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"Wir haben offenbar das falsche Schwein geschlachtet"?
Dieser Satz verfolgt mich nun schon eine Weile und ich kann keinen Beweis für seine Echtheit finden. Bitte helft mir das ganz auseinander zu klamüsern
Ich habe im Internet folgendes gefunden:
"In den Prozess platzte eine Nachricht, die Aufsehen erregte. Churchill hatte in der kleinen Universitätsstadt Fulton - USA eine antisowjetische Rede gehalten. "Vereinigt euch, um Russland zu stoppen!". Die britischen Zeitungen druckten den vollen Wortlaut. Churchill forderte Westeuropa und die USA zum Zusammenschluss gegen die Sowjetunion auf. Über das geschlagene Deutschland sagte er: "Wir haben offenbar das falsche Schwein geschlachtet"."
http://www.geschichtsthemen.de/nuernbergerprz.htm
Diese Seite kommt mir zugegebener maßen sehr seltsam vor. Ich möchte deshalb auch nich unbedingt rücksicht auf sie nehmen.
zumal ich auf folgenden Seiten Gegenteilige Informationen erhalten habe.
http://www.si-games.com/forums/archive/index.php/t...
http://forumarchiv.balsi.de/verlauf_weltkrieg/1912...
Für Hinweise bin ich sehr dankbar.
3 Antworten
- MusikerLv 6vor 1 JahrzehntBeste Antwort
Dieses Churchill-Zitat kenne ich seit Jahrzehnten; es wird also, @Cassandra, keineswegs erst „neuerdings behauptet,“ Churchill habe sich so geäußert. Auch sehe ich nicht, inwiefern sich dieses Zitat zu rechtsradikalen Rechtfertigungen der Hitlerschen Raub- und Eroberungspolitik gebrauchen ließe. Und für Großbritannien bestand zu keinem Zeitpunkt die Gefahr, „von dem österreichischen Ansichtspostkartenmaler angegriffen und besetzt“ zu werden.
Bei der Quellenlage kann ich Dir, @Maurice F, nicht weiterhelfen. Aber das Entscheidende scheint mir zu sein, daß der von Dir zitierte Satz wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge auf die damalige britische Politik paßt. Diese orientierte sich ganz und gar an der klassischen britischen „balance-of-power“-Politik, derzufolge sich Großbritannien auf dem europäischen Kontinent immer mit der jeweils zweitstärksten und anderen schwächeren Mächten gegen die stärkste verbünden müsse, um die Letztere daran zu hindern, sich zur kontinentalen Vormacht aufzuschwingen, oder sie, wenn ihr das bereits gelungen war, wieder auf ein Großbritannien genehmes Maß zurückzustutzen.
Aus diesem Grund hatte Großbritannien einst Napoleon bekämpft, aus diesem Grund hat es 1914-18 gegen Deutschland Krieg geführt, aus diesem Grunde ist es nach dem 1.Weltkrieg zu seinem Verbündeten Frankreich, der sich allzu massiv als neue kontinentale Führungsmacht gebärdete, auf vorsichtige Distanz gegangen, und aus diesem Grund hat es 1939 wiederum Deutschland den Krieg erklärt. Daß Deutschland mittlerweile von einem verbrecherischen Regime regiert wurde, spielte dabei für die britische Regierung (zunächst noch unter Chamberlain) nicht die allergeringste Rolle.
Churchill hat sich über die britischen Kriegsziele mit einer bemerkenswerten Offenheit geäußert. Während des Krieges lehnte er jede Zusammenarbeit mit dem deutschen Widerstand mit der Begründung ab: "Sie müssen sich darüber klar sein, daß dieser Krieg nicht gegen Hitler oder den Nationalsozialismus geht, sondern gegen die Kraft des deutschen Volkes, die man für immer zerschlagen will, gleichgültig, ob sie in den Händen Hitlers oder eines Jesuitenpaters liegt." Und später schrieb er in seinen Erinnerungen, Großbritannien habe den 2.Weltkrieg nicht geführt, um Hitler zu stürzen oder besetzte Länder zu befreien oder die europäischen Juden zu retten, sondern einzig und allein um eine deutsche Vormachtstellung auf dem Kontinent zu verhindern.
