt aus humanitären und moralischen Gesichtspunkten keinen einzigen guten Grund, im saudisch-iranischen Konkurrenzkampf am Persischen Golf einseitig für Saudi-Arabien Partei zu ergreifen.

savage2015-12-06T16:26:51Z

es geht nicht um stäbchen, sondern darum, sein volk zu schützen. man hätte alles schon viel früher erkennen und gleich mal im keim ersticken sollen, damit die terrorgruppen es nicht so leicht haben, denn momentan scheinen die uns ja zu veräppeln. ich sage das schon so lange, aber wurde immer nur ausgelacht, dass ich ´ne panikbraut bin, etc... jetzt, so ca.1 1/2 jahre später sagt das keiner mehr. und erstaunlicherweise sind auch albaner, türken, russen, die schon lange hier wohnen, einer meinung. zusammenhalten gegen den terror!

A2015-12-05T10:05:59Z

Ich glaube nicht dass man sich gegen den IS in dem Sinn zur Wehr setzen kann; vor allem nicht militärisch. Das einzige was man machen kann ist seine Finanzquellen auszutrocknen und Staaten um den IS zu stützen, die gegen den IS sind (Jordanien, Libanon, und so). Aber den IS zu zerstören, ich mag ihn zwar nicht aber solange kein stabiler Staat in Sicht ist wird das nicht viel bringen.

jossip2015-12-05T05:33:11Z

Da gäbe es schon Möglichkeiten...das darf man hier aufgrund jener bescheuerten political correctness nicht öffentlich sagen...

Aynar2015-12-05T05:14:44Z

أوروبا ليس لديها شاس auf deutsch Europa hat keine Chance...soll nicht bedeuten das ich diesen Wahnsinn beführte oder unterstütze aber die Antwort ist ganz einfach...Europa ist ich uneinig und das wird leider zu einer Niederlage führen,
Amerika wird der Gewinner sein.

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