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Schöpfungsgeschichte der Bibel ist ein Loblied? Religion Grund von Gewalt?

Hey

ich (seit kurzem Atheist) setze mich kritisch mit unserem Religionsunterricht auseinander, in den ich leider immer noch geh. Natürlich sehe ich jetzt alles aus einer anderen, kritischeren Sicht. Meine Fragen:

1. Uns wurde gesagt, dass die Schöpfungsgeschichte ein Loblied und keine historische Nacherzählung sei. Gibt es Hinweise darauf, dass es sich wirklich um ein Lied/Gedicht handelt (Versmaß, Reime etc)? Oder ist das ist nur ein Erklärungsversuch der Theologen, die Bibel immer noch als "korrekt" und "Wort Gottes" darzustellen? Also damit sie nicht wissenschaftlichen Erkenntnissen widerspricht? Meine Vermutung ist letztere. Denn schon andere, heutzutage moralisch fragwürdige Bibelstellen werden als Allegorien, Methaphern oder "innere Wahrheit" (d.h. der Text vermittelt nur eine Weißheit, kein Ereigniss, also wie Gleichnisse) hingestellt. Ich habe das Gefühl, dass Bibelstellen, die nicht mehr in unsere heutige Gesellschaft passen, einfach in ihrer Aussage verändert werden. Aber ich bin offen für andere Aussagen.

2. Wir haben gelernt, dass Religion nur ein kleiner Grund für Gewalt, Kriege und Hass sei. Doch wo auch immer ich auf der Welt hinschau oder im Geschichtsbuch schau, ist Religion ein Hauptgrund für Gewalt. Hat unsere Lehrerin Recht und ist Religion nur eine Ausrede von Attentätern und kein wirklicher Grund?

Ich weiß, dass die Bibel ganz sicher nicht von Gott geschrieben wurde (es gibt ihn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht, keine Debatte bitte :D ), ich will nur wissen, ob diese Ausreden der Christen gerechtfertigt sind. Wenn nein, finde ich es ziemlich perfide, uns sowas im Unterricht reinzuhämmern, damit wir nicht an Gott zweifeln.

Update:

Ja, ich habe die Bücher der Atheisten (God is not Good und The Goddelusion etc) gelesen :D

Ich weiß aber nicht recht, ob ich denen beiden im Thema Gewalt 100% glauben soll, denn die beiden scheinen manchmal etwas zu übertreiben. und sie rechnen Religion überhaupt nichts Gutes zu, obwohl es positive Aspekte von Religion gibt.

16 Antworten

Bewertung
  • vor 9 Jahren
    Beste Antwort

    1. Die Schöpfung

    Es gibt in der Bibel zwei Schöpfungsgeschichten. Beide sind in der Tat keine "historischen Nacherzählungen," sondern Glaubensbekenntnisse. Keine von beiden wollen erklären, wie die Welt entstanden sei, diese Frage interessiert sie, streng genommen, überhaupt nicht, sondern sie wollen die Welt deuten. Beide Schöpfungsgeschichten erzählen übrigens von keiner Schöpfung "aus dem Nichts," sondern in beiden ist vor der Schöpfung schon etwas da: in 1.Mose 1 endlose Wassermassen (Urflut), in 1.Mose 2 Wüste.

    1.Mose 1 ist von gelehrten israelitischen Priestern im babylonischen Exil (6.Jahrhundert v.Chr.) geschrieben worden. Ein "Lied" im heutigen lyrischen Sinne ist die Erzählung sicherlich nicht, aber sie hat durchaus hymnischen Charakter. Die Babylonier hatten die Reste des judäischen Staates vernichtet und die Oberschicht ins Exil nach Babylon verschleppt. Das war für die Israeliten nicht nur eine politische Katastrophe, sondern es erschütterte auch die Grundfesten ihres Glaubens. Denn nach damaliger Auffassung hatten, wenn ein Volk oder ein Reich unterging, auch seine Götter versagt und sich als zu schwach oder gar nicht existent erwiesen. Die Frage, die die Verfasser von 1.Mose 1 bewegte, war also überhaupt nicht: "Wie ist die Welt entstanden?", sondern: "Sind die babylonischen Götter stärker als der Gott Israels?"

