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Aristotelische Ethik verglichen mit dem Utilitarismus - welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten liegen vor?

das Streben nach Glück ist irgendwie die einzige gemeinsamkeit, die mir dazu einfällt.

Aristoteles strebt mehr oder minder nach der persönlichen, eigenen Glückseligkeit und der Utilitarismus strebt nach dem größten glück der "größtmöglichen Zahl" - und das ist der einzige Unterschied, der mir einfällt..

Deshalb würde ich mich sehr freuen, wenn ihr mir etwas unter die Arme greifen würdet.

LG

3 Antworten

Bewertung
  • vor 1 Jahrzehnt
    Beste Antwort

    @Schleier des Nichtwissens hat schon darauf hingewiesen, daß eine erschöpfende Beantwortung hier kaum möglich sein wird, schon allein der Vielgestaltigkeit utilitaristischer Ethikansätze wegen, aber auch aufgrund des Umstandes, daß die Nikomachische Ethik des Aristoteles, zumindest in der abendländischen und späterhin in der "westlichen" Welt, derart grundlegend für moralische Überlegungen ist, daß diese - sei es ausdrücklich oder in stillschweigender Tradition - fast immer Berührungspunkte mit der Nikomachischen Ethik zeigen.

    Zunächst aber möchte ich die anregende Antwort von @Schleier des Nichtwissens noch konkreter machen: Beide Ethiken sind normative Ethiken, da sie die sittlichen Gebote und Verbote sowie die sittlichen Werturteile in systematischen Zusammenhang zu bringen versuchen; und beide beziehen sich auf ein "höchstes Ziel" und heißen daher teleologisch. Während jedoch beim Utilitarismus die Qualität der Erfolge (Konsequenzen) der Handlung danach bewertet wird, welchen tatsächlichen Beitrag sie zur Realisierung des größtmöglichen Glückes ("happiness") für die größtmögliche Zahl an Menschen leisten, versteht Aristotoles das Glück ("hedoné") nicht empirisch-pragmatisch (er ist also nicht der Meinung, daß sich Glück irgendwie messen und die Daten korrelieren lassen, um dann entscheiden zu können, daß diejenige Handlung einer anderen Handlungsalternative vorgezogen werden soll, deren Erwartungswert x für die Realisierung des größtmöglichen Glücks für die größtmögliche Zahl an Menschen höher ist als der Erwartungswert der Handlungsalternative; man könnte sagen, der Glücksbegriff des Aristoteles umfaßt eher die persönliche Autarkie, ohne daß sich das Individuum dabei jedoch vom Kollektiv isoliert - dazu später mehr).

    Weiterhin differenziert Aristoteles zwischen "poíesis" (Machen, hervorbringendes Handeln) und "prâxis" (Handeln, Behandeln, Umgang) - durch Poíesis wird etwas hergestellt, dessen Gutes außerhalb seiner selbst liegt, das Gute liegt z.B. im Nutzwert dessen, was hervorgebracht wird. Das würde mit dem Handlungsutilitarimus in Einklang stehen. Die Prâxis hingegen hat einen Sinn in sich selbst, so ist der Erwerb von Reichtum eine Poíesis, wie man mit dem Reichtum umgeht, gehört der Prâxis an. Moralisch Gutes liegt vor allem in der Prâxis, und zwar nach der Art der "goldenen Mitte" (ho mésos ho orthós: die rechte, richtige Mitte). Wenn ich also reich wäre, so würde Aristoteles sagen, dürfte ich weder all mein Geld egoistisch bei mir halten (Geiz) noch überschwenglich mein Geld für dies-und-das oder dem-und-dem zum Nutzen gewissermaßen zum Fenster herauswerfen (Verschwendung), sondern ich müßte die richtige Mitte zwischen den beiden Extrema finden (schwerlich findet sich für diese richtige Mitte, wie schon Aristoteles bezogen auf die griechische Sprache bemerkt, ein passendes Wort, hier könnte man vielleicht von "Bedachtsamkeit beim Geldausgeben" sprechen).

