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Warum musste Bauer den Versailler Vertrag unterschreiben? Was meint er mit den Gründen wie gestern?.?
"Meine Damen und Herren! Keinen Protest heute mehr, keinen Sturm der Empörung. Unterschreiben wir, das ist der Vorschlag, den ich ihnen im Namen des gesamten Kabinetts machen muß. (Die Gründe die uns zu diesem Vorschlag zwingen, sind die selben wie gestern, nur trennen uns jetzt eine Frist von knappen vier Stunden vor der Wiederaufnahme der Feindseligkeiten.) Einen neuen Krieg können wir nicht verantworten, selbst wenn wir Waffen hätten. Wir sind wehrlos, wehrlos ist aber nicht ehrlos. Gewiß, die Gegner wollen uns an die Ehre, daran ist kein Zweifel, aber dass dieser Versuch der Ehrabschneidung einmal auf die Urheber selbst zurückfallen wird, dass es nicht unsere Ehre ist, die bei dieser Welttragödie zugrunde geht, dass ist mein Glaube, bis zum letzten Atemzug."
1 Antwort
- MusikerLv 6vor 6 Jahren
Die Gründe nennt er doch selbst: die völlige Wehrlosigkeit Deutschlands gegenüber den Siegermächten nach dem Waffenstillstand von Compiègne vom Herbst 1918 und die Drohung der Siegermächte, die Kampfhandlungen wiederaufzunehmen, wenn Deutschland das ihm vorgelegte Versailler Diktat nicht unterschrieb.
Die von den Entente-Mächten diktierten Waffenstillstandsbedingungen hatten beinhaltet:
- Rückzug aller deutschen Truppen aus den besetzten Gebieten Frankreichs, Belgiens und Luxemburgs und aus dem Reichsland Elsaß-Lothringen innerhalb von 15 Tagen;
- daraufhin französische Besetzung der linksrheinischen Gebiete Deutschlands und rechtsrheinischer Brückenköpfe in Mainz, Koblenz und Köln;
- Übergabe von 5000 Geschützen, 25.000 Maschinengewehren, 3000 Minenwerfern und 1700 Flugzeugen an die Entente;
- Übergabe aller modernen Kriegsschiffe;
- die britische Hungerblockade zur See wurde als Druckmittel weiterhin aufrechterhalten.
Der französische General Foch sagte, durch diese Waffenstillstandsbedingungen sei Deutschland "den Siegern auf Gnade und Ungnade ausgeliefert."
Und genauso war es auch. Das Versailler Diktat fügte den besiegten Deutschen massives Unrecht zu und demütigte sie ganz bewußt. Es stieß bei allen Deutschen quer durch alle politischen Parteien und Lager auf Empörung. Und in der fernen Sowjetunion erklärte Lenin, das Diktat von Versailles habe den Besiegten "Bedingungen auferlegt, die koloniale Abhängigkeit, Elend, Hunger, Ruin und Rechtlosigkeit brachten, denn sie sind durch den Vertrag auf viele Generationen hinaus gebunden und in Verhältnisse versetzt, unter denen noch kein zivilisiertes Volk gelebt hat." Lenin fuhr fort, das Siegerdiktat habe für Deutschland "Verhältnisse geschaffen, unter denen eine wirtschaftliche Existenz unmöglich ist, Verhältnisse völliger Rechtlosigkeit und Erniedrigung."
Trotzdem mußte Deutschland den Schand-Vertrag unterschreiben. Es hatte in seiner militärischen Wehrlosigkeit machtpolitisch einfach keine andere Wahl. Darauf wies Bauer hin, nachdem es darüber bereits einen Tag zuvor heftige Debatten im Reichstag gegeben hatte: wir sind genauso wehrlos wie gestern - das Einzige, das sich seit gestern geändert hat, ist, daß das Ende des Ultimatums der Siegermächte einen weiteren Tag nähergerückt ist und in vier Stunden ausläuft.