    Die Schöpfungsgeschichte, die sie schrieben, war eine Erwiderung auf den babylonischen Schöpfungsmythos Enuma Elisch, in dem der babylonische Gott Marduk die Welt erschafft. Die Babylonier glaubten an viele Götter, die Israeliten nur an einen. Die babylonischen Götter waren streitsüchtig, konkurrierten miteinander und brachten einander sogar um (waren also sterblich!), während der Gott der Bibel die Welt wie ein weiser Baumeister souverän und in aller majestätischen Ruhe nach einem großartigen Plan erschafft. Die Gestirne waren für die Babylonier Götter, für die Israeliten tote Himmelskörper ("Leuchten"). Und die Menschen werden in "Enuma Elisch" als "Sklaven der Götter," in 1.Mose 1,27 aber als "Ebenbild Gottes" bezeichnet.

    Das sind die entscheidenden Aussagen, auf die es den Verfassern von 1.Mose 1 ankam. Die Vorstellungen darüber, wie die Welt aufgebaut sei (flache Scheibe, Himmelsgewölbe darüber, Wasser darum herum) und in welcher Reihenfolge alles entstanden sei, entsprach dem damaligen Weltbild, das auch alle anderen Völker des alten Orient hatten. Mit einer Ausnahme: daß die Gestirne erst nach Tag und Nacht, dem Himmelsgewölbe, Land und Meer und nach den Pflanzen erschaffen werden, ist auch für die damalige Zeit absolut ungewöhnlich. Die Aussage, die dahinter steht, ist symbolischer Natur: die Gestirne werden so weit nach hinten gerückt, um sie in ihrer Bedeutung zu degradieren (für die heidnischen Völker waren sie, wie gesagt, Götter).

    Man kann, ja: man MUSS davon ausgehen, daß die Verfasser von 1.Mose 1, wenn sie heute lebten, ihrem Schöpfungs-Hymnus die HEUTIGEN wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Entstehung der Welt und nicht die damaligen zugrunde gelegt hätten.

    Auch die Gliederung der Schöpfung in 7 Tage, d.h. in 6 Arbeitstage und einen Ruhetag (Sabbath) hat symbolische Bedeutung: ihre Aussage lautet nicht: "Die Welt ist in 6 Tagen entstanden," sondern: "Bereits in der Schöpfung ist der Sabbath von Gott als Ruhetag angelegt." Das Sieben-Tage-Schema ist übrigens eine spätere Bearbeitung: ursprünglich war die Schöpfungsgeschichte in acht Schöpfungswerke gegliedert (die Zahl "Acht" symbolisiert Harmonie und Vollkommenheit). Bei ihrer Verteilung auf sechs "Arbeitstage" sind daher auf zwei Tage je zwei Schöpfungswerke entfallen (am 3.Tag: a. Land und Meer, b. Pflanzen; am 6.Tag: a. Landtiere, b. Menschen).

    Auch die Schöpfungsgeschichte in 1.Mose 2 (geschrieben im 9.Jahrhundert v.Chr. in Israel) ist voller symbolischer Aussagen. Auch sie ist kein historischer oder naturwissenschaftlicher Bericht, sondern ihrer literarischen Gattung nach ein Mythos. Ein Mythos erzählt anhand erfundener Personen von grundlegenden Menschheitserfahrungen und religiösen Weltdeutungen.

