Hatte Jesus die Macht, den Teufel in eine Person fahren zu lassen?

Joh 13,26f:
"Jesus antwortete: Der ist's, dem ich den Bissen eintauche und gebe. Und er nahm den Bissen, tauchte ihn ein und gab ihn Judas, dem Sohn des Simon Iskariot. Und als der den Bissen nahm, fuhr der Satan in ihn. Da sprach Jesus zu ihm: Was du tust, das tue bald!"

Warum fährt der Teufel in 'Judas Ischariot'? War die Hostie verseucht?
Konnte Jesus nichts dagegen tun? Oder wollte Jesus das so haben?

Oder kann man sagen:
Der arme Judas, wird von seinem Herrn verraten, und dem Teufel überantwortet?

Musiker2010-03-15T16:36:29Z

Beste Antwort

Deine Frage wirft gleich zwei Fragen auf: zum einen die, ob es überhaupt einen Teufel gibt, und zum anderen die, wie die Tat des Judas zu erklären sei.

Die Gestalt des Teufels war den älteren Zeiten des Alten Testaments unbekannt. Später galt er Satan (hebräisch: „Widersacher,“ „Gegner“) als Ankläger am himmlischen Hofstaat Gottes, der die Sünden der Menschen vor Gott bringt. Als solcher tritt er im 1.Kapitel des Buches Hiob in Erscheinung, wobei er dort sogar Gott gegen den eigentlich unschuldigen Hiob aufreizt - die Erzählung stammt aus einer Zeit, in der man sich nicht mehr in der Lage sah, alles Unheil dieser Welt auf Gott als Verursacher zurückzuführen.

Im Neuen Testament ist in Lukas 10,18 vom Sturz des Satan vom Himmel die Rede. Das heißt: der Ankläger der Menschen vor Gott ist entmachtet. Die christliche Lehre vom Satan als einem gefallenen Engel (auch Luzifer genannt) ist erst in nachbiblischer Zeit durch die Verknüpfung verschiedener apokalyptischer und mythologischer Vorstellungen entstanden. Die Gestalt des Satan ist dabei in sich widersprüchlich: einerseits soll er ein Widersacher Gottes sein, andererseits aber die von Gott Verdammten in der Hölle quälen - Letzteres aber täte er doch im Auftrag Gottes und nicht als sein Gegner! Im apokalyptischen Buch des Neuen Testaments, im Buch Offenbarung (20,10) heißt es gar, daß der Teufel selber ewig in der Hölle bestraft werden solle!

Was also soll er nun sein? Feind Gottes oder sein Henker und Folterknecht? Herr der Hölle, der dort die verdammten Sünder ewig quält, oder Insasse der Hölle, der selber in ihr bestraft und gequält wird? All das paßt nicht zusammen. Alles in allem sind die Vorstellungen vom Teufel wie auch die von der Hölle als Ort ewiger Qual und Bestrafung verdammter Seelen zeitbedingte Bestandteile damaliger apokalyptischer Anschauungen und können keine zeitlose Gültigkeit für sich beanspruchen. Ein Teufel aber, den es nicht gibt, kann auch nicht in Judas gefahren sein.

Judas ist eine der rätselhaftesten Gestalten der ganzen Bibel. Gemeinhin gilt Geldgier als Motiv für seinen Verrat. Nur: im ältesten Evangelium, dem Markus-Evangelium, bekommt er von den Priestern und Schriftgelehrten zwar Geld geboten - aber erst NACHDEM er sich entschlossen hat, Jesus zu verraten, und zu ihnen gekommen ist (Markus 14,10-11). Über die Motive des Judas schweigt sich der Evangelist Markus aus. Erst der Evangelist Matthäus macht die Geldgier zum Motiv des Judas: hier fragt Judas: „Was wollt Ihr mir geben? Ich will ihn verraten“ (Matthäus 26,15). Der Evangelist Lukas schreibt, ohne ein Motiv des Judas zu nennen, der Satan sei in ihn gefahren (Lukas 22,3).

Der Evangelist Johannes greift das Motiv der Geldgier auf und verstärkt es gegenüber Matthäus noch, indem er schreibt, Judas habe als Kassenwart der Jesus-Jünger Geld unterschlagen (Johannes 12,6). Davon steht in den anderen Evangelien nichts. Johannes 6,66-71 zeichnet Judas in bewußtem Gegensatz zu Simon Petrus, der sich zu Jesus bekennt, indem er sagt: „Du hast Wortes des ewigen Lebens, und wir haben geglaubt und erkannt: Du bist der Heilige Gottes.“ Nachdem Petrus mit „wir“ offensichtlich alle zwölf Jünger gemeint hat, nimmt Jesus in seiner Antwort einen davon aus: „Habe ich nicht Euch zwölf erwählt? Aber einer von Euch ist ein Teufel,“ und der Evangelist fügt hinzu: „Er redete aber von Judas, dem Sohn des Simon Iskariot.“ So wird der Verräter Judas im Johannes-Evangelium zur Kontrastfigur zu dem Bekenner Petrus.

