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II. Weltkrieg: "Vernichtungskrieg" im Osten??

Warum spricht man beim 2. Weltkrieg oft von einem „Vernichtungskrieg im Osten"?

Kann mir da jemand helfen?

10 Antworten

Bewertung
  • vor 7 Jahren

    Weil der deutsch-sowjetische Krieg ein Weltanschauungskrieg - die "moderne" säkularisierte Form des Religionskrieges - war und mit der entsprechenden Rücksichtslosigkeit geführt wurde. Vernichtet werden sollten die bolschewistische Weltanschauung und ihre Träger. Der sogenannte "Kommissarbefehl" besagte, daß alle politischen Kommissare, die für die Indoktrination der Roten Armee mit der Sowjetideologie sorgten, bei ihrer Gefangennahme sofort zu erschießen seien. Und vernichtet werden sollten insbesondere die Juden, die als Träger der bolschewistischen Ideologie sowie überhaupt als die Wurzel alles Übels und als Menschheitfeinde schlechthin galten.

    Die Russen, Weißrussen und Ukrainer dagegen wollte man, @Rincewind, nicht vernichten, sondern (was moralisch nicht viel besser ist) auf das Niveau primitiver Sklavenvölker herabdrücken. Die Nazis betrachteten die Slawen als minderwertige Untermenschen. Sie sollten nicht hungern, ihre elementaren Bedürfnisse sollten befriedigt werden, damit sie nicht rebellierten, aber jede Form von Bildung und Kultur sollte ihnen versagt bleiben und jedes nationale Selbstwertgefühl, das sich gegen die deutsche Herrschaft richten könnte, im Keim erstickt werden. Selbst der letzte deutsche Stallknecht, so hat Hitler einmal gesagt, müsse noch über den unterworfenen Völkern im Osten stehen. Die deutsche Herrschaft über die slawischen Völker sollte durch Wehrsiedlungen und am Ostrand des eroberten Raumes durch gewaltige militärische Sperranlagen gesichert werden, die alles bisher in der Weltgeschichte Dagewesene übertreffen sollten und die Hitler selber mit dem römischen Limes in der Antike verglichen hat. Darüber, wo genau dieser Limes verlaufen sollte, hat er sich nie klar geäußert, so wie er überhaupt nie Konzepte entwickelt hat, wie der Krieg politisch beendet werden sollte. Letztlich liegt es aber auch in der Logik des Religions- bzw. Weltanschauungskrieges, daß man mit dem Teufel keine Verhandlungen und Kompromisse schließen, sondern eigentlich nur darauf aus sein kann, ihn zu vernichten.

    Wer aber das gegnerische Volk als minderwertige Untermenschen betrachtet, behandelt es auch so, und für den zählt ein gegnerisches Menschenleben auch nichts. So wurde den Soldaten des deutschen Ostheeres eingebläut, daß die Sowjetsoldaten keine Kameraden seien und ihnen keinerlei soldatische Ehre zukomme. Allerdings haben längst nicht alle deutschen Offiziere und Soldaten die menschenverachtenden ideologischen Leitlinien der Nazi-Führung befolgt. Andererseits sind Wehrmachtssoldaten aber auch, wie @ThvarnoX schreibt, an Kriegsverbrechen beteiligt gewesen. Beides hat es gegeben. Sowjetische Kriegsgefangene sind zum Teil unmenschlich behandelt und miserabel versorgt worden. Daß im ersten Kriegswinter viele von ihnen verhungert und erfroren sind, lag allerdings auch daran, daß die Wehrmacht auf solche Massen von Gefangenen nicht vorbereitet und mit ihrer Versorgung teilweise auch überfordert war.

    Aus den besetzten Gebieten im Osten sind massenhaft Menschen zur Zwangsarbeit verpflichtet worden, zum Beispiel in der Rüstungsindustrie; fast alle kriegswichtigen Industriezentren Deutschlands waren bei Kriegsende von Zwangsarbeiterlagern umgeben. Unzählige dieser Menschen sind an unmenschlichen Arbeitsbedingungen elend zugrunde gegangen, auf Todesmärschen von einem Lager zum anderen (vor allem in der Endphase des Krieges) vor Hunger, Erschöpfung oder Kälte verreckt oder unter dem Vorwurf der Sabotage massenhaft erhängt oder erschossen worden.