    Die Schöpfungsgeschichte in 1.Mose 2 will als Bekenntnis zu Gott als dem Schöpfer und Erhalter des Lebens verstanden werden, der es gut mit den Menschen meint und ihnen auch die Grenzen, die er ihnen setzt (dafür steht symbolisch der Baum in der Mitte des Gartens, von dem die Menschen nicht essen dürfen), zu ihrem eigenen Besten setzt. Adam und Eva sind nicht als "historische" Personen, sondern als symbolische Personifizierungen der Menschheit gemeint. Auch ihre Namen sind symbolischer Natur: das hebräische Wort "Adam" heißt "Mensch" (wörtlich: "Erdling"), "Eva" bedeutet: "die Leben Gebärende."

    Symbolisch ist auch gemeint, daß Eva aus der Rippe Adams geschaffen wird: in einer Zeit, in der die Frauen als Besitz ihrer Männer galten, wird hier den Männern gesagt: "Aus Deiner Rippe, Fleisch von Deinem Fleisch, also nicht Dein Besitz, sondern gleichen Wesens und gleicher Würde wie Du."

    Quelle(n): 2. Krieg und Religion Religion ist nur EINER von ganz vielen verschiedenen Gründen, weswegen im Laufe der Geschichte Kriege geführt wurden. Die Behauptung, sie sei der Hauptgrund für Krieg und Gewalt, hält keiner unvoreingenommenen historischen Nachprüfung stand.
  • Anonym
    vor 9 Jahren

    Ich beantworte mal die zweite Frage: Die Wurzel des Übels ist immer noch der Mensch selbst. Fanatische religiöse Ansichten können mit leichtigkeit durch fanatische politische Ansichten ersetzt werden [Beispiel: RAF, Drittes Reich, Soviet Union, Syrien, USA usw.]. Wenn man ein Talent dafür hat, dann kann man bestimmten Gruppen ALLES einreden und sie werden los ziehen und andere Menschen für dich töten. Genau so schädlich ist natürlich die Gier nach Macht und Geld, sowie der Hass. Du siehst also es gibt verdammt viele Gründe warum die Menschen sich gegenseitig vernichten, die Religion ist nur einer von ihnen.

  • vor 9 Jahren

    Danke, @Musiker, dass hier wieder mal antwortest. Deiner ausführlichen und fundierten Antwort brauche ich nichts mehr hinzuzufügen. Mal sehe, wie die Reaktionen dieses Mal ausfallen.

    Nur zu dem Thema "Religion und Gewalt": Grund für Gewalt ist im Lauf der Geschichte nicht die Religion, sondern der Mensch (die Menschen als solche). Die Religion bildet nur alles ab, was den Menschen ausmacht. Man kann und solte sie nicht zu einem Teilbereich des Lebens einschränken, auch nicht in Gedanken und Vorstellungen.

    Und: zu den Schöpfungstexten der Bibel gehören nicht nur Gen 1 und 2, sondern auch Ps 8 und Ps 104.

  • Nata
    Lv 5
    vor 9 Jahren

    EIN Lied ist es sicherlich nicht, schließlich wurde die Bibel zu verschiedensten Zeiten von unterschiedlichen Menschen mit verschiedenen Interessen geschrieben. Aber schau dir mal zum Beispiel die Schöpfungsgeschichten an. Da stehen zwei widersprüchliche Texte direkt hintereinander. Egal, was du von Christen halten magst- sie können doch nicht so dumm sein, das nicht bemerkt zu haben... das ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Texte tatsächlich nicht wörtlich zu nehmen sind.

    Religion wird vor allem gerne als Vorwand für Kriege genutzt, der eigentliche Grund ist es tatsächlich nur selten, wie ich glaube. Könige haben oft ihre Position mit Gottgegebenheit gerechtfertigt, aber letztendlich ging es damals wie heute hauptsächlich um Macht, Geld und noch mehr Macht. Aber weil sich das nicht schön anhört, hat man schon immer versucht, gerade das einfache Volk mit religiösen Dogmen gefügig zu machen. Was würdest du eher befolgen, wenn du ein gläubiger einfacher Bürger vor einigen hundert Jahren wärst? "Du musst sterben, weil ich durch den Krieg mächtiger werde" oder "Du darfst für deinen Gott in den Krieg ziehen"?

