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Anonym
Anonym fragte in Kunst & GeisteswissenschaftPhilosophie · vor 9 Jahren

war friedrich nietzsche selber ein nazi oder ein wegbereiter der nationalsozialisten?

ich habe früher viel von friedrich nietzsche gelesen. ich fand es dann bedenklich, als ich merkte, dass auch die nazis von früher im dritten reich auch seine literatur gut finden. was ich gelesen habe, ist, dass adolf hitler das buch "also sprach zarathustra" als eines der besten bücher, die es je gab, bewertete. ich frage mich, was die nazis so gut an nietzsche fanden. es soll ja auch nazis gegeben haben, die nietzsche als "judenfreund" oder als "kommunist" beschimpft und abgelehnt haben. jetzt frage ich mich, ob es sein kann, dass friedrich nietzsche auch verantwortlich am entstehen des holocaust sein könnte. es stellt sich die frage, ob es sein kann, wenn man heute friedrich nietzsche wieder gut findet, ob dadurch auch morde an juden, schwulen oder behinderten dadurch gefördert werden könnte.

ich würde mich sehr freuen, wenn es jemanden gibt, der sich damit auskennt, und mir eine kluge antwort geben könnte. ich selbst finde die schriften von friedrich nietzsche auch kennt, aber lese nur noch selten was von ihm, weil ich befürchte, ich könnte damit rassisten unterstützen. wie muss man nietzsche beurteilen, ist dieser philosoph ein rechter, konservativer und rechtsradikaler schriftsteller wie adolf hitler, oder war ein existenzialist wie camus oder sartre?

ich kenne solche auffassungen von ihm wie den "übermenschen", und ich frage mich, ob sich die nazis als germanen auch als "übermenschen" gesehen haben. klar ist wohl, dass nietzsche mit dem begriff "übermenschen" eher einzelne menschen, wie genien und künstler meinte, und nicht die deutsche rasse, wie das ein rechtsradikaler interpretieren könnte. als ich anfing, nietzsche zu lesen, war da auf dem buch so ein kommentar des verlages. und da hieß es "es führt kein weg über nietzsche nach ausschwitz". mir stellt sich die frage, ob das nicht vielleicht gelogen ist, und man sehr wohl (vielleicht) den holocaust mit der philosophie von friedrich nietzsche begründen könnte.

ich würde mich auch freuen, wenn man diese frage ernst nehmen würde. manchmal gibt es irgendwelche leute die antworten sowas wie "wenn du nietzsche für einen nazi hälst, bist du ein depp". also solche antworten will ich keine. weil es gar nicht so abwegig, nietzsche für eine nazi oder nazi-philosophen zu halten. es stellt sich eher die frage, wie man seine arbeiten interpretieren sollte. also auch so die frage, ob nietzsche mitglied der NSDAP geworden wäre, wenn er zu der zeit noch gelebt hätte. oder hätte er die nazis abgelehnt? hätte er den holocaust gut gefunden? haben die nazis nietzsche falsch interpretiert, und wie haben sie das gemacht?

8 Antworten

Bewertung
  • ?
    Lv 7
    vor 9 Jahren
    Beste Antwort

    Sicher bist du ein Verehrer des Schriftstellers .

    Alle Literatur im Originanzustand sind für dich aussagefähig .

    Alle Aussagen Dritter über Nietzsche vor 1945 und nach 1949 kannst du

    ausklammern . Auch die Neuauflagen seiner Werke .

    Es gab und gibt nicht nur Bücherverbrennungen , auch dem Staat gefällige

    Fälschungen . Unabhängig von Nietzsche .

    Seit 8o Jahren haben sich die " Feinde und Halbfeide unserer Auserwählten

    nicht geändert . Ob Jude oder Kommunist oder Demokrat ist nicht alles .

    Und ob ein Nazi nicht auch Todfeind der Nazi war ?

    Wer will sowas heute bewerten bei unserer Meinungsfreiheit .