    Zwangsarbeiter wurden auch an private Firmen oder Bauernhöfe in Deutschland vermittelt. Manche hatten dabei Glück und wurden dort menschlich und anständig behandelt. Manche wollten nach dem Krieg gar nicht in ihre Heimat zurück - in der Nähe meiner Heimatstadt gibt es ein Dorf, in dem sich damals russische Zwangsarbeiter bei den Bauern, bei denen sie den Krieg über gearbeitet hatten, versteckt haben, um nicht wieder in die Sowjetunion zurückgebracht zu werden. Und ich habe einen inzwischen längst verstorbenen ehemaligen NS-Funktionär aus unserer Stadt gekannt, der damals während des Krieges dafür gesorgt hat, daß die Zwangsarbeiter in seinem Zuständigkeitsbereich anständig behandelt wurden - sie haben darum nach dem Krieg vor seinem Haus in Schichten Wache gehalten, um es vor Plünderern zu schützen. Aber solche Fälle waren ganz gewiß nicht die Regel, der großen Mehrheit der Zwangsarbeiter ging es erbärmlich schlecht.

    Daß die Kriegführung im Osten besonders brutal und rücksichtslos war, hing unter anderem auch mit den sowjetischen Partisanen in den besetzten Gebieten zusammen. Im Partisanenkrieg ist eine Trennung zwischen Zivilisten und kämpfenden Soldaten gemäß der Genfer Konvention gar nicht möglich, weil Partisanen in der Zivilbevölkerung untertauchen und aus dieser Deckung heraus Überfälle und Anschläge verüben. Als Vergeltung für sowjetische Partisanenüberfälle wurden mitunter ganze Dörfer niedergemacht, wobei mancher Deutsche sicherlich wenig Skrupel empfunden haben mag, da es ja nur "slawische Untermenschen" waren, die er umbrachte. Die Erschießung von Kriegsgefangenen (nicht von Zivilisten) als Vergeltung für Partisanenüberfälle ist übrigens im Kriegsvölkerrecht unter bestimmten Bedingungen weithin akzeptiert. Die Amis hätten, wenn es nach der deutschen Kapitulation 1945 noch deutsche Partisanenaktivitäten gegeben hätte, pro toten Ami-Soldaten mehrere hundert deutsche Kriegsgefangene erschossen. Ob allerdings die Erschießung selbst Tausender sowjetischer Kriegsgefangener Stalin in irgend einer Weise beeindruckt hätte, mag bezweifelt werden, denn er hatte seinen Soldaten befohlen, bis zum letzten Blutstropfen zu kämpfen, und erklärt, daß, wer sich ergebe und gefangennehmen lasse, ein Verräter sei, der sich damit selber vom Sowjetvolk ausschließe.

    Nicht unerwähnt bleiben sollte in diesem Zusammenhang, daß der Krieg im Osten auch von der sowjetischen Seite von Anfang an mit derselben Rücksichtslosigkeit und Härte geführt wurde. Schon im Frühjahr 1940 hat die Sowjetunion bei Katyn Tausende gefangener polnischer Offiziere ermordet. Während des deutsch-sowjetischen Krieges haben sowjetische Terroristen in erbeuteten deutschen Uniformen Greueltaten an der sowjetischen Zivilbevölkerung in den deutsch besetzten Gebieten verübt, um deren Haß gegen die Deutschen zu schüren und jeden Gedanken an eine etwaige Verbrüderung mit ihnen gegen Stalins Terrorherrschaft im Keim zu ersticken ("Fackelmänner-Befehl") - in der Tat sind ganz zu Beginn des deutsch-sowjetischen Krieges die angreifenden deutschen Truppen von der Zivilbevölkerung vielfach als Befreier empfunden worden. Bei der Konferenz in Jalta erklärte Stalin, Deutschlands militärische Stärke beruhe auf 50.000 Offizieren und Technikern, die man erschießen solle, sobald man ihrer habhaft würde (man fühlt sich durchaus an den deutschen Kommissarbefehl erinnert). Im weiteren Verlauf des Krieges hat der sowjetische Chef-Propagandist Ilja Ehrenburg, der Goebbels der Sowjetunion und eine der schlimmsten Bestien des Sowjetreiches, die sowjetischen Soldaten beim bevorstehenden Einmarsch in Deutschland zu massenhaften Morden und Vergewaltigungen aufgepeitscht. Wenn 1945 im Vergleich den Opfern deutscher Kriegsverbrechen in der Sowjetunion nur vergleichsweise wenige Deutsche Opfer sowjetischer Kriegsverbrechen geworden sind, lag das nicht daran, daß die sowjetische Armee humaner gewesen wäre als die deutsche, sondern schlicht am Mangel an Gelegenheit: wenn die Rote Armee in Deutschland vier Jahre lang so gewütet hätte, wie sie es 1945 vier Monate lang getan hat, wäre ein Vielfaches an Opfern zu beklagen gewesen.

