Die Sprache, die wir sprechen - arm, aber lecker?

Üblicherweise findet man in Supermärkten mindestens zwanzig verschiedene Sorten Joghurt in Bechern, Gläsern, mal rot, mal grün, mit links- und rechtsdrehenden Bakterien, total gesund und noch viel gesünder, man überschlägt sich in dieser Hinsicht ja gern.
Wenn man jedoch unseren selbsternannten Kreativen folgt, gibt es für all dieses inzwischen nur noch zwei Geschmacksnuancen, nämlich „lecker” und „super lecker”. (Müsste ja eigentlich, wenn schon, dann „superlecker” geschrieben werden, aber alles, was die Rechtschreibkontrolle von Word nicht kennt, überfordert jene Kreativen vermutlich...)
Als ich das vor einigen Tagen zuhause mal erwähnt hatte, hat sich meine Tochter mit ihren zehn Jahren hingesetzt und während eines Werbeblocks eine Strichliste geführt. Das Ergebnis spricht für sich, von acht beworbenen Speisen, wurde eine als „saftig” beschrieben, eine entzog sich völlig (und behauptete dafür von sich, sie sei wahnsinnig gesund) die restlichen sechs waren „lecker”. Dabei werden sämtliche Unterschiede verwischt, die Tütensuppe, der Joghurt, das Getränk, alle sind sie nur „lecker”.
Schlimmer ist allerdings, dass man, bei einigermaßen kritischer Selbstbeobachtung, sich selbst immer häufiger ertappt, alles mögliche „lecker” zu finden, so als gäbe es keine anderen Wörter mehr, einen Geschmack zu beschreiben.
Wie haltet ihr das, seid ihr auch schon beim ewigen „lecker” gelandet, habt ihr der Einfachheit halber schon vor der Vereinfachung und Infantilisierung kapituliert oder wehrt ihr euch noch durch bewusste Anwendung der eigenen Sprache im Alltag?

2010-07-09T13:01:12Z

@Leo....„lecker” beschreibt...was?

Gaston2010-07-09T22:32:26Z

Beste Antwort

Ja, ja, jaaaaaa!
Du sprichst mir aus der Seele.
Das ist auch in anderen Branchen so. Schau Dir mal die Waschmittelwerbung an. Die haben auch nur stereotype Reinigungsbezeichnungen (porentief rein, weißer geht's nicht usw.)

Ich kenne noch den Unterschied zwischen sauer, süß und bitter und kann einen Himbeerjoghurt auch mit mild und sahnige oder leicht säuerlich mit knackig fruchtigem Aroma beschreiben - aber das passt halt nicht auf den Becher.
Und wahrscheinlich auch nicht in das Hirn des durchschnittlichen Supermarktbesuchers.

Denn mal im Ernst, wer braucht 154 Joghurtsorten...

?2017-01-15T21:34:47Z

Leider oft eine hypersubtile-um-die Ecke-denken-Sprache mit Gedankensprüngen, die jedes Känguruh vor Neid erblassen lassen würden......hab manchmal Verständigungsschwierigkeiten mit Freundinnen, weil sie nie auf den Punkt kommen....Wenn ich dafür geschaffen wäre um die Ecke zu denken, hätte ich a million Blinker im Hirn eingebaut bekommen... Das Schwierige ist: Die Worte der Sprache sind die, die auch die Männer benutzen, nur oft ist der Sinn völlig gegensätzlich;O) In vielen Dingen (nicht in allen) ticke ich eher männlich und kenne das situation. Multitasking ist auch so ein Rätsel-damit bin ich überfordert....

Anonym2014-08-31T05:03:47Z

der wessi spricht halt mal eben schonn lecker - besonders an Ostern oder Weihnachten oder zwischen den Jahren, vor allem aber in 2014.

savage2010-07-14T14:40:04Z

haha, deine tochter ist ja cool. mein sohn ist gestern auch 10 geworden (also der große), und dem würden solche recherchen sicherlich auch gefallen.
allerdings sagen meine kinder zwar auch schon "lecker", aber sagen halt auch, wenn etwas zu scharf ist, oder zuviel ketchup drauf ist (z.b. bei den pommes im freibad), oder wenn halt einfach was nicht stimmt, also zu salzig, zu süß, zu sauer, oder sonstwas.. finde ich voll o.k. man muss sich ja erstens artikulieren können und zweitens es sich trauen, bei der heutigen reduzierten sprache. ich liebe es, mit worten zu spielen, aber es ist oft nicht so einfach, das weiterzugeben, ey alda,..;-))
LG, wir sind leider noch ohne ferien, aber da kommen wir durch...grins*g*

gebrauchsmaler2010-07-09T13:22:27Z

Wie beschreibt man etwas dass noch besser ist als man mit "normalen" Worten nicht mehr beschreiben kann.
Früher (nach dem Krieg) war alles "Süß" (süße Maus, ist die nicht süß, u.s.w.). Vielleicht hatte das was mit den Entbehrungen zu tun.
Danach kam die Zeit "Super" . Alles war "super Schön", "super Schnell", "super Klein" und "super Groß".
Heute sind wir bei "Geil". Boah war das Geil, oder: boah voll geile Musik, u.s.w.

Die Steigerung "lecker" kam meiner Meinung hier in Mode mit der holländischen Käsewerbung von Frau Antje.

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