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Wolfgang Koeppen: Jugend (1976)?

Guten Tag,

ich habe eine Frage zu der Erzählung "Jugend" von Wolfgang Koeppen.

Was ist mit dem Abschnitt gemeint, der mit "Ich zündete die Stadt an" anfängt? Es ist wohl kaum bildlich gemeint.

Hier der Text:

In meiner Stadt war ich allein. Ich war jung, aber ich war mir meiner Jugend nicht bewusst. Ich spielte sie nicht aus. Sie hatte keinen Wert. Es fragte auch niemand danach. Die Zeit stand still. Es war eher ein Leiden. Doch es gab keinen, der mir glich.

Ich trieb mich herum. Ich war unterwegs. Ich war auf den Straßen und Plätzen. Ich fiel überall auf. Ich hatte kein Ziel. Ich stellte mich mitten auf den Markt. Ich war unnütz; das gefiel mir. Ich genoss es, auf dem Markt zu stehen. Einfach nur so. Ich hatte nichts anzubieten. Nicht einmal mich selbst. Ich wollte nicht teilhaben. Ich verachtete sie. Ich kannte die Kurse nicht. Ich fragte nicht nach dem Preis.

Ich zündete die Stadt an. Erdmanns Warenhaus brannte. Eine Fackel in der Nacht. Das Rathaus brannte. Meine Stammrolle verbrannte. Das war gut. In Flammen stand das Gericht. Ich öffnete das Gefängnis. Ich verteilte die Waren der Geschäfte an die Armen und die befreiten Gefangenen. Aus Buggenhagens Buchhandlung bekam jeder ein Buch. Das Geld der Sparkasse auf die Straße. Kinder spielten mit den Scheinen, formten Schiffchen, setzten sie in die Gosse.

Vielleicht liebte ich die Stadt. Ich stülpte sie um. Ich vernichtete ihre Ordnung. Ich störte die Feier.

Die Bilbiotheken zogen mich an. Ich suchte sie heim, gierig und süchtig. Zu ihren Verwaltern war ich wie ein Liebhaber, unwiderstehlich. Die Bibliothekare waren wehrlos. Sie wurden mir hörig. Sie öffneten ihre Schränke, trennten sich von ihren Schätzen. Ich breitete Schrift um mich aus. Ich verschlang, was gedruckt war. Ich vergaß mich. Auf belebtem Platz saß ich wie trunken. Das Alphabet trug mich fort.

Ich versuchte die Stadt. Ich war ein Ärgernis. Ich wollte ein Ärgernis sein. Die Ordnung beobachtete mich. Die Bürger mikroskopierten mich in ihren Fensterspiegeln. Sie sahen ein Ungeheuer. Die Ordnung fühlte sich herausgefordert und wünschte ein Gesetz. Alle Ertüchtiger bliesen zur Jagd. Sie pirschten sich ran. Sie umstellten mich. Sie bauten Fallen, in die ich nicht fiel. Ich tat nichts. Ich tat keinem etwas. Das war verdächtig. Das war böse.

1 Antwort

Bewertung
  • vor 1 Jahrzehnt
    Beste Antwort

    Immer sollte man sich bei der Textarbeit mit der Biographie des Autoren befassen.

    Wolfgang Koeppen (1906 -1996),einer der größten deutschen Nachkriegsautoren.

    Zeit und Ort seiner Erzählung sind nur mit Blick auf seine Biographie zu verstehen.

    Diesen Text darf man nicht als Geständnis eines Verbrechers sehen.

    Lies diese beiden Links über Wolfgang Koeppen:( Zeilen zusammenfügen)

    (1) http://de.wikipedia.org/

    wiki/

    Wolfgang_Koeppen

    (2) (2)http://www.likedeeler-online.de/

    Like/vor2004/

    ausgabe8/

    aus8_ikaz.htm

    Erster Eindruck vom Text: Was genau hat er getan? Eine Stadt niedergebrannt?

    Welche Häuser werden benannt,die brennen? Das Kaufhaus, wo man so

    gut einkaufen kann...hmm -warum wohl zündet er es an? Und warum das Rathaus,

    das seine Stammrolle* führte ? Fragen wir die Wikipedia,erfahren wir,was das war:

    (* Die ...Rekrutierungsstammrolle war das vom der Gemeindebehörde...zu führende

    Verzeichnis aller im militärpflichtigen Alter stehenden männlichen Einwohner...)

    Quelle[http://de.wikipedia.org/wiki/Stammrolle] ,er wollte also als Person für die

    Wehrpflicht nicht vorhanden sein. Und was tut er noch? Er verteilt "die Waren an

    die Armen une die Gefangenen, verteilt das Geld der Sparkasse und verteilt

    Bücher, er ist vor allem fester Freund der Bibliotheken, das Alphabet trug mich

    fort",sagte er von sich.

    Hier muss man als Leser anhalten und nachdenken! Natürlich ist das kein Bericht

    über eine Brandstiftung. Man muss diesen Text mit Blick auf eine fiktive Jugend in

    einer preußischen Kleinstadt zu Zeiten des Kaiserreichs und des I.Wektkriegs

    sehen, zu dessen Beginn K O E P P E N 8 Jahre alt war.

    Was könnte dieser Text widerspiegeln? Freude am Leben? Oder Hass auf alleS

    und allE ? Wirklich auf a l l E Menschen? Was wollte der spätere

    EHRENBÜRGER einer norddeutschen Universitätsstadt ausdrücken?

    Warum zündet er (natürlich fiktive) die Stadt an? Warum und mir welchem Zweck

    wohl das Rathaus?

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