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MacUser fragte in Kunst & GeisteswissenschaftGeschichte · vor 1 Jahrzehnt

Wie finster war das Mittelalter wirklich?

Oft hört oder liest man vom "finsteren Mittelalter". Aber wie waren die Verhältnisse im Mittelalter wirklich? Werden heute dem Mittelalter "negative Eigenschaften" nur angedichtet, oder sind diese historisch belegt?

Stimmt es, dass viel Wissen welches in antiken Kulturen (Griechen, Römer) bereits bekannt war wieder verloren ging? Falls ja, was waren die Ursachen dafür?

Wie sah die Situation im MA in den verschiedenen Lebensbereichen (Religion, Technik, Medizin, Kultur, Politik) aus? Wurden in einigen Bereichen auch Fortschritte erzielt?

Freue mich auf gute Antworte, gerne auch mit Quellen.

13 Antworten

Bewertung
  • Jerry
    Lv 7
    vor 1 Jahrzehnt
    Beste Antwort

    Inquisition und Hexenverbrennung sind im großen Maßstab ein Auswuchs der Neuzeit. Allerdings war schon im Mittelalter die Verfolgung von Ketzern sehr stark ausgeprägt. Die bereits von einem anderen Antworter erwähnten Krankheitsepidemien lassen sich wohl nicht auf eine Epoche beschränken. Auch in Antike und Neuzeit waren Pest, Pocken oder Cholera eine permanente Gefahr, die große Opfer forderten. Ein klar negativer Punkt des Mittelalters waren selbstverständlich die Kreuzzüge mit ihren unzähligen Opfern, Verheerungen und dem bis heute nachwirkenden Spannungsverhältnis zwischen Christentum und Islam. Auch die regelmäßigen Mordexzesse an Juden sind ein Schandmal, das die Epoche tragen muß.

    Zum anderen war die Mentalität der Menschen weit positiver und weniger jenseitsgerichtet, als man heute spontan annimmt.

    Verglichen mit der Engstirnigkeit im Zeitalter der Konfessionalisierung kann man wohl sagen, daß sich das Mittelalter durch ein vergleichsweise hohes Maß an Toleranz auszeichnete.

    Das Bild des "finsteren" Mittelalters wurde von Renaissancemenschen gezeichnet und ist dementsprechend vorgenommen.

    Auch wenn weder das eine noch das andere aus heutiger Sicht angenehm ist, wüßte ich doch, wohin ich mich bei der Wahl zwischen Hochmittelalter und früher Neuzeit wenden würde.

    Noch ein kurzer Nachtrag: Der Hexenhammer entstand 1487, also nach heutiger Einschätzung direkt am Ende des Mittelalters, und ist somit eindeutig ein Problem der Neuzeit.

    Weder Wissen, noch Bildung gingen vollständig verloren. Man verliert immer wieder das (ost)römische Reich aus den Augen, das bis ins 15. Jahrhundert weiterexistierte, dessen Bürger einen sehr hohen Bildungsstand aufwiesen und das das Erbe der Antike lebendig hielt. Auch der persische Raum kann ein reges, geistiges Leben vorweisen.

    Die auf die Klöster beschränkte Bildung ist ein rein westeuropäisches Phänomen und kann kaum generalisiert werden.

    Und noch ein Nachtrag: Daß die Erde scheibenförmig wäre, hat seit der Antike kein Gelehrter mehr ernsthaft vertreten. Im Mittelalter war man sich in kirchlichen und weltlichen Kreisen durchaus bewußt, daß es sich um eine Kugel handelte. Nur die Größe war umstritten, und daß dann der eine oder andere Entdecker sich gehörig verschätzte, ist bekannt.

    Ein weiterer Mythos, den die Renaissance ins Leben gerufen hat, um das Mittelalter als rückständig erscheinen zu lassen.

  • vor 1 Jahrzehnt

    das alles wissen der römer und griechen verloren ging, stimmt so nicht. was stimmt ist, daß große teile der bevölkerung nicht lesen konnten und auch sonst über wenig bildung verfügten. daher war dieses wissen nur wenigen vorbehalten. in erster linie der kirche, deren klöster die einzigen bildungseinrichtungen und wissensspeicher dieser zeit darstellten.

    der mittelalterliche (sakral-)baustil der gothik könnte z.b. im vergleich zu antiken bauformen oder romanik, zumindest in bezug auf die tragwerkskonstruktion, als sogar höher entwickelt angesehen werden.

    die bekannten kathedralbauten der hoch- und spätgothik vereinen eine, perfekt auf den lastabtrag abgestimmte, form mit einer hochentwickelten bauausführung und vorher nie dagewesenen leichtigkeit.

