Jeder soll daran glauben woran er mag?
Die in der Überschrift zitierte Aussage ist hier wohl oft gehört. Jeder soll doch daran glauben, woran er mag? Dabei stellt sich mir sofort die Frage, sollte das so sein? Mir kommt diese Phrase oft zu unüberlegt vor, ähnlich einer Stammtischparole.
Wenn ich darüber nachdenke, dann drängt sich bei mir der Gedanke auf, dass dies die Entwicklung hemmt. Natürlich nehme ich vorweg, niemand sollte per Gewalt zu einen anderen Glauben gebracht werden, dies würde die Entwicklung im noch größere Masse hemmen. Sollte aber nicht jede Form von Gedankengut im intellektuellen Wettstreit sich gegeneinander gegenüberstehen? Sollten nicht verbale Glaubenskriege ausgefechtet werden? Denn, wenn jeder sich darauf beruft, dass er das glaubt, was er will, dann haben wir eine schier unendliche Anzahl an Glaubensbekundungen, doch eine ebenso hohe Gewissheit, dass 99% falsch sind. Sollte nicht auch jeder Theist daran interessiert sein, die Wahrheit zu finden und sich nicht scheuen, wenn er fest glaubt, seinen Glauben auf den Prüfstand zu stellen?
Die oben zitierte Aussage, in ihrer apologetischen Einfachheit, widerspricht doch damit dem Sinne der Meinungsfreiheit. War die Meinungsfreiheit nicht als Redefreiheit gedacht? Die Fähigkeit sich eine neue Meinung zu erschaffen und diese in mündlichen Zweikämpfen gegen die Meinungen der Anderen antreten zu lassen. Alles zum Zwecke der Evolution unserer Gesellschaft?
Stattdessen impliziert diese so oft genutzte Satz doch, dass man den Glauben eines Anderen ignorieren soll, solange man ihn nicht unterstützt. Sind wir solche Eigenbrötler geworden, dass uns die Realität nicht interessiert solange wir glücklich sind? Ziehen wir die Zwangsjacke dem Leben und die Matrix der Realität vor?
Im Grunde glaube ich, dieser Satz ist eine Standardfloskel, eine Aussage der puren Faulheit willen. Steht man vor einer Frage, die man nicht beantworten kann, dann muss man entweder sich in Bewegung setzen und eine Antwort finden oder eben seine Meinung in Bewegung setzen und eine Andere annehmen, doch das widerspräche doch dem Trägheitsgesetz, dass in seiner axiomhaften physikalischen Aussage scheinbar auch genau kopiert sich in unseren Köpfen wiederfindet.
Hinter diesem Hintergrund lautet meine Frage:
"Sollte wirklich jeder das glauben, was er möchte?"