Polemiker und Polemikerinnen der vergangenen Jahrzehnte bejammern einstimmig das Ableben der Guten Alten Zeit. Offenbar gab es mal eine Zeit, als absolut alles im Lot war. Koennte es sich dabei um die Biedermeierzeit gehandelt haben, irgendwo im Umland von Muenchen? Was genau meint man damit? So ganz illusionaer wird es ja wohl nicht gewesen sein, oder?
2009-05-03T23:43:36Z
Sehr interessant. Koennte ich bitte Jahreszahlen dazu sehen, und Ortsangaben?
urban12009-05-04T08:59:55Z
Beste Antwort
Befindet man sich im Heute, erzählt man gerne von der guten alten Zeit. Dabei bedenkt man nicht, dass unser Heute, was uns so "schrecklich" erscheint, später einmal selbst die gute alte Zeit sein wird. Wenn Du in den 50er, ein Kind warst, dann ist es kaum zum glauben, dass Du bisher überleben konntest. Als Kinder saßen wir in Autos ohne Sicherheitsgurte und ohne Airbags. Unsere Bettchen waren angemalt in strahlenden Farben voller Blei und Cadmium. Die Fläschchen aus der Apotheke konnten wir ohne Schwierigkeiten öffnen, genauso wie die Flasche mit dem Bleichmittel. Wenn wir es getan haben, wurde nicht der Hersteller verklagt, sondern wir bekamen ein paar auf die Ohren. Auf dem Fahrrad trugen wir nie einen Helm. Wir tranken Wasser aus Wasserhähnen und nicht aus Flaschen. Wir bauten Wagen aus Seifenkisten und entdeckten während der ersten Fahrt den Hang hinunter, dass wir die Bremsen vergessen hatten. Damit kamen wir nach einigen Unfällen klar. Wir verließen morgens das Haus zum Spielen. Wir blieben den ganzen Tag weg und mussten erst zu Hause sein, wenn die Straßenlaternen angingen. Niemand wusste, wo wir waren und wir hatten nicht einmal ein Handy dabei! Wir haben uns geschnitten, brachen Knochen und Zähne und niemand wurde deswegen angezeigt. Es waren eben Unfälle. Niemand hatte Schuld außer wir selbst. Keiner fragte nach “Aufsichtspflicht”. Kannst Du Dich noch an “Unfälle” erinnern? Wir kämpften und schlugen einander manchmal grün und blau. Damit mussten wir leben, denn es interessierte die Erwachsenen nicht. Wir aßen Kekse, Brot mit Butter, tranken sehr viel und wurden trotzdem nicht dick. Wir tranken mit unseren Freunden aus einer Flasche und niemand starb an den Folgen. Wir hatten nicht: Playstation, Nintendo 64, X-Box, Videospiele, 64 Fernsehkanäle, Filme auf DVD, Surround-Sound, eigene Fernseher, Internet-Chat-Rooms. Wir hatten Freunde. Wir gingen einfach raus und trafen sie auf der Straße. Oder wir marschierten einfach zu deren Heim und klingelten. Manchmal brauchten wir gar nicht klingeln und gingen einfach hinein. Ohne Termin und ohne Wissen unserer Eltern. Keiner brachte uns und keiner holte uns… Wie war das nur möglich? Wir dachten uns Spiele aus mit Holzstöckchen und Tennisbällen. Beim Straßenfußball durfte nur mitmachen, wer gut war. Wer nicht gut war, musste lernen, mit Enttäuschungen klarzukommen. Manche Schüler waren nicht so schlau wie andere. Sie rasselten durch Prüfungen und wiederholten Klassen. Das führte nicht zu emotionalen Elternabenden oder gar zu Änderungen der Leistungsbewertung. Unsere Taten hatten manchmal Konsequenzen. Das war klar und keiner konnte sich verstecken. Unsere Generation hat eine Fülle von innovativen Problemlösern und Erfindern mit Risikobereitschaft hervorgebracht. Wir hatten Freiheit, Misserfolg, Erfolg und Verantwortung. Mit alldem lernten wir, umzugehen.
Immer gestern oder vorgestern - es ist die golden verbrämte Zeit der Ewig-Gestrigen. Das Schlechte wird konsequent ausgeblendet und alles erscheint im hellsten Sonnenschein. Hat es während eurer Kindheit mal in Strömen geregnet? Eben. Die meistern Menschen erinnern sich nur an schöne Tage - es sei denn im Regen sei was Spezielles geschehen.
Die gute alte Zeit ist immer jene, die schon vorbei ist, sofern nicht gerade Kriege , Nachkriegszeiten und Inflation stattfanden. Der Kaiser war ein guter Mensch,die Jugend war besser, die Kriminalität war nicht so hoch, Männer wussten noch was Treue und Ehre ist, man konnte die Türen unverschlossen lassen , die Menschen hatten noch Moral und Anstand, jeder half jedem , wenn gestorben wurde nahm der ganze Ort Anteil, die Kinder konnten sich noch selbst beschäftigen und grüssen ,das Brot und die Butter waren billig, die Eier grösser, jeder hatte sein Auskommen ,die Brötchen haben noch geschmeckt, und Mietwucher gab es auch nicht = alles "Sprüche" voller triefender Nostalgie, die mit zwinkender Vorsicht zu geniessen sind.
@urban - Kompliment, tolle Antwort ! Danke ! Deine Seite nimmt meinen Dank leider nicht an, deshalb hier !
Das sieht jeder wohl subjektiv anders, aber ich habe mal gehört dass viele die zwanziger Jahre als die Goldenen bezeichneten, dabei war dort die große Wirtschaftsrezession und die Menschen hatten so gut wie gar nichts. In der Erinnerung wird alles immer besser weil man die schlechten Zeiten eher vergisst, was aber auch gut ist und in der Natur des Menschen.