Warum wissen viele Gläubige nicht, was mit "Theorie" im wissenschaftlichem Sprachgebrauch gemeint ist?
Wenn man durch die Kategorie "Religion & Spiritualität" blättert, fällt es einem jedenfalls immer wieder auf, dass immer wieder geschrieben wird, dies und das sei "nur eine Theorie", und das auch wenn es um eine wissenschaftliche Theorie geht, bei der die Bedeutung des Wortes "Theorie" vom normalen Gebrauch im Alltag abweicht. Meistens sind es offensichtlich tief Gläubige Menschen, die die Bedeutungen dieses Wortes durcheinander bringen. Warum ist das so?
Cicero2012-01-22T05:54:58Z
Beste Antwort
Also, dass es viele sind, wage ich zu bezweifeln.
Mal abgesehen von kreationistischen Fundamentalisten, die sich durch ihre Unkenntnis über die Bedeutung des Wortes Theorie im wissenschaftlichen Sinn eigentlich schon von vornherein selbst disqualifiert haben, an Diskussionen über wissenschaftliche Theorien wie die Evolutionstheorie teilzunehmen, ist den meisten Leuten, auch Gläubigen, sicher bekannt, dass Theorien im wissenschaftlichen Sinn zumindest auf Grundlage bisheriger Beobachtungen durchaus gesicherte Erkenntnisse darstellen.
Bibeltreue Fundamentalisten, die die Bibel für Gottes Wort und somit von vorne bis hinten ohne Ausnahme für absolut wahr halten (gilt analog natürlich auch für ebensolche Anhänger anderer Religionen), lehnen außerdem wissenschaftliche Erkenntnisse, die nicht mit dem Inhalt der Bibel vereinbar sind, sowieso von vornherein ab, weil sie eben die Bibel für vollständig wahr halten, inklusive des Schöpfungsmythos und ähnlicher Texte.
Eine Theorie ist ein vereinfachtes Bild eines Ausschnitts der Realität, der mit diesem Bild beschrieben und erklärt werden soll, um auf dieser Grundlage möglicherweise Prognosen zu machen und Handlungsempfehlungen zu geben. Jeder Theorie liegen mehr oder weniger deutlich ausformulierte Annahmen zugrunde. Es lassen sich Alltagstheorien und wissenschaftliche Theorien unterscheiden. Letztere unterscheiden sich von ersteren durch höheren Grad an Bewusstheit, ausdrückliche Formulierung, größeren Umfang und meist durch die Einbeziehung von systematischer Beobachtung, die der Prüfung der Theorien dient.
Als eine Theorie wird in der Wissenschaft solch eine Sache bezeichnet, die praktisch durchgeführt völlig bekloppt wäre, sich zunächst aber gar nicht so schlecht anhört. Der Definition nach ist sie also so etwas wie „Wissenschaftliche Fiktion“. Das passende Adjektiv zu Theorie lautet theoretisch und ist besonders bei Politikern, Atheisten und Wissenschaftlern beliebt.
Theoretisch lässt sich über die Existenz der Welt vortrefflich streiten, das ist jedoch selbst für Plato uninteressant, wenn gerade seine Gliedmaßen brennen. Anders ist es in der Theologie und bei der Existenz Gottes. Gott existiert nämlich weder als Placebo noch theoretisch, sondern immer dann, wenn die eigene Seele respektive der eigene Fettarsch in Gefahr ist.
„Theorie, das ist etwas, was es gar nicht gibt. Oder zumindest nur theoretisch.“ ~ Oscar Wilde über Theorie
Ich glaube, das ist eine Frage der Allgemeinbildung und keine einer Weltanschauung. Die >Urknall-Theorie< z.B. wird derzeit von einigen Wissenschaftlern stark angezweifelt.