Bei den Synoptikern (Markus, Matthäus und Lukas) eröffnet Jesus seinen Jüngern zu Beginn der Passah-Feier („Einsetzung“ des Abendmahls), daß ihn einer von ihnen verraten werde. Bestürzt fragen sie, wer es sei, und zwar interessanterweise nicht mit den Worten „Wer ist es?“, sondern: „Bin ich’s?“ So als wenn keiner von ihnen sicher ist, ob er im Zweifelsfalle nicht selber zum Verräter werden könnte. Judas setzt also in die Tat um, was sie alle als Möglichkeit in sich spüren und fürchten.

Im Johannesevangelium fragen nicht „etliche Jünger,“ sondern der namentlich nicht genannte Lieblingsjünger im Auftrag des Petrus, wer denn der Verräter sei. Daraufhin sagt Jesus ihm: „Derjenige, dem ich Bissen in die Schüssel tauche“ (Vers 26); Jesus tut es und gibt den Bissen Judas, in den daraufhin der Satan fährt. Damit löst also die Gabe des Heils in Gestalt des Bissens, den Jesus Judas gibt, den Verrat aus, und dieser Verrat erscheint dabei als persönlicher Auftrag Jesu: „Was Du tust, das tue bald.“ Erst nachdem Judas Jesus verlassen hat, ist der Weg Jesu ans Kreuz vorbereitet, die für Johannes die Einheit Jesu mit Gott vollendet. Als Judas hinausgegangen ist, sagt Jesus: „Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht, und Gott ist in ihm verherrlicht“ (Vers 31).

Judas ist also im Johannes-Evangelium noch weniger als bei den Synoptikern Herr seiner Entschlüsse und seines Handelns, sondern er ist nur ausführendes Organ und letztlich willenloses Werkzeug Gottes und Jesu sowie des Satans, der aber auch seinerseits letztlich nur Gottes Willen vollstrecken muß. Trotzdem heißt es im sogenannten „Hohepriesterlichen Gebet“ Jesu im Anschluß an seine Abschiedsreden an seine Jünger: „Solange ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast. Und ich habe sie behütet und keiner von ihnen ging verloren, außer dem Sohn des Verderbens, damit sich die Schrift erfüllt.“ (Johannes 17,12)

Aber was war Judas denn nun? Verräter und Feind Gottes - oder Werkzeug Gottes (bzw. Jesu) und Vollstrecker seines Willens? Wenn aber Letzteres der Fall gewesen sein sollte, könnte er dafür nicht verdammt werden - es sei denn um den Preis eines geradezu kafkaesken Gottesbildes.

An dieser Widersprüchlichkeit, die auch im Johannes-Evangelium nicht aufgelöst wird, haben sich in der frühen Christenheit völlig gegensätzliche Judas-Deutungen entzündet. Judas wurde für den Hauptstrom der frühchristlichen Überlieferung sehr schnell zur Projektionsfläche sich immer weiter steigernder Haß-Phantasien. Der Bischof Irenäus von Lyon (135-202 n.Chr.) hat auf viele dieser Überlieferungen zurückgegriffen und das Bild des ewig verworfenen Verräters ausgeschmückt und verfestigt.

Im 2.Jahrhundert, das von heftigen innerkirchlichen Richtungskämpfen erschüttert war, gab es jedoch auch ganz andere Judas-Deutungen. Markantestes Beispiel hierfür ist das apokryphe (= nicht in den Kanon des Neuen Testaments aufgenommene) Judas-Evangelium. Es sah in Judas den Jünger Jesu, der die Erlösung der Menschen durch den Kreuzestod Jesu durch seinen „Verrat“ überhaupt erst ermöglicht habe und den Verrat daher nicht als Gegner Jesu, sondern vielmehr in seinem Auftrag verübt habe. Das Judasevangelium bezeichnet Judas sogar als Befreier Jesu aus den Fesseln seines irdischen Daseins. Auch der Kirchenvater Origenes hat in Judas einen Heiligen gesehen.

Meine eigene Judas-Deutung kannst Du am Ende einer Antwort nachlesen, die ich hier bei YC vor ungefähr einem Jahr gegeben habe:
http://de.answers.yahoo.com/question/index;_ylt=ArZCAhp5r9u3o53E1b7t6goxCgx.;_ylv=3?qid=20090106102049AA1wPaU

erhardgr2010-03-16T22:44:23Z

Das ist wieder ein johanneischer Text, also vom Verfasser des vierten Evangeliums formuliert. Er hat die Szene beschrieben, wie sie sich ein galiläischer Jude im ersten Jahrhundert vorstellt.

whyskyhigh2010-03-14T16:17:34Z

nein
tat er auch nicht
judas oder petrus oder hiob wollten selbst den teufel haben
einfach mal lesen deinen eigenen text

Friedensstifterin هرشيكا2010-03-14T08:54:48Z

Frieden!

Nein, Jesus ist nicht Gott!

Nur Gott allein hat die Macht alles zu tun.

wasalam

Schweigen2010-03-13T22:53:02Z

Wenn die menschlichen die Versuchungen von Lucifer akzeptieren, werden sie auch die dunklen Formen erhalten

Weitere Antworten anzeigen (16)