Allerdings hat dieser Krieg einen anderen Verlauf genommen, als Churchill sich das gedacht hatte: er hatte als europäischer Krieg begonnen, sich dann aber zum Weltkrieg entwickelt, in dem die USA und die Sowjetunion zu den entscheidenden Mächten wurden. Bei der Konferenz in Teheran mußte Churchill ernüchtert und frustriert feststellen, daß Großbritannien zum Juniorpartner der USA herabgesunken war und US-Präsident Roosevelt es nicht einmal für nötig hielt, mit Churchill eine gemeinsame Linie für die Verhandlungen mit Stalin abzustimmen.
Churchill war leidenschaftlicher Antikommunist. Aber das war nicht das Entscheidende, sonst hätte er sich ja nicht mit Stalin verbündet. Entscheidend war die schon genannte britische Definition des europäischen Kräftegleichgewichts. Nachdem sich die Schwächung Deutschlands nach dem 1.Weltkrieg durch den Versailler Vertrag aus britischer Sicht als unzulänglich erwiesen hatte und es Deutschland innerhalb von 20 Jahren gelungen war, die Fesseln von Versailles zu sprengen, gedachte man dieses Mal wesentlich weiter zu gehen.
Dabei hat man sich nicht nur in Deutschland verschätzt, mit dessen schnellen Siegen in Polen und Frankreich man nicht gerechnet hatte. Noch viel mehr hat sich die britische Regierung mit ihrem Gleichgewichtskalkül in der Sowjetunion verrechnet. Hitler war nicht der Einzige, der in seinem verbrecherischen Wahn die Stärke der Sowjetunion völlig unterschätzt hat. Diese Unterschätzung wurde auch von zahlreichen westlichen Staatsmännern und Militärs geteilt. Auch von Großbritannien.
Dabei spielte eine Besonderheit der klassischen britischen Weltsicht eine wichtige Rolle: Großbritannien war Seemacht, und das traditionelle britische Weltbild bestand, wie der Publizist und Historiker Sebastian Haffner es einmal formuliert hat, aus Küsten. Was dahinterlag, das von den Küsten weit entfernte Innere der Länder und die Tiefe und Weite kontinentaler Räume, blieb Großbritannien in gewisser Weise immer fremd und schwer einschätzbar. Welche gewaltige Macht mit der Roten Armee aus der Tiefe des eurasischen Raumes bis zur Elbe und Werra vorstieß, wurde Churchill erst gegen Ende des Krieges klar. War ihm das Großdeutsche Reich Adolf Hitlers mit den klassischen britischen Vorstellungen vom europäischen Kräftegleichgewicht unvereinbar erschienen, so war es das Sowjetreich nun noch viel mehr.
Der Satz vom falschen geschlachteten Schwein spiegelt genau diese Einsicht wider, daß Großbritannien sich in seinem Gleichgewichtskalkül völlig verrechnet hatte. Dieser Satz träfe auf die britische Politik übrigens selbst dann zu, wenn sein Wortlaut gar nicht von Churchill stammen sollte. Erstaunen kann er nur jemanden, der Churchill irgendwelche hehren Absichten oder Ziele unterstellt, anstatt zu erkennen, daß er den Krieg als rein imperialistischen Hegemonialkrieg geführt hat.
- CassandraLv 7vor 1 Jahrzehnt
Derselbe Satz wurde bereits Montgomery (Befehlshaber der britischen Streitkräfte)
zugeschrieben.
Man sollte jedoch sachlich bleiben: Was soll denn damit zum Ausdruck kommen?
England hat einen harten und verlustreichen Krieg führen müssen, um nicht dasselbe
Schicksal zu erleiden wie viele andere europäische Länder, die von dem österreichi-
schen Ansichtspostkartenmaler angegriffen und besetzt wurden.
Wenn also neuerdings behauptet wird, Churchill habe sich so geäuÃert, dann ent-
spricht das dem Wunschdenken gewisser rechtsradialer Kreise nach Rechtferti-
gung der Thesen von der "Herrenrasse" und der angeblichen Notwendigkeit
des "Lebensrtaums" auf Kosten anderer Völker.
Churchill sprach kurz nach dem Ende des 2. Weltkrieges von dem "Eisernen
Vorhang", der sich quer durch Mitteleuropa gesenkt habe - davon, dass er sich
in dem erwähnten Sinne geäuÃert haben soll, ist nichts bekannt.