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Würde es in Europa eine Demokratie Geben?
wenn unseren Vorfahren es nicht gelungen wehre die Kirche vom Staat zu trennen.
5 Antworten
- SidewinderLv 6vor 1 JahrzehntBeste Antwort
Die Trennung von Kirche und Staat ist meiner Meinung nach nicht der alleinige Auslöser. Man muss immer sehen, dass die Reformation der katholischen Kirche viel an Macht genommen hat und die Nutzniesser der Reformation waren die weltlichen Fürsten. Sie konnten ihre Macht festigen und den Einfluss der Kirche beschneiden. Erst die franz. Revolution hat den Weg für die Demokratie geebnet, was auch daran zu sehen ist, dass Preussen im 19. Jahrhundert eine (zumindest augenscheinliche) Demokratie mit Verhälltniswahlrecht hatte und es bis in 1870er dauerte, bis eine wirkliche Sekularisierung statt fand.
- vor 1 Jahrzehnt
Ich denke mir dass alles etwas anders.
Im alten Rom gab es auch schon Demokratie und Gleichberechtigung, auch wenn diese nur für männliche Bürger galt. Und auch hier gab es eine Religion, die den Alltag maÃgeblich bestimmt hat.
Es liegt also nicht unbedingt am Christentum, dass wir solange gebraucht haben, um die Demokratie einzuführen. Nach meiner Ansicht liegt es eher an den machtgierigen Fürsten dieser Zeit, sie haben ihre Untertanen unterdrückt und klein gehalten, ihnen den Zugang zur Bildung meist verwehrt und sie schamlos ausgebeutet. Die Kirche hat dieses Treiben unterstützt und sich ebenfalls daran beteiligt, aber auch ohne die mehrheitliche Trennung der Menschen von der Kirche, wäre der Mensch durch seinen unbändigen Drang nach Wissen irgendwann zur Einsicht gekommen, dass alle Menschen gleich und achtenswert sind, dass man das Leben der anderen respektieren und akzeptieren muss und mit ihnen in einer Gemeinschaft leben muss.
Ãbrigens standen die meisten bekannten Römer und Griechen der Demokratie feindlich gegenüber, allen voran Platon. Ausgangspunkt ist die negative Einschätzung des Volkes (Unwissenheit, Zuchtlosigkeit und Minderwertigkeit) und der Demokraten (Ãbermut, MaÃlosigkeit, Zügellosigkeit, Willkür, Verschwendungssucht, Schamlosigkeit).
- MusikerLv 6vor 1 Jahrzehnt
Die Bibel selbst hat starke herrschaftskritische Züge. Das Königtum ist im alten Israel gegen groÃe religiöse Vorbehalte und Widerstände eingeführt worden, weil man es als Konkurrenz zum alleinigen Königtum Gottes empfand. Späterhin waren die Propheten immer wieder die groÃen Kritiker der Mächtigen. Im Neuen Testament fordert der Apostel Paulus zwar Gehorsam gegenüber der Obrigkeit (Römer 13,1-7), zugleich aber findet diese Gehorsamsforderung ihre Grenze in dem Satz, man müsse Gott mehr gehorchen als den Menschen (Apostelgeschichte 5,29). Explizit demokratisches Gedankengut in unserem heutigen Sinne gibt es in der Bibel noch nicht. Wo im Alten Testament Könige ihre Macht miÃbrauchten, erwartete man Besserung bzw. Rettung von einem guten, gerechten König, später dann vom Messias, aber nicht von demokratischen Reformen. Die Urchristenheit erwartete das Ende der bisherigen Welt und die Wiederkunft Christi in allernächster Zukunft; daher war für sie die Umgestaltung der irdischen Verhältnisse in dieser ohnehin vergehenden Welt kein Thema, zumal man darauf als winzige Minderheit, die die Urchristenheit zunächst war, ohnehin keinen Einfluà hatte.
Bemerkenswert ist, daà es den Begriff „STAAT“ in der gesamten Bibel überhaupt nicht gibt! Von Königen und Königreichen ist da die Rede und im Neuen Testament von der OBRIGKEIT. Der Apostel Paulus schreibt, die Obrigkeit führe im göttlichen Auftrag das Schwert, um die Bösen zu bestrafen (Römer 13,1-7). Die Obrigkeit als eine von oben her eingesetzte Zwangs-Institution, die mit Hilfe des ihr von Gott verliehenen Gewaltmonopols für Recht und Ordnung sorgen soll: das ist bis in die Neuzeit hinein die christlich-kirchliche Auffassung vom Staat gewesen.
Das änderte sich auch durch die Reformation Martin Luthers nicht. Luther unterschied zwischen dem „geistlichen“ und dem „weltlichen“ Regiment Gottes. Mit dem geistlichen Regiment meinte er die Kirche, die ohne alle Zwangs- und Machtmittel durch die Predigt des Evangeliums und das Spenden der Sakramente zur Erlösung der Menschen zu wirken habe; mit dem geistlichen Regiment meinte er die weltliche Obrigkeit, die sich nicht in Glaubens- und Gewissensfragen einzumischen habe, sondern deren Aufgabe es sei, mit dem Schwert in einer unerlösten Welt und unter zum Bösen neigenden Menschen eine äuÃerliche Rechtsordnung zu erzwingen.