    @exenter und @Slovak08: die Politik der "verbrannten Erde" beim deutschen Rückzug hatte weniger mit der rassistischen Verachtung der Slawen, sondern vor allem mit militärischen Überlegen zu tun: man zerstörte die Infrastruktur der Gebiete, aus denen man sich zurückzog, um dem Feind das Vordringen zu erschweren. Dasselbe hat man auch in anderen Gegenden gemacht, zum Beispiel im Norden Norwegens - den Norwegern als germanischem Volk gegenüber empfand das Nazi-Regime ganz gewiß keine rassistische Verachtung.

  • vor 7 Jahren

    Ich habe da überhaupt keine Ahnung, aber...;-)

    Bereits bei der Eroberung Polens zeigte die deutsche Wehrmacht, aber vor allem die Sondertruppen der SS und der Polizei, das das kein regulärer Krieg war. In den rückwärtigen Gebieten wurde sofort begonnen, polnische Intellektuelle und einen Teil der Oberschicht zu liquidieren und die jüdische Bevölkerung als solche äußerlich zu kennzeichnen und teilweise an Ort und Stelle zu ermorden.

    Weit schlimmer wurden die verbrecherischen Handlungen mit dem Beginn des Angriffs auf die Sowjetunion. Nicht nur, dass 100.000de russischer Kriegsgefangener in Lager verfrachtet wurden und dort einfach verhungerten, wurden fast sämtliche Juden eingefangen und in KZ gebracht, um dort unter grausamsten Umständen bis zum Tote zum Arbeitseinsatz gezwungen wurden. Teile der Bevölkerung wurde zwangsverpflichtet zum Arbeitseinsatz im deutschen Reich, das Land wurde ausgebeutet und ausgeplündert, bis es nichts mehr zu holen gab und die genügsame russische Bevölkerung hungern musste.

    Selbst während des gesamten Rückzuges ab 1943 wurden wann immer möglich alle Brücken, Bahngleise, verbliebene Industrieanlagen, Teile von Städten, ganze Dörfer gesprengt oder angezündet.

  • Anonym
    vor 7 Jahren
  • vor 7 Jahren

    Weil alles sinnlos vernichtet wurde vor allem Menschen

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  • Jakob
    Lv 4
    vor 7 Jahren

    ja - - wie meist krieg ist unbarmherzig wie immer und die vernichtung haben wir schon in der naehe.

    also brauchen wir keine erinnerung zum vergangenem, weil die meisten sowiso keine erfahrung haben - - nur kopien-schwindel

  • vor 7 Jahren

    Wißt Ihr eigentlich, daß mehr russische Soldaten in deutscher Kriegsgefangenschaft umgekommen sind als deutsche in russischer?

    Wir haben allen Grund uns abgrundtief zu schämen.

  • vor 7 Jahren

    Die slawischen Völker, darunter auch die Russen, die dazumal auch noch "rot" waren wurden als Untermenschen und als eine minderwertige Rasse angesehen und auch so behandelt. Man führte den Krieg der verbrannten Erde, was besonders beim Rückzug zur totalen Vernichtung auch vieler Orte und deren Bevölkerung führte. Es sollte kein Stein auf dem anderen bleiben.

  • vor 7 Jahren

    Weil im Osten nach der Eroberung der Gebiete durch die Wehrmacht, die SS-Kommandos nachgezogen sind und dort teilweise die Zivilisten zusammengetrieben und erschossen wurden. Sie wurden als Untermenschen und teilweise Tiere angesehen und auch so behandelt. Entweder in Arbeitslager gebracht, oder wie schon erwähnt, erschossen oder misshandelt. Auch die Wehrmacht beteiligte sich an diesen Verbrechen von Zeit zu Zeit und war sicher nicht unschuldig. Solche Vorgehensweise verstößt gegen die Genfer Konventionen und daher wird dieser Krieg als "Vernichtungskrieg" bezeichnet.

  • ?
    Lv 7
    vor 7 Jahren

    Die Deutschen wollten "Lebensraum" im Osten. Das erfordert, dass man die dort lebenden Menschen vernichtet - was man auch gemacht hat.

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