Erinnerst du dich noch an das letzte Gedicht, das du gelesen und das dich wirklich berührt hat?
Womöglich gar gegen deinen Willen? Das, wie es so schön heißt, eine Saite in dir zum Klingen brachte?
Die Frage, die mich hierbei interessiert, ist, was es auslöste. War es Ruhe, war es plötzliche Erkenntnis, waren es Bilder, die zu einem Ganzen fügten, verstehen oder verstanden werden? Oder blankes Entsetzen, Empörung, Abgestoßensein?
(Zum besseren Verständnis hilft es mir, wenn mir Autor und Gedicht namentlich genannt wird, evtl. falls im Netz vorhanden, auch ein Link zum Nachlesen, weniger interessant wäre eine per copy and paste zusammengetragene Liste aller Lieblingsgedichte, oder was man so davon hält.)
2014-02-15T01:46:08Z
Vor allem, wenn die Liste ohne Erklärung bleibt, da diese Frage nicht zu einem Wer-kennt-mehr-Wettstreit ausarten soll...
2014-02-15T02:55:08Z
@Zeigefinger, ganz witzig, ja, aber berührend? Das musst du mir näher erklären.
Pandorra2014-02-15T02:13:12Z
Beste Antwort
Es gibt ein Gedicht, das mich auf ganz besondere Weise berührt hat und das zur richtigen Zeit. Ich bekam von einem Freund einen Gedichtband von Mascha Kaléko geschenkt. So manches Gedicht von ihr berührte mich, aber keines so sehr wie dieses:
Mein schönstes Gedicht, ich schrieb es nicht. Aus tiefsten Tiefen stieg es, ich schwieg es.
Was es in mir auslöste? Ruhe, tiefste Ruhe. Denn ich war in der Zeit ziemlich verbissen selber damit beschäftigt Reime zu Papier zu bringen. Manches gelang, anderes war einfach nur Mist und ich war innerlich ziemlich frustriert. Da waren sie doch die Worte, warum sahen sie auf dem Paier völlig anders aus, fühlten sich ganz anders an? Ich konnte es nicht begreifen. Als ich das Gedicht von Mascha Kaléko las, fielen ihre wenigen Worte sofort an den richtigen Platz. Sie befreiten mich vom auf-Teufel-komm-raus dichten. Die Erkenntnis, das so manches geschwiegene Wort mächtiger ist als ein Dutzend geschriebener, war übermächtig.
Es war ein Songtext. Ich bin das Gegenteil von sentimental, bin nicht wirklich ein Fan von Balladen und Liebeslieder mag ich überhaupt nicht. Und dann ging ich als Begleitung mit zu einem mir bis dahin völlig unbekannten Künstler und er trug u. a. dieses Lied vor: http://www.magistrix.de/lyrics/Stoppok/Ich-Wartete-278359.html Viele, viele Bilder aus meinem Leben fügen sich in diesem Lied zusammen, wie du es so schön ausdrückst. Sehr viele. Ich finde mich selbst, noch lebende und bereits verstorbene Menschen wieder.
Mein Name ist Tember, SEPP Tember2014-02-15T01:57:12Z
Ja, es ist von Nikolaus Lenau und heißt "Der Seelenkranke"
Was es auslöste, ist klar: ein Gefühl der Einsamkeit, des Verlassenseins, der Trauer, der Verzweiflung. Es ist schwer, nach solchen Gedichten das Positive wiederzubekommen. http://books.google.de/books?id=is06AAAAcAAJ&pg=PA142&lpg=PA142&dq=nikolaus+lenau+der+seelenkranke&source=bl&ots=ORHmVuohcF&sig=2F6aJFhV1RqDhDm-NZwtQT1g1Lw&hl=de&sa=X&ei=qjn_UpkXw620BpmdgJAK&ved=0CDoQ6AEwAw#v=onepage&q=nikolaus%20lenau%20der%20seelenkranke&f=false