    ************************************ ------------------------------------------- ??

  • vor 9 Jahren

    Mit der Legende, die behauptet, Nietzsche sei ein Wegbereiter des Faschismus müsse Schluss gemacht werden, das forderte ausgerechnet ein Jude, der vor den Nazis fliehen musste, der 1890 in Saarlouis geborene Rechtswissenschaftler Richard Maximilian Cahen. 1939 veröffentlichte er unter dem Pseudonym Richard Maximilian Lonsbach die noch heute lesenswerte Schrift "Friedrich Nietzsche und die Juden", die 1985 vom Bouvier-Verlag erneut aufgelegt wurde.

    Friedrich Nietzsche hat sich im Laufe seines Lebens und seines Denkens nicht nur vom gemäßigten, den Vorurteilen seines Jahrhunderts verhafteten Antisemiten zum schärfsten Gegner der Judenfeinde seiner Tage gewandelt, mehr noch er fühlte sich besonders zu den Juden hingezogen und von ihnen am besten verstanden. Er, der körperlich schwergeprüfte Mensch, konstatiert Lonsbach, habe im geschichtlich schwergeprüften jüdischen Volk, den gleichen Hang erkannt, die gleiche Qual, die gleiche Liebesfähigkeit, die gleiche Liebe zum Leben wie bei sich selbst. Was Nietzsche aber vor allem an Juden gebunden habe, sei das Streben nach Neuformung und Neugestaltung der Welt gewesen, nach einer Erhöhung der Lebensinhalte, die tiefe Sehnsucht nach einem Anders- und Besserwerden der seelischen und irdischen Lebensbezüge schlechthin. Lonsbach vergleicht Nietzsches Streben mit dem jüdische Streben nach Welterneuerung. Ähnlichkeiten zwischen der Philosophie Nietzsches und dem Judentum entdeckt der Autor auch in der Zielstrebigkeit nach neuen Wertsetzungen, in der Umwertung der Werte, in der Stellung zum Leben selbst, der Bejahung des Lebens um jeden Preis. "Sie geht weit über das Leben als biologische Tatsache hinaus."

    In seiner Umwertung der Werte nimmt Nietzsche die Täuschungen des nächsten Jahrhunderts vorweg und "erspürt die kommende Kontaktlosigkeit, die im nächsten Jahrhundert nicht nur die Wenigen von den Vielen, sondern auch die Wenigen und die Vielen untereinander trennen wird, bis sie Opfer eines Massenrausches, der Massenvernichtung werden"(Schäfer). In der Tat so ist es: Nietzsches Prophezeiungen wurden durch die Wirklichkeit des 20.Jahrhunderts weit überboten. Heute sind wir geneigt, in ihm nicht mehr so sehr den Vorläufer des Faschismus oder den Unheilbringer des Nihilismus zu sehen, sondern eher einen feinfühligen Seismographen und Propheten, der vieles vorausgeahnt und gespürt hat.

    http://www.ursulahomann.de/VoltaireNietzscheUndDie...

  • vor 9 Jahren

    sicher, wie die meisten in der Zeit

  • vor 9 Jahren

    Nietzsche war kein Nazi und Hitler hat vielleicht niemals Nietzsche gelesen.

    Der einzige Grund weshalb die Nazis sich so für Nietzsche interessierten war, dass er die philosophischen Konzepte Übermensch und Untermensch entwarf. Der Über- und Untermensch waren eine Einteilung von Menschen, durch Nietzsche die sich explizit von der der Nazis unterschied.

    Nietzsches Schwester hatte (ich bin mir nicht 100% ob es seine Schwester war) einen Mann, welcher völkisch-germanische und antisemitische Anschauungen vertrat. Es ist bekannt, dass Nietzsche gegen eine solche Vorstellung von Unter- und Übermensch war. Ich glaube, dass er die Nazis für Untermenschen halten hätte müssen und es als eine hohle Massenbewegung angesehen hätte. Bei Nietzsche gibt es auch keinen so elitären Übermenschen, wie ihn sich die Nazis vorstellten.

    Der Grund weshalb Hitler Nietzsche bewunderte ist sehr schwer zu erörtern.

