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Warum verdient die deutsche Wirtschaft am Export bei Niedrigpreisen, während die Binnennachfrage schwächelt?

Wird der deutsche Konsument betrogen? Würde eine gesteigerte Inlandnachfrage nicht auch deutsche Arbeitsplätze sichern?

Update:

Hallo Fleckvie...Wenn sich wegen des starken Euro die Einfuhr deutscher Produkte für ein Nicht-EU-Land so verteuert, wie kann dann ein RE-Import-VW (einschl. 2 x Frachtkosten, Zoll und Umrüstung) 20 % billiger zurückgekauft werden. Wer zahlt da drauf?

2 Antworten

Bewertung
  • emibrd
    Lv 4
    vor 1 Jahrzehnt
    Beste Antwort

    Deine Frage muss bei der Beantwortung untergliedert werden.

    1. Export deutscher Unternehmen ins Ausland.

    Hierfür gibt es vier Hauptgründe:

    - Aufgrund der Lohnzurückhaltung (manchmal könnte es man auch als Lohndumping bezeichnen) haben sich die Lohnstückkosten (Anteile des Lohnes an der Produktion) in Deutschland reduziert oder zumindest nicht erhöht.

    - Durch Rationalisierung und technische Innovationen hat sich die Produktivität deutlich erhöht was den Anteil der Gemeinkosten am Produkt abgesenkt hat.

    - In vielen deutschen Produkten werden "billigere" Teile aus dem Ausland bezogen und eingebaut. Hierbei handelt es in der Regel um einfache Teile welche einen höheren Lohnanteil haben und daher dort billiger produziert werden können. Dies reduziert den Gesamtpreis des Endprodukts.

    - Nach wie vor haben deutsche Produkte im "Ausland" ein hohes Image bezüglich Qualität und technischem Standard. Über dieses Kriterium werden teilweise auch etwas höhere Preise akzeptiert.

    Aus den vier vorgenannten Gründen konnte bisher die nachteilige Erhöhung des Wertes des Euro gegenüber "Fremdwährungen" ausgeglichen beziehungsweise aufgefangen werden. Daher befindet sich der Export nach wie vor auf einem hohen Niveau.

    Rückgang oder niedriges Niveau der Binnennachfrage.

    Auch hier gibt es mehrere Gründe:

    - In den vergangenen 10 Jahren hat sich das netto verfügbare Einkommen, im gesamten Durchschnitt der abhängig beschäftigten Bevölkerung, entgegen öffentlicher Verlautbarungen, nicht erhöht sondern um mehr als 5% verringert. ("Fachleute sprechen von bis zu - 20 %) Verdeckte und offene höhere Steuern und Abgaben und allgemeine Preise haben zu einer Minderung der verfügbaren Kaufkraft geführt. Zum Beispiel: Mehrwertsteuer, Strom/Gas, Benzin/Diesel, Lebensmittel. Diese Liste könnte noch weiter fortgesetzt werden.

    - Weitere Gründe sind die immer noch hohe Arbeitslosigkeit und dass ein Großteil der arbeitenden Bevölkerung Lohneinbußen hinnehmen musste. Dies hat insgesamt zu einer Minderung der verfügbaren Einkommen für den "Konsum" geführt. Hierzu ein weiteres Beispiel. Hartz IV-Empfänger verharren seit Einführung dieses Gesetzes bei 345 € während gleichzeitig die Verbraucherpreise gestiegen sind. Also wird mit gleichem Geld "weniger" gekauft. (Immerhin reden wir hierüber eine Bevölkerungszahl, - nicht nur Arbeitslosen - sondern inklusive Umschülern, Praktikanten, Leiharbeitern, " Aufstockern", Vorruheständler etc. was einer geschätzten Anzahl von insgesamt 10 Millionen Personen entspricht, ohne hierbei Rentner zu berücksichtigen welche in den vergangenen Jahren mit 0-Runden leben mussten)

    - Ein weiterer Teil der Bevölkerung lebt und arbeitet unter der ständigen Bedrohung des Verlustes des Arbeitsplatzes. Daher werden die Ausgaben eingeschränkt da das Vertrauen in die Sicherheit fehlt.

    Das niedrige oder reduzierte Lohneinkommen, und die weiteren genannten Gründe, führt zu einer schwachen Inlandsnachfrage hat aber gleichzeitig die Konkurrenzfähigkeit für exportorientierte Unternehmen erhöht. Damit hat sich eine Zweiteilung der Einkommensverhältnisse ergeben und der so genannte "wirtschaftliche Aufschwung" ist bei einem Großteil der Bevölkerung nicht angekommen.

