Was ich schon immer wissen wollte? Wo sind sie alle geblieben?
Die ehemaligen Anhänger des Nationalsozialismus! Mein Großeltern waren keine, eure auch nicht. Gibt das irgendjemand zu denken, wenn man die Aufnahmen aus den damaligen Zeiten zu sehen bekommt?
Anonym2009-04-17T13:30:26Z
Beste Antwort
Der Bruder meiner Oma war eingefleischter Nationalsozialist und Rassist und hat Bücher darüber verfasst, warum Polen und Slawen generell eine besonders schlimme Bedrohung fürs arische Erbgut darstellen (und war bis in die 60er ausgerechnet Geschichtsprof in HH, wo er vermutlich in Vorlesungen weiter seinen Schrott verbreitet hat). Der ist auch bis an sein Lebensende seiner Ideologie treu geblieben. Hat sich auch auf dessen Kinder übertragen. (Der fand alles nicht arische ekelhaft. Kann mich daran erinnern, dass wir ihn mal besuchen mussten, als ich noch ganz klein war - als er uns gesehen hat, ist er vollkommen ausgerastet, hat meinen Vater dazu verdonnert uns möglichst weit weg zu parken, damit die Nachbarn die Rassenschande nicht sehen und wollte uns auf keinen Fall ins Haus lassen, nur meinen Vater, weil der sein Patenkind war. Nach der Angelegenheit war der Kontakt beendet.)
Der Vater meines Opas dagegen wurde beauftragt Arzt im KZ zu werden und hat sich deswegen umgebracht. Meine Urgroßmutter im folgenden auch. Die waren damals von München aus nach Idaweiche/ Kattowitz gezogen, hatten also viel Kontakt zu Juden. Wenn ich mit meinem Opa Fotoalben durchgesehen habe, meinte er bei etwa 70% seiner Bekannten auf Partybildern, dass es Juden waren, sagte, dass er nicht weiß, was mit ihnen passiert ist und fügte nach einer Pause hinzu, dass er sich nicht getraut hat, sich zu fragen wohin sie sind und das irgendwie verdrängt hat und möglichst schnell von dort weggezogen ist. Und somit hat er den Rest seines Lebens das Motto: "Mund auf, sag was, egal wie unwichtig es zu sein scheint, Mund auf! Denn aus anfangs kleinem kann immer etwas schlimmes entstehen." Was er mir auch eingetrichtert hat.
Meine Oma war dagegen so ein Mischding - einerseits hat sie ihre Kinder früh dazu angehalten sich mit fremden Ländern zu beschäftigen, war an fremden Kulturen etc interessiert - hat aber ihre eigene Schwester, die behindert war, in den 40ern sterilisieren lassen - und hat meine Mutter später auch dazu aufgefordert, mit der Begründung, dass mein Vater ja vielleicht noch mal ne deutsche Frau bekommt. Und sie hat ihr Leben lang wie ihr Bruder über Polen bzw alle Menschen aus dem Osten geflucht, was aber wohl damit zu tun hatte, dass während oder nach dem Krieg Flüchtlinge in ihrem Haus einquartiert werden mussten, einer davon hatte TBC (???), steckte die Schwester meines Vaters an, die im Alter von drei daran starb.
@ Poppy: Ja, mache ich auch. Rassismus ist nicht das laut gebrüllte "Ausländer raus" - Rassismus verbirgt sich viel öfter hinter anscheinend "nur persönlich gemeinten" Anfeindungen: echte Rassisten picken sich häufig Menschen anderer Hautfarbe heraus, hacken nur auf diesen herum, vermeiden dabei aber rassistische Äußerungen, sondern ziehen über andere Eigenschaften der Personen her - etwa die Art wie sie redet, wie sie sich kleidet, was sie sagt - damit sie nicht als Rassist verdächtig werden können, wenn sie die Person verunglimpfen; genauso wie es auch positiven Rassismus gibt, der ebenso stereotypisiert wie negativer Rassismus. Und beides ist gefährlich.
Meine Grosseltern waren versteckte Gegner bzw. zu jung bzw. Sympathisanten.Mein verstorbener Grossvater ging nicht zur Hitlerjugend-er war Teil der Gruppe um einen Widerstandspfarrer.Meine Grossmutter allerdings war Sympathisantin...Aber von den Vergasungen lernte sie erst nach dem Krieg.Und dann schloss sie auch ab mit dem Nationalsozialismus...
Nun zu DDR-Zeiten haben 98% aller Bürger die SED gewählt. 2%% haben andere Parteien gewählt. Nach der Wende haben 98% behauptet, sie hätten zu den 2% gehört. (So hatte das mal ein Komiker in den 1990gern gesagt.)
Im 3. Reich war der Widerstand erheblich stärker und aktiver. Aber auch deutlich gefährlicher.
Ich habe in meinem Regal ein Buch stehen "Widerstand im 3. Reich". Es umfaÃt mehr als 800 Seiten (habe in der Schule mal ein Referat darüber gfehalten. Zu einer Zeit, als derartiges Wissen noch vertuscht wurde und man so tat, als seien alle Deutsche Nazis gewesen).
Was meine GroÃeltern betrifft, hatte ich Glück. Beide haben sich mehr oder weniger mit den Nazies angelegt. Aber mit Sicherheit gab es auch bei meinen Vorfahren irgendwo Nazies (Onkel, Tanten meiner Eltern oder GroÃeltern, nur wurde über die nicht gesprochen).
Aber im Gegensatz zu den Ex-SEDlern gibt es selbst heute noch Menschen, die diese Neigung mehr oder weniger offen ausleben.
Hier im Netz findet man überall Hinweise, wenn man danach sucht.
Aber damals wie heute: Die Frage ist, was ist besser: Ignorieren oder darauf aufmerksam machen?
Ich könnte die gleiche Frage stellen: wo sind die ganzen SED-Kader geblieben? Niemand war in der Partei, obwohl dir Zahl der Mitglieder in die Millionen ging. Genauso war es mit den Mirgliedschaften in der NSDAP, nachdem diese nicht mehr existierte.