    Heute ist bekannt, dass kein einziges Nietzsche Buch in Hitlers Privatbibliotheken in der Reichkanzlei, in München oder am Obersalzberg war. Es gibt auch ein Buch über Hitlers literarische Interessen "Hitlers Libary", laut dem er vielleicht nie etwas von Nietzsche gelesen haben soll. Der Grund weshalb Nietzsche im 3. Reich, in die Probaganda mit eingebunden wurde, waren wie schon gesagt seine Einteilung von Menschen in Unter- und Übermensch. Nietzsches Nichte die ihn Pflegte, als er nervlich am Ende war, sah Hitler als den Übermenschen an, von dem Nietzsche in "Also sprach Zarathustra" schreibt. Von Nietzsche hätte so eine Deutung nie Zustimmung gefunden, da seine Lehren philosophische sind, Hitlers Lehren sind sozialdarwinistische, dass ist ein großer Unterschied. Es ist einfach davon auszugehen, dass sich Nietzsches Nichte, mit ihrer Deutung, damals beliebt machen wollte, so wie sich Branau z. B. beliebt machen wollte indem es Hitler zum Ehrenbürger erklärte.

    Hitlers Theorien und Ideologien beruhten eher auf den rassekundlichen Werken von Housten Steward Chamberlain, den Protokollen der Weisen von Zion oder dem Mythos des 20. Jahrhunderts von Rosenberg.

    Was die KZs betrifft, so wird heute leider die gängige Meinung vertreten, dass die Deutschen dort alles hindeportierten was nicht deutsch war. Das ist komplett falsch. In Deutschland lebten einige Muslime, Inder, Japaner und Schwarze die nicht in ein KZ deportiert wurden. Hitlers Hass richtete sich gegen Zigeuner, Slawen und Juden. Die ersten beiden insbesondere die Slawen, wurden später nicht mehr verfolgt, weil sie für den nicht mehr zu gewinnenden Krieg gebraucht wurden. Hitler aber war ein Antisemit, sein Denken war, von einem Fanatismus auf die Vernichtung der Juden, bestimmt. Die Vorlage für den Holocaust lieferten also "Die Protokolle der Weisen von Zion" und nicht "Also sprach Zarathustra".

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  • vor 9 Jahren

    Lies hier mal nach:

    http://www.geocities.ws/films4/willezurmacht.htm

    Dikigoros fasst Nietsches Theorien (und auch die anderer Philosofen) recht gut und allgemein verständlich zusammen.

    Übrigends, nicht böse sein...

    Wenn ich mir den Satz "wenn du nietzsche für einen nazi hälst, bist du ein depp" so durchlese, kann ich auch nicht anders als das ähnlich zu sehen.

  • Sunny
    Lv 6
    vor 9 Jahren

    Ob Nietzsche dafür verantwortlich gemacht werden kann ist doch sehr fragwürdig...zweifelsfrei war Nietzsche aufgrund seiner elitären Gesinnung anti-demokratisch, und er hielt auch wenig von weiblicher Emanzipation....an den provozierenden Schlagworten Nietzsches wie denen vom "Übermenschen", dem "Willen zur Macht", der "Herrenmoral" oder der "blonden Bestie" bedienten sich die Nazis gerne, um daraus Rechtfertigungen für ihre eigenen Ideen zu finden....Nietzsche glorifizierte Stärke und Krieg. Dass dies von ihm allerdings überwiegend geistig-metaphorisch gemeint war, wurde im Dritten Reich geflissentlich ignoriert, ebenso wie seine vor allem im Spätwerk immer wieder auftretende heftige Ablehnung von Antisemitismus und Nationalismus.

  • Nein.

    Ich bin kein Nietzsche-Fan und teile die Auffassung eines - ich glaube - Münsteraner Philosophen, der schrieb: Nietzsche war ein (nicht nur körperlich) schwachbrüstiger Philosoph, den gerade deswegen Stärke faszinierte und sie idealisierte, was wiederum andere Menschen zu seinen Anhängern machte. Auch seine Ablehnung des Mitleids (als Zeichen der Schwäche) begeistert einige Menschen.

