Warum muss man erstmal mit sich selber glücklich sein?
Man hört ja in Deutschland immer wieder diesen Satz "Du musst erstmal selber mit dir glücklich sein, bevor du mit anderen...". Aber woher kommt diese Idee eigentlich? Hat das irgendwelche tiefgründigen philosophischen oder religiösen Hintergründe? Ich meine, es steht ja eigentlich im Wiederspruch zum christlichen Satz "Der Mensch soll nicht alleine sein.", den man auf Hochzeiten hört...
Die Folgen dieses "Man muss erstmal alleine glücklich sein" sind ja offensichtlich: Die Menschen in Deutschland heiraten erst mit 40 und kriegen erst mit 50 Kinder (um es mal etwas drastisch auszudrücken), und vorher waren sie damit beschäftigt "mit sich selber glücklich zu sein", will heißen: Studieren, lernen, Geld verdienen, Konsumgüter konsumieren, Hobbys haben, versuchen durch den Beruf Glück zu finden etc. Und danach sind diese Leute Ende 30 und jammern, dass sie so alleine sind und keinen Sinn im Leben haben.
Also: Warum sollen wir erstmal selber mit uns selber glücklich sein bevor wir mit anderen Menschen etwas machen? Welchen Sinn macht das?
Schleier des Nichtwissens2011-08-07T17:28:53Z
Beste Antwort
Du vermischt zwei Formulierungen:
1. Du musst mit Dir selbst glücklich sein. 2. Du musst allein glücklich sein.
Die zweite Formulierung mag die von Dir beschriebenen Probleme zeitigen: Einige Formen radikaler Selbstverwirklichung führen ins Leere.
Aber die erste Formulierung ist nach Ansicht vieler Menschen richtig und beachtenswert. Wenn Du in Dir ruhst und unabhängig bist, bist Du stabiler. Du kannst für Deine Familie ein Ruhepol sein, Du kannst Dich auf die Sorgen und Nöte, auf die Freuden und das Gemeinsame mit Deinem Partner oder Deinen Kindern einlassen, weil Du Dich nicht stetig mit Dir selbst auseinandersetzt. Einige Mütter können sich auf ihr Kind nicht einlassen, weil sie mit sich selbst hadern. Diese Selbstbeschäftigung verhindert das Entstehen der Liebe zum eigenen Kind.
Wer mit sich selbst im Reinen, also glücklich ist, muss nicht jahrzehntelang irgendwelche Selbstverwirklichungsbemühungen starten. Sondern ist in der glücklichen Lage (sowas sucht man sich ja nicht aus), sich auf das Gemeinsame freuen und einlassen zu können.
Das Zweite Gebot lautet: Liebe Deinen Nächsten wie dich selbst! Und dem liegt reine Psychologie zugrunde: Wenn man sich selber nicht ausstehen kann und sich vielleicht sogar hasst, hat man und manchmal auch die nähere Umgebung ein Problem. Nur wer seine Fähigkeiten schätzt und liebt, kann Krisen auch durchstehen, kann auch mal damit leben, dass kein anderer ihn mag. @thermisch überlasteter: Ist bei dir was durchgebrannt-sorry es ist nur dein Name , der das nahe legt!
das problem ist, dass man allein ja nicht glücklich sein kann. in dem bewusstsein, dass alles mit allem verbunden ist, ist diese problem aber wieder aufgehoben. dennoch: das problem deinens nächsten ist dann auch dein problem. die lösung kann also nur radikal sein. in dem sinne, eine welt zu schaffen, in der niemand mehr leiden muss. das ist ja auch das ziel der evolution überhaupt. bzw der spirituellen evolution des kosmos. das ganze wurde einmal von gott geschaffen, aber durch die unvollkommenheit der darin hineingeborenen spirituellen seelen, kommt das ganze immer wieder aus dem tritt. am ende sosehr, dass die schopfung gar nicht mehr funktioniert und folgedessen vernichtet werden muss, auf ein neues. das geht schon so ewige zeiten. schöpfung und vernichtung, ein ewiger kreislauf. dennoch hat die spirituelle substanz, aus der wir alle bestehen, ein ziel, ein ganz großes ziel. nämlich die kollektive vollkommenheit.
individuelle vollkommenheit ist schon auch möglich. das wird in dem gleichnis von der lotosblume veranschaulicht. die lotosblume steht zwar im wasser, aber die blüte selbst wird vom wasser nicht berührt. sie steht über das wasser. in ähnlicher weise ist die individuelle seele immer über der materie. und die vollkommenwerdung der individuellen spirituellen seele besteht eben darin, sich dieser tatsache vollkommen bewusst zu werden.
brahma bhuta prasannatma na socati na kancsati samah sarveshu bhuteshu mad bhaktim labhate param
auf der ebene des brahman gibt es kein klagen mehr kein begehren allen wesen gleichgesinnt erreichst du so den dienst der höchsten person gottes
hier werden sie symptome bzw bedingungen genannt, dass die übung gelingen kann:
kein klagen kein begehren, das ist sehr wichtig, von fundamentaler bedeutung. solange du noch begehrst, wird es auch klagen geben. dann als nächstes, allen wesen gleichgesinnt. keine feindbilder mehr, ja auch feinde nicht mehr. ist da einer von uns schon soweit? ich glaube nicht. und last but not least, es geht darum zum dienst an der höchsten person gottes zu erwachen. zu beginnen, die bedürfnisse und wünsche der höchsten person gottes wahrzunehmen und zu befriedigen. wie könnte die seele als teil gottes jemals zufrieden sein bzw vollkommen, wenn gott selbst unzufrieden ist? dieser zusammenhang zwischen individueller zufriedenheit und der zufriedenheit gottes wird einem dann also nach und nach klar, wenn man diese ebene des brahma- bhuta, der ebene des abgehobenseins von allem leid, erreicht hat.
Mit sich selber glücklich zu sein bedeutet zunächst einmal, dass man sein persönliches Glück nicht von anderen und dann in einer Beziehung oder gar Ehe einem einzigen anderen abhängig macht. Der Erwartungsdruck ist zu groß: das kann gar nicht funktionieren. Wenn man mit sich selber zufrieden ist, funktionieren alle anderen Außenbeziehungen auch erheblich besser, als wenn man in eine Beziehung flüchtet, um eine vermeintliche Leere zu füllen.
Und wer gelernt hat, für sich selber gut zu sorgen, kann dies auch für andere, den Partner und vor allen Dingen dann auch Kinder tun.
Und mal ehrlich: die früheren Ehen unserer Eltern- oder Großelterngenerationen, bei denen nach außen hin alles in Ordnung schien, bei näherem Hingucken aber nur gelogen und betrogen wurde, jeder seiner Wege ging, man also in der Ehe mehr alleine war als mit sich selber, waren ja im Durchschnitt auch nicht das Gelbe vom Ei...
Wegen des Fortbestehens der Menschheit würde ich mir übrigens in diesem Zusammenhang keine Sorgen machen: die Natur setzt sich immer durch, d.h. Kinder kommen immer auf die Welt, ob Ehe oder nicht, ob funktionierende Partnerschaft oder nicht.