Schränkt die Sprache das Denken ein?

In meiner Freizeit bin ich Vorsitzender eines kleinen Zirkels, der sich mit human-philosophischen Fragestellungen und Problemen der Jetztzeit befasst. Auf unserem letzten Kolloquium wurde sehr kontrovers die Frage diskutiert, ob die Sprache unser Denken stark einschränken könne. Jeder von uns denkt in einer bestimmten Sprache ("Hmm.. ich glaube heute gehe ich ins Kino")..

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es evtl. ohne Sprache möglich wäre, viel weiter zu denken, denn die Sprache schränkt das Denken extrem ein. Z.B. könnte man neue physikalische Entdeckungen machen, die jetzt nicht möglich sind, da wir mit unserer Sprache und dem Wortschatz nicht mal eine Vorstellung davon machen können (z.B. Stringtheorie: Das Vorstellen von 11 Dimensionen)

Was denkt ihr darüber?

cFlacc2008-04-07T04:24:31Z

Beste Antwort

Ja, die Sprache schränkt unser Denken ein - aber sie kann erweitert werden und sich anpassen.
Die Sprache ist für das Denken - und spätestens für die Kommunikation des Erdachten - unverzichtbar. Die Sprache ihrerseits ist durch die Erfahrung, die eine Kultur gesammelt hat, geprägt und entwickelt sich mit ihr weiter. Beispielsweise haben Eskimos sehr viele verschiedene Begriffe für Schnee, die in feinen Nuancen die Beschaffenheit über trocken bis matschig usw. voneinander abgrenzen. Da einem Europäer diese Erfahrung und die Beschäftigung mit Schnee in diesem Maße fehlt, ist auch in keine europäische Sprache in diesem Bereich so differenziert ausgebildet.
Die mathematische "Sprache" eröffnet einem als logische Sprache zwar neue Möglichkeiten, doch ist auch sie begrenzt. Und da es von der Evolution her für das Überleben nicht notwendig war, sich mit dem Atomaufbau oder der Struktur des Kosmos zu befassen, fällt es einem auch so schwer, die Quantentheorie zu verstehen, die in unserer erfahrbaren makroskopischen Welt kein Analogon besitzt. Mit mehr oder weniger guten anschaulichen Modellen versuchen wir den Welle-Teilchen-Dualismus des Lichtes zu "erklären", aber alle Modelle bleiben unvollkommen. So wissen wir seit Kant, dass es für den Menschen unmöglich ist, die Welt zu begreifen, ohne die im Gehirn verankerten Strukturen der Kausalität, der Vorstellung vom Raum usw. hineinzuprojizieren. Die Sprache als Niederschlag und Vermächtnis des kollektiven Gedächtnisses einer Gesellschaft unterliegt den Grenzen des Wissens einer Gesellschaft. Fachtermini, die in den einzelnen Wissenschaftsdisziplinen neu definiert werden, erweitern die Sprache und schaffen damit eine Basis für weiteres Nachdenken und Forschen.

savage2008-04-07T21:40:04Z

ich denke nicht in sprache, ich spreche. (bin ja eine frau)....;-) okay, mal angenommen, man könnte die sprache abschalten, wäre es bestimmt möglich, mehr dinge wahrzunehmen, weil keine störfaktoren mehr das sind. aber was bringt das, wenn man´s im kopf hat, und dort bleibt´s dann. interessant wäre es, wie man das geheimnis lösen kann, die grenzen der sprache zu öffnen, um sie den unendlichkeiten des denkens anzupassen. wie kriegt man das hin? andererseits kann man das ganze ja auch umdrehen. was wäre, wenn man beim denken die bilder ausschalten könnte, und nur in sprache denken würde? könnte man damit erreichen, die sprache in andere dimensionen zu beamen? aber was ist dann mit blinden leuten? naja, die denken bestimmt auch in bildern. und wie ist es mit den anderen sinnen? blockieren die sich gegenseitig?
und was ist mit träumen? da ist man ja oft in ganz anderen galaxien, auch oft ohne sprache...
und jetzt entknotest du mal bitte mein hirn....;-)

Anonym2008-04-07T21:32:53Z

genau!

Anonym2008-04-07T20:51:09Z

Um der Aufgabe näher zu treten, untersuchen wir zunächst die drei Wörter und Begriffe:
1) Einschränken = begrenzen, beschränken, einengen (Freiheit, Bewegungfreiheit, verringern (Ausdrucksweise).
2) Sprache = Ausdrucksweise für Gedanken, Gefühle,
Willensregungen, usw.
3) Denken. = annehmen, beabsichtigen, besonnen sein, einbilden, ersinnen, gedenken, geistig arbeiten, glauben, im Sinne haben, meinen, überlegen, urteilen .

Würfeln wir diese Begriffseinheiten bzw. Konzepte harmonisch zusammen, dann können wir klar erkennen, dass die Sprache, die wichtigste Erfindung des Menschen, nicht nur den Denkvorgang nicht einschränkt, beschränkt bzw. einengt, sondern ihn erleichtert und die Verständigung, das Weiterleiten an die Mitmenschen, möglich macht.
Bedenken wir nur eines, ohne die Sprache wäre sämtliches Wissen nutzlos, ohne einen tatsächlichen Niederschlag.

illusion662008-04-07T20:40:15Z

Ohne "Sprache" fehlen "Begriffe" als Bausteine bzw. "Werkzeuge" des Denkens.

Sprachen sind allerdings lineare Codes: Auch multidimensional vernetzte Begriffe müssen dazu erst in eine eindimensionale Reihung gebracht werden. (Das führt häufig z.B. zu den "Freud'schen Fehlleistungen")

Man kann beim Denken allerdings unterschiedliche Abstraktionsniveaus nutzen, bei denen die eher konkreten Eigenschaften der Begriffsnamen (das WORT "Baum" ist kein Baum, sondern eben nur ein Begriffsname) ziemlich zurücktreten können. Damit lässt sich relativ unbeschränkt denken.

Es wird aber recht schwierig, solche Gedanken anschließend anderen mitzuteilen.

Einfach gesagt:

Sprache schränkt weniger das Denken selbst ein, aber sie beschränkt unsere Möglichkeiten, über unser Denken zu kommunizieren. Ohne Sprache (egal welcher Form) wird das mit der Kommunikation aber definitiv nicht einfacher...

Sprache ist also quasi eine beschränkte "Krücke" des Denkens - aber ohne sie läuft gar nichts...

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