    das für den bau dieser kathedralen die arbeiter schlecht behandelt worden wären, (sklaven) ist überigens auch ein gerücht, da für derart komplexe projekte, logischerweise auch damals, qualifizierte fachkräfte benötigt wurden und diese tatschlich auch angemessen entlohnt wurden. das natürlich durch steuern oder spenden, klar...

    könnte da jetzt weiter drauf eingehen, aber ich wills mal nicht übertreiben. vielleicht ist es ja interessant für dich.

    mfg

    ATOMWIESEL

  • Anonym
    vor 1 Jahrzehnt

    Das "finstere Mittelalter" ist eine Erfindung der Renaissance, die es als ein "dazwischengeschobenes" Zeitalter zwischen ihrem eigenen und der Antike bezeichneten, als deren wahre Nachfolger sie sich sahen.

    In Europa ist tatsächlich ein Teil des antiken Wissens verlorengegangen, kam aber spätestens im Hochmittelalter über arabische Übersetzungen zurück. Das antike Wissen wurde aber größtenteils über die Klosterbibliotheken gerettet - die antiken Schriften waren wichtige Autoritäten.

    In vielen Bereichen entwickelte sich das Mittelalter sogar über die antiken Staaten hinaus: Die Dreifelderwirtschaft wurde eingeführt, neue Schiffstypen entwickelt und mit der Scholastik wurden wichtige Grundlagen der modernen Philosophie geschaffen, die antikes und christliches Denken verbindet. Auch kleine Dinge wurden erfunden, die wir heute für selbstverständlich halten: Etwa die romantische Liebe oder die Kleinbuchstaben.

    Quelle(n): Jacques le Goff: Der Mensch des Mittelalters. Peter Arens: Wege aus der Finsternis. Europa im Mittelalter. Norbert Ohler: Reisen im Mittelalter. Chiara Frugoni: Das Mittelalter auf der Nase. Brillen, Bücher, Bankgeschäfte und andere Erfindungen des Mittelalters. Rosamond McKitterick (Hg): Carolingian culture: emulation and innovation.
  • vor 1 Jahrzehnt

    So finster wie es immer dargestellt wurde war es nachweislich gar nicht. Die noch heute bewunderten Fachwerkhäuser waren z.B.: gar nicht in diesem strengen Schwarz Weiss sondern waren für unsere Vorstellung geradezu schreiend bunt. Auch wer an die wundervollen aber dunklen Riemenschneider Schnitzereien denkst wird überrascht sein - im original waren diese Figuren sehr Fraben froh angemalt.

    Sicher war im Mittelalter sehr viel Wissen der Antike verloren gegangen oder wurde durch die Kirche unterdrückt. So musste die Erde - gegen besseres Wissen der grossen Forscher - eine Scheibe im Zentrum des Weltalls sein - weil ja nur eine Scheibe ein Zentrum hat, um das sich alles dreht. Das Zentrum war selbstverständlich Jerusalem...

    Heute wird öffentlich verbreitet, das Weltall wurde durch den Urknall aus dem nichts erschaffen und ganz zufällig dehnt sich das unendliche Weltall nun von uns aus gesehen in alle Richtungen gleich aus. Wir sind also wieder im Zentrum des Alls angelangt

    Aber wir sollten nicht zu arrogant auf die Ansichten und das tun der Menschen des Mittelalters blicken. In unserer aufgeklärten Neuzeit werden Kriege mit unvorstellbarer Grausamkeit geführt. Massenvernichtungswaffen werden gegen zivile Städte eingesetzt - oder Kriege werden wegen nie gefundener Waffen geführt.

    Ganze Völker wurden schon ausgerottet, Rassismus und Apartheid sind längst nicht vergangen. Es existieren Geheim Gefängnisse in die Menschen verschleppt werden und Folter wird nach wie vor praktiziert.

    Und unser Innenminister sagt öffentlich: "Das auch Geständnisse, die unter Folter erlangt wurden mit in Betracht gezogen werden sollten..."

    Was sind das erst für finstere Zeiten!!!

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  • vor 1 Jahrzehnt

    Das ist ein Vorurteil aus Renaissance und Neuzeit, als überhaupt auch erst der Begriff Mittelalter erdacht wurde.

    Das Mittelalter war alles andere als finster.

    Es begann in harten Zeiten, das römische Imperium war zerbrochen. Man setzt meist den Beginn der germanischen Völkerwanderung (375) oder der Schließung der letzten antiken Akademie (auf Rhodos 529 zugleich Jahr der Gründung des Benediktinerordens) als Anfang an; mit den Karolingern beginnt dann das Hochmittelalter (800), dam das gotische Spätmittelalter (ab 1250) folgt.