    Diese vorgenannten Hauptgründe, neben Weiteren, tragen dazu bei dass die Inlandsnachfrage/Binnenmarkt weiter unter Druck bleibt. Der Zwang zum Sparen führt in seinen negativen Ausführungen sogar dazu dass vermehrt Billigprodukte aus Billiglohnländern nachgefragt werden was unter dem Strich eher zu weiteren Betriebsverlagerungen oder den Bezug von Produkten aus solchen Ländern/Regionen führt und damit weitere Arbeitsplätze im Inland kostet.

    Preisniveau Deutschland

    Nach wie vor werden in Deutschland in weiten Bereichen in den Verbrauchern die höchsten Preise innerhalb der EU abverlangt. Beispiele:

    - Energie (Strom, Gas) Spitzenplatz unter den ersten fünf Ländern innerhalb der EU.

    - Kfz-Preise. Höchstes Preisniveau, 1. Platz innerhalb der EU. (2. Platz Tschechien)

    Auch hier ließe sich die Liste noch beliebig fortsetzen.

    Ein kleines Beispiel zur Preisfindung im Automobilbereich:

    Der Zulassungsanteil deutscher, beziehungsweise in Deutschland produzierten Automobilen (VW, Audi, Mercedes, BMW, Opel, Ford) haben traditionell einen Marktanteil um 70%. Aufgrund dieser hohen Nachfrage werden hier, in Deutschland, Spitzenpreise verlangt. Ausländische Hersteller (Importeure) orientieren sich an diesem Preisgefüge, und bleiben "etwas darunter" um "günstiger zu sein. Trotzdem sind diese "Importfahrzeuge" zum Teil teurer als in den eigenen Heimatländern.

    Im Ausland dagegen sind deutsche Hersteller Importeure und orientieren sich an den dortigen Preisen und sind damit zum Teil deutlich günstiger als in Deutschland. Daher können in Deutschland hergestellte Fahrzeuge im Ausland, aufgrund der dortigen Marktsituation, günstiger "gekauft werden". Dies ist einer der Gründe weshalb RE-Importe dadurch zu Preisvorteilen von bis zu 20% oder mehr führen.

    Ein weiterer Grund sind unterschiedliche Steuersätze. In verschiedenen Ländern werden für Fahrzeuge ab bestimmten Hubraumklassen aufwärts mit einer zusätzlichen, erheblichen Luxussteuer (z. B. in Dänemark) belegt. Um Fahrzeuge dort erschwinglich zu gestalten werden zusätzlich günstigere Preise gestaltet. Da bei einem Rück-Import diese Steuern entfallen ergeben sich auch hieraus erhebliche Preisdifferenzen, selbst wenn in Deutschland dann die Mehrwertsteuer von 19% wieder erhoben wird.

    Trotz dem Umstand dass deutsche Automobile/Modellgruppen teilweise oder komplett im Ausland produziert werden, werden diese als deutsche Produkte wahrgenommen und damit mit "deutschen Preisen" versehen.

    Ein ähnliches Verhalten lässt sich auch in anderen Branchen feststellen.

    So gesehen trifft die Antwort auf deine Frage zu dass der deutsche Konsument, wenn nicht betrogen, so doch abgezockt wird. Solange das Lohnniveau in Deutschland so niedrig bleibt wird sich an der Inlandsnachfrage wenig ändern. Dies drückt sich auch in der Einkommenschere aus welche dazu führt dass immer Weniger immer mehr verdienen. Diese weniger geben ihr Geld aber eben nicht überwiegend in Deutschland aus sondern kaufen sich Wohnsitze im steuergünstigeren Ausland. Dies belebt nun auch nicht die Inlandsnachfrage. Natürlich würde eine höhere Inlandsnachfrage zu einer Stabilisierung und/oder Verbesserung der Arbeitsplätze führen. Aber hierzu müssten zunächst erst einmal höhere Einkommen vorhanden sein. Der Zustand jetzt ist, wie bereits ausgeführt, gleiches oder weniger Geld bei gleichen oder höheren Preisen. Wo soll da mehr Inlandsnachfrage entstehen, wenn gleichzeitig aus der Not geboren, mehr Billigprodukte aus dem Ausland gekauft werden?

  • vor 1 Jahrzehnt

    Das Gegenteil ist der Fall. Wegen des straken Euros haben sich deutsche Produkte für das nicht-Euro-Ausland deutlich verteuert. Importe hingegen haben sich verbilligt. Die Binnennachfrage hängt aber weniger mit dem Export sondern mit der Kaufkraft und der bereitschaft, Geld auszugeben, zusammen. Da ist auch viel Psychologie dahinter.

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