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4 Antworten
- MusikerLv 6vor 1 JahrzehntBeste Antwort
Bismarck wollte die Stellung Preußens als europäische Großmacht sichern. Aus diesem Grunde setzte er sich auch an die Spitze der deutschen Einigungsbewegung. Dabei kam für ihn die deutsche Einigung allerdings nur als Einigung "von oben," d.h. durch die legitime Obrigkeit und nicht durch eine Revolution von unten, in Frage. In der Revolution von 1848 hatte er entschlossen auf der Seite des preußischen Königs gegen die Revolutionäre gestanden. Daß zur Erreichung politischer Ziele auch Kriege ein legitimes Mittel seien, stand für ihn - wie auch für alle andere Politiker und Mächte der damaligen Zeit - außer Frage.
Aufgrund der Größe und Stärke Preußens lag es in der Natur der Sache, daß es die Führungsmacht im 1871 gegründeten deutschen Kaiserreich war. Nach der Reichsgründung war Bismarcks Politik grundsätzlich defensiv und mit einer klugen, wohl durchdachten Diplomatie darauf ausgerichtet, im komplizierten Kräftespiel der europäischen Machte das Erreichte zu sichern.
So meisterhaft er dabei jedoch auf der internationalen Bühne agierte, so unbeholfen und letztlich inkompetent handelte er in vielen innenpolitischen Fragen. Gleich nach der Reichsgründung legte er sich mit der katholischen Kirche (Kulturkampf) und mit der Sozialdemokratie (Sozialistengesetze) an. Bei der katholischen Kirche beunruhigte ihn vor allem ihre Loyalität gegenüber dem Papst und bei den Sozialisten ihr Anspruch, eine internationale Bewegung zu sein. Er fürchtete, daß hier ausländische bzw. internationale Mächte in Deutschland hineinregierten und die staatliche Souveränität des Reiches aushöhlten.
Weltweit führend war damals seine Sozialgesetzgebung (Krankenversicherung, Rentenversicherung). Linke Kritiker späterer Zeiten haben ihm vorgeworfen, sie sei von ihm nur ein geschickter Schachzug gewesen, um der Sozialdemokratie eins auszuwischen, ihre Stellung in der Arbeiterschaft zu schwächen und diese stärker an den Staat zu binden. Selbstverständlich war die Sozialgesetzgebung für Bismarck eine staatstragende und -stabilisierende Maßnahme, durchaus auch in Konkurrenz zur Sozialdemokratie; innerhalb seines autoritativ-monarchistischen Denkens entsprang sie jedoch zugleich seiner Überzeugung, daß ein Herrscher eine Verantwortung für alle Untertanen habe und für sie sorgen müsse.
Bismarck war und blieb bis zuletzt preußischer Junker (Bezeichnung für die preußischen Adligen) und Monarchist. Darin lag bei all seiner Genialität zugleich seine Grenze. Die gesellschaftlichen Kräfte und Massenbewegungen des Industriezeitalters waren eine Welt, in der er sich nicht auskannte und die ihm fremd blieb, und er tat sich schwer, sie mit ihren internationalen Loyalitäten und Solidaritäten und mit ihren kritischen Gegenpositionen als tragende Kräfte in sein Reich zu integrieren. Nach seiner Entlassung als Reichskanzler sprach er auf seinem Alterssitz davon, daß es besser sei, Preußen wieder aus dem Deutschen Reich herauszulösen. Aber da war die Zeit längst über ihn hinweggegangen.
Kaiser Wilhelm II, der ihn entlassen hatte, war ein Repräsentant des neuen Zeitalters und seiner Aufbruchstimmung: bei seinem Regierungsantritt noch ganz jung, dynamisch, forsch und in der seiner Jugend zuzuschreibenden Unbedarftheit bisweilen auch ein wenig großkotzig. Und war glücklich, wenn ihm die Menschen zujubelten. Sebastian Haffner hat ihn in seinem zusammen mit Wolfgang Venohr herausgegebenen Buch "Preußische Profile" sehr treffend charakterisiert:
"Er hatte eben, was die Englänger 'a sense of occasion' nennen - das Talent, genau die Stimmung des Augenblicks zu erfassen und genau den Nerv seines jeweiligen Publikums zu treffen! Nachher liest sich, was er in solchen Momenten sagte und tat, oft befremdlich. Die Improvisationen, mit denen er gewohnheitsmäßig seine vielen Reden schmückte - oft indiskret, ausschweifend und prahlerisch, manchmal unangenehm blutrünstig - , haben nachträglich sein Bild sehr verdunkelt. Aber man darf nicht vergessen, daß sie in dem Augenblick, als sie ausgesprochen wurden, meist Beifallsstürme entfesselten. Sie kamen nicht aus seinem Innersten - er war kein blutrünstiger Gewaltmensch - ; sie reflektierten, nur allzu genau, die Stimmung seines Publikums. Die Prahlerei, das Kraftprotzenzum, das 'Uns kann keiner' - es lag damals nur allzu sehr in der Luft, in der deutschen Luft. Der Kaiser, mit seiner medialen Begabung, fing es auf, strahlte es zurück - und gerade davon war man damals entzückt und begeistert, und man dankte es ihm."
Mit dieser "medialen" Begabung wäre er ein glänzender repräsentativer Monarch gewesen - aber als Regent war er schlicht überfordert, zumal in der starken Position, die Bismarcks Verfassung dem Kaiser zuwies. Wirklich regiert hat er nicht; wichtige Entscheidungen wurden oft von anderen getroffen und vom Kaiser nur, wie man heute sagt, "abgenickt." Nach dem Ausbruch des 1.Weltkrieges hat er die Führung des Reiches gänzlich den Generälen überlassen. Hierzu noch einmal Sebastian Haffner:
"Im Augenblick des Kriegsausbruchs hatte der Kaiser noch einmal auf glänzende Weise sein Mediums-Talent bewährt, die Stimmung des Augenblicks zu erfassen und genau das richtige Wort dafür zu finden. 'Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche' - das war prächtig gesagt, das schlug ein! Es war das letzte Mal. Dann wurde der Kaiser stumm und unsichtbar; ein Schattenkaiser. Daß er das Heer nicht führte, merkte man bald ... Er griff auch in die Kriegspolitik kaum mehr aktiv ein, und selbst sein Repräsentationstalent verließ ihn." Im November 1918 dankte er weder ab, noch suchte er den Tod auf dem Schlachtfeld, noch stellte er sich an der Spitze irgendeines kaisertreuen Truppenteils den Revolutionären in der Heimat, sondern - er floh nach Holland.
Was für Ziele er hatte? Wenn damit wirklich eigene politische Visionen und Ambitionen gemeint sind, wird man auf diese Frage wohl antworten müssen: eigentlich hatte er keine.
- DR EisendrahtLv 7vor 1 Jahrzehnt
Bismarck wollte das Reich absichern und den Einfluà erweitern notfalls auch mit Waffengewalt. Willi Zwo wollte "regieren" spielen.
- vor 1 Jahrzehnt
Ausweitung und Absicherung der Stellung des Deutschen Reiches. Bismarck wollte das durch eine komplizierte Bündnispolitik erreichen der Wilhelm aber mit militärischer Stärke.