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  • vor 9 Jahren

    Gäbe es keine Religion, die Menschen schlügen dennoch einander tot.

  • Tifi
    Lv 7
    vor 9 Jahren

    1. Es existieren zur Schöpfung des Menschen 2 Versionen im selben Buch - Genesis.

    ( 7 Tage /Mensch aus Lehm erschaffen)

    Das mit den 7 Tagen nicht zu ernst nehmen, 1000 Jahre sind vor Gott wie ein Tag und die wenigsten Menschen konnten damals bis 1000 zählen...

    Diese Geschichten weisen Parallelen zum Gilgamesch Epos auf. Versuch mal jemanden vor 5000 Jahren Einsteins Relativitätstheorie zu erklären ?

    Die Schöpfungsgeschichten sind sicherlich kurze und verständliche Erklärungen, die bis heute gelten, auch in der Evolutionstherie - die Erde war wüst und leer, dann entwickelten sich in chronologischer Reihenfolge erst die Pflanzen, dann die Tiere...

    2. Stimme deiner Lehrerin zu, Religion wird zum "Klassenkampf von oben " ständig missbraucht, das hat wenig mit dem "lieben Gott" zu tun.

  • Karl
    Lv 5
    vor 9 Jahren

    bravo, du hast alles richtig erkannt

  • vor 9 Jahren

    Ich kann dir da nur zustimmen. Ich bin zwar nicht "ungläubig", aber die Bibel ist kein Geschichtsbuch, das ist schon mal klar.

    Wer sich die Texte mal gründlich durchliest (Bibel ebenso wie den Koran) findet so viele Widersprüche, dass man sich sein Leben danach kaum vernünftig ausrichten kann.

    Und sehr viele Kriege, Folterungen und Morde gehen von den Anhängern irgendeiner Religion aus.

    Intoleranz gegenüber Andersdenkenden ist in vielen Religionen üblich und wird auch aktiv gefördert.

    Allerdings neigen auch die Feinde von Religionen oft sehr zu Übertreibungen.

    Daher ist es besser, sich ein eigenes Bild zu machen und daraus eine eigene Meinung abzuleiten, so, wie du es offenbar auch gemacht hast.

  • vor 9 Jahren

    "Musiker" und "Ente " haben recht, aber das Problem ist ein Anderes. "Die Bibel" gliedert sich in 2 Teile. Das AT (Thora) wurde begonnen um 800vCh. Das NT um 50 nCh (Ur Markus Evangelium).

    Im AT gibt es viele Dinge, die historisch überprüfbar sind, im NT gibt es , trotz akribischer römischer Geschichtsschreibung, auf einen Rabbiner Namens Jesus keine Quellen, während ein "Josua" (heute Johannes der Täufer) durchaus erwähnt wurde.

    Ich bin kein Atheist, aber ich brauche auch keine Theologen, die mir (432 nCh oder 642 nCh mir eine selektive Schrift im Sinne des heutig gültigen NTs vorlegen, die damals von 12 Menschen selektiert wurde (Lyon und Alexandria).

    Was den Christen in Byzanz nicht passte, daher die 1. Kirchenspaltung.

    Langer Rede kurzer Sinn: Religionen werden von Menschen zur Unterdrückung von Menschen gemacht, was aber einen Gott nicht ausschließt, nur unwahrscheinlich macht.

    Es ist interessant sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen , auch mit der Geschichte der (monotheistischen)Religionen, denn dann erkennt man sehr Vieles, erst dann ist man "Atheist" oder "Theist", ohne Bildung ist Alles nur Geglaube! Oder will man Glauben ?!

  • vor 9 Jahren

    chöpfungsgeschichte der Bibel ist ein Loblied?

    nein

    das ist falsch

    lies mal die bibel

    zb in genesis 1,27 wird der unterschied von gut und boese erklaert

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