    Nietzsche träumte von einer Gesellschaft, in der faktisch die meisten Menschen Sklaven wären und die Künstler und Philosophen das Sagen hätten. Also Leute wie er.

    Nietzsche war der Ansicht, dass es pro Generation höchstens ein Genie gebe, dass die Genies anderer Generationen verstehen könne. Und er sei ein solches Genie. Trotzdem bilden sich in jeder Generation tausende Nieztsche-Fans ein, dass sie sein Werk verstanden hätten und ähnliche Freigeister seien. Kann natürlich sein, dass ich in all dem falsch liege - ich bilde mir nicht ein, Nietzsches Werk zu verstehen, wofür man nach Nietzsches Ansicht ja das einzige Genie seiner Generation sein müsste.

    Wenn wir diesen Genie-Anspuch mal weglassen, ergeben sich aber einige Punkte, die klar gegen die These von Nieztsche als Wegbereiter des Nationalsozialismus sprechen:

    Nietzsche hat sich in seinen Werken explizit gegen den Antisemitismus ausgesprochen.

    Man kann bedauern, wenn eine Theorie zweckentfremdet wird. Aber das nicht dem Autor zum Vorwurf machen. Man kann sehr wohl einem Autor einen Vorwurf machen, wenn die konsequente Auslegung seiner Theorie zu katastrophalen Folgen führt. Aber nicht, wenn seine Theorie zerstückelt und partiell argumentativ missbraucht wird. Und Nietzsches Gesamtwerk ist weder Fundament noch Vorläufer der nationalsozialistischen Idee.

    Nietzsche ging vom Ideal eines radikalen Individualismus aus: Der Übermensch ist nicht an die Sklavenmoral gebunden, er nimmt sich was er will, er kann auch problemlos anderen Menschen etwas gönnen. Aufgrund seiner individuellen Stärke. Das ist das Gegenteil von völkischen Ideologien, wo die Gesamtheit einer Gruppe sich gegen andere Gruppen wendet.

    Nietzsches Übermensch ist aus sich heraus stark und erschafft sich seine eigene Moral. Er ist nicht stark aufgrund seiner ("arischen") Abstammung, aufgrund seiner Volksgemeinschaft oder seiner Rasse. Sein Ziel ist auch nicht die Weltherrschaft seiner Gruppe. Er denkt an sich. Er ist kein Teil einer Gemeinschaft, die gegen Andere kämpft, die als Gruppe andere Gruppen unterdrücken will. Er respektiert, dass es andere Starke gbit, die ebenfalls ihr Ding durchziehen.

    Nach meiner Interpretation hätte Nietzsche überhaupt keine Sympathien für Leute gehabt, die ihre vermeintliche Stärke aus der vermuteten Überlegenheit ihrer Gruppe ziehen wollen. Das wäre genau die Herden- und Sklavenmoral, die Nietzsche zutiefst verachtete. Ich gehe davon aus, dass Nietzsche das Mitläufertum und 'Entindividualisieren' der nationalsozialistischen Ideologie, das Prinzip der Selbstbestätigung durch Zugehörigkeit statt durch selbstreflektive Souveränität durch seine zugegebenermaßen begnadeten Aphorismen auseinander genommen hätte.

    Während der Nationalsozialismus wesentlich auf Ressentiments basiert, fand Nietzsche sie erbärmlich: Aus Wikipedia (s. Link) über Nietzsches Ansicht zu Ressentiments: "Dies sei das Grundempfinden der Sklavenmoral. Aus Missgunst, Neid und Schwäche schüfen sich die „Missratenen“ eine imaginäre Welt (zum Beispiel das christliche Jenseits), in der sie selbst die Herrschenden sein und ihren Hass auf die „Vornehmen“ ausleben könnten." Trifft imho präzise den Nationalsozialismus.

  • Julie
    Lv 5
    vor 9 Jahren

    Ja, war er - ein geistiger Wegbereiter dieser verfluchten Bande!

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