Diese Unterscheidung zwischen den beiden Regimenten Gottes war Luther sehr wichtig. Hier ist bereits ein erster wichtiger Schritt zur Trennung von Staat und Kirche getan. „Staat“ war und blieb für Luther allerdings „Obrigkeit,“ und Aufruhr von unten gegen die Obrigkeit verurteilte er aufs Schärfste (siehe seine unsäglichen Verlautbarungen während des Bauernkrieges). Daà auch die Obrigkeit aus sündigen Menschen besteht, war ihm zwar durchaus bewuÃt; aber die Gefahr obrigkeitlichen MachtmiÃbrauchs erschien ihm geringer als die der „Pöbelherrschaft.“
Als sich die katholische Kirche seiner Reformation verweigerte, nahm er die weltliche Obrigkeit, die Fürsten, nun doch auch für kirchliche Angelegenheiten als „Notbischöfe“ in Anspruch, wollte ihre Zuständigkeit jedoch auf rein äuÃerliche, organisatorische Fragen beschränkt wissen. Diese aus der Not der Umstände geborene MaÃnahme verfestigte sich jedoch zum Dauerzustand. Mit dem Augsburger Reichstag 1555, der jedem Landesherrn das Recht zusprach, die Konfession seiner Untertanen zu bestimmen, waren die Weichen für das Staatskirchentum gestellt.
Die Französische Revolution, in der unser modernes Demokratieverständnis wurzelt, wurde damals von den Kirchen praktisch einhellig abgelehnt. Nicht nur weil man mit den alten Obrigkeiten staatskirchlich verbandelt (d.h. von ihnen abhängig) war, sondern auch und vor allem weil hier etwas Neues entstand, das man mit dem alten theologisch-kirchlichen Begriff „Obrigkeit“ überhaupt nicht fassen konnte. Die französische Revolution entwarf den Staat nicht von oben, sondern von unten her. Das Volk wurde vom beherrschten Objekt zum handelnden politischen Subjekt, das sich in gemeinsamer Willensbildung und in Ausübung seines Selbstbestimmungsrechtes eine politische Ordnung und eine Regierung gibt. Natürlich muà auch der demokratische Staat das Gewaltmonopol für sich beanspruchen und obrigkeitliche Funktionen ausüben. Aber der demokratische Nationalstaat IST nicht mehr Obrigkeit, sondern er HAT eine. Sein Subjekt, sein Souverän, ist nicht mehr der Herrscher, sondern das Volk (theoretisch jedenfalls ...)
Das ist es, was die groÃen Amtskirchen auch weiterhin lange Zeit nicht verstanden haben. In Deutschland blieb die evangelische Kirche bis weit ins 20.Jahrhundert hinein weithin monarchistisch gesinnt. Die katholische tendenziell weniger, jedoch nicht weil sie demokratischer gewesen wäre als die evangelische, sondern weil der Souveränitätsanspruch der Nationalstaaten mit dem päpstlichen Machtanspruch in Konflikt geriet. Nach dem Sturz der Monarchie in Deutschland spielte der politische Katholizismus in der Weimarer Republik mit der Zentrums-Partei eine staatstragende Rolle. Für die evangelischen Amtskirchen war die Weimarer Republik wie ehedem das wilhelminische Kaiserreich Obrigkeit, der man pflichtschuldigst gehorchte, der man jedoch innerlich weithin skeptisch bis ablehnend gegenüberstand. Im Grunde genommen erst nach dem 2.Weltkrieg und der Erfahrung eines mörderischen und offen christentumsfeindlichen Regimes bekannte sich die evangelische Kirche in Deutschland ganz und unwiderruflich zur Demokratie.
Du hast Recht, daà die verfaÃten Amtskirchen in der europäischen Neuzeit in der Entwicklung zur Demokratie vor allem Bremsklötze waren. Ihre innere Fremdheit gegenüber dem neuen Gedankengut (das gleichwohl durch eine Menge christlich-biblischer Ãberzeugungen mit geprägt worden ist!) scheint mir dafür jedoch eine gröÃere Rolle zu spielen als organisatorisch-verfassungsmäÃige Fragen der Trennung von Kirche und Staat. Der Blick auf andere europäische Länder zeigt das. Die lutherische Kirche in Dänemark beispielsweise ist bis heute formal Staatskirche - Dänemark ist jedoch schon lange ein demokratisches Land. Und in England kann die anglikanische Staatskirche mitunter gegenüber ihrer eigenen Regierung erstaunlich selbstbewuÃt und kritisch auftreten.
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- vor 1 Jahrzehnt
gerade durch die sekulasierung sind demokratien möglich gewrden