    Die letzten beiden Bücher der Nikomachischen Ethik räumen dem Thema "Freundschaft" eine herausragende Stellung ein; wie oben schon gesagt, ist Autarkie - heute würden wir vielleicht von Selbständigkeit sprechen, aber das gibt das von Aristoteles Gemeinte nur teilweise wieder - ein für die Realisierung der Hedoné wesentlicher Bestandteil, dennoch reicht dies allein nicht hin. Denn der Mensch ist, so Aristoteles, ein geselliges Wesen und bedarf des Umganges mit Seinesgleichen, diesen Umgang finde er vor allem in "geliebten Gleichgesinnten" ("phíloi"), Freunden. Die Pflege der Freundschaft dürfe mithin nicht als Mittel zur Erreichung eines Zweckes mißbraucht werden (so z.B. würde Aristoteles es verurteilen, wenn ich mir reiche Freunde suche, weil sie mir mit Geld aushelfen in der Not), sondern sie müsse rein um der Freundschaft willen geschlossen werden. Nur so auch bleibt die Autarkie des Befreundeten gewahrt (ich mißbrauche ihn nicht für meine Zwecke), und wenn er tatsächlich mein Freund ist, dann wird er mir in meiner Not helfen, auch ohne daß ich ihn darum bitten muß - er tut es aus Liebe ("philía" - es ist nicht die erotische Liebe, sondern eher ein inniges Geneigtsein, mit Anteilnahme am Schicksal des Anderen). - Mit dem Utilitarimus könnte ich beispielsweise mich rechtfertigen, wenn ich mir reiche Freunde suche, allein aus dem Grund, das von ihnen erschlichene Geld den Ärmsten der Armen zukommen zu lassen.

    Kurz eingehen möchte ich noch auf Aristoteles Übungstheorie - das moralische Handeln muß "geübt" werden, damit es in die Persönlichkeit des Menschen hineinwächst und zu ihrem Bestandteil wird. Nur dann wird das gute moralische Handeln eine echte Tugend ("areté"), die, ohne groß zu überlegen, tagtägliche Anwendung finden kann. Zudem aber gibt es auch dianeotischen (Verstandes-) Tugenden, die durch Überlegung unter Bezugnahme auf frühere Erfahrungen z.B. dabei helfen, in einer bislang unbekannten Situation die "richtige Mitte" zu ermitteln. Der Utilitarismus würde sich - streng gesagt - nur auf seine Glückskalkulation verlassen (was voraussetzt, daß Glück irgendwie meßbar sei und das eine Glück meßbar größer ist wie ein anderes Glück wie die Länge eines Weges meßbar länger ist als die Länge eines anderen).

  • vor 1 Jahrzehnt

    Eine hier kaum zu beantwortende Frage.

    Daher nur ein paar Stichpunkte:

    Die airstotelische Ethik ist eine Tugendethik, der Utilitarismus eine folgendorientierte Ethik.

    Konkret: Wenn Du ein ertrinkendes Kind retten willst, ist bei Aristoteles allein der Versuch moralisch schätzenswert, bei vielen Utlilitaristen kommt es jedoch auf den Erfolg Deiner Bemühungen an.

    Beide haben gemeinsam, dass sie die deontologische Formulierung Kants ablehnen, aber aus unterschiedlichen Gründen.

    Die aristotelische Ethik ist teleologisch: Jeder Mensch und jedes Objekt hat ein Ziel, zu deren Zweck es existiert. Das ist nicht nur im Utilitarismus, sondern in fast allen neueren Ethiken kein notwendiges Element.

    Gäbe noch viele weitere Gegensätze und Unterscheidungen, aber wie gesagt, das wäre ein ewiges Thema.

  • vor 1 Jahrzehnt

    Gib zu: Du weißt das längst.

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