    Das Wissen der Antike wurde zum großen Teil (Philosophie des Aristoteles) über die Araber in Spanien wiederentdeckt. Das Mittelalter war eine sehr bunte Zeit, lebensfroh trotz aller Nöte und Epidemien, erdverbunden trotz des Daseins "sub specie aeternitatis". Es vereinte Gegensätze, die später oft auseinanderfielen. Europa war ein weiter gemeinsamer Kulturraum, der im Nationalismus der Neuzeit wieder aufgesplittert wurde. Viele heutigen Errungenschaften stammen aus dem Mittelalter. Ein beeindruckendes Erbe hat besonders der Kirchenbau hinterlassen.

    Es ist unsicher, wann der Schnitt zur Neuzeit anzusetzen ist. Im allgemeinen gilt: 1498 Entdeckung Amerikas und Vertreibung der Mauren aus Spanien (oder Reformation 1517). Viele beachten nicht, dass die Hexenverfolgungen erst in der Neuzeit anliefen und Luther ein mittelalterlich geprägter Mensch war.

    Das Mittelalter war auch nicht prüde oder streng. Man darf es nicht mit dem viktorianischen Zeitalter verwechseln. Alle Redensarten mit "mittelalterlich" sind der Überprüfung wert,

  • vor 1 Jahrzehnt

    1492 gilt als das Ende des Mitelalters und als Beginn der Neuzeit. Natürlich war der Übergang ein fliessender, das Datum der Wiederentdeckung Amerikas ist eher ein didaktischer Anhaltspunkt, das Ereignis selber hat damals nicht eine Zeitenwende bewirkt. Die Zeitenwende kam durch Änderungen im Denken und Glauben. Die Reformation spielte eine grosse Rolle, aber auch die Wiederentdeckung der antiken Kultur, Sprache und Wissenschaft, von deren Errungenschaften tatsächlich viel verloren gegangen war. Die Gründe dafür vermute ich in der Verquickung von Religion und staatlicher Macht, weil diese vielfach Unterdrückung von wissenschaftlichem Fortschritt zur Folge hatte. Das ist ein Merkmal des Mittelalters, das man als finster bezeichnen könnte. Doch ich vermute eher, dass die meisten den Begriff "finsteres Mittelalter" mit den Grausamkeiten der Inquisition und der Hexenverfolgungen in Verbindung bringen. Doch dies sind eindeutig Wesensmerkmale der Neuzeit und nicht des Mittelalters, auch wenn sie vereinzelt schon im späten Mittelalter begonnen haben.

  • vor 1 Jahrzehnt

    Das Mittelalter nennt man heutzutage "finster", weil wir unsere Zeit als "hell" empfinden, seit der Erfindung der Glühbirne und der allegemeinen Stromversorgung durch Nikola Tesla (nicht, wie allgemein angenommen, durch Thomas Alva Edison). -- Im Mittelalter haben Kunst und Kultur die größten Fortschritte gemacht.

    Es gibt die "dark ages", die "finsteren Zeiten": Das sind Zeiten, aus denen uns jegliche schriftlichen und fossilen Quellen fehlen. Das muss irgendwann vor dem "Hochmittelalter" gewesen sein; und diese "dark ages" dauerten um die 400 Jahre. Was in dieser Zeit passiert ist, weiß niemand.

  • Anonym
    vor 1 Jahrzehnt

    userin vera hat das schon gefragt. mit ihrer ersten id. ich sag nur noch einmal: so finster wie die neuzeit nicht.

  • Anonym
    vor 1 Jahrzehnt

    Es wäre bestimmt mal interessant. Aber ich glaube, für einen durchschnittlichen Mitteleuropäer nicht wirklich was.

    Kirche als mittelbare, sehr starke Macht, Inquisition, Rothaarige wurden übrigens des oft als Hexen angeklagt, genauso, wenn deine Nase dem Nachbarn nicht gepasst hat...(lies ma bei gelegenheit den "hexenhammer" - Malleus Maleficarum)

    Medizinisch..naja, da war die Sache mit dem Aderlass als Allheilmittel.

    Technisch: es gab das Rad. gut, seilwinden gab es auch schon.

    politisch möchte ich da höchstens als könig hin. oder bischof.

    Aber man kann natürlich auch von der Romantik schwärmen. Von Jungfrau-rettenden Rittern, Minnesängern...

    Aber ich denk, so im grossen und ganzen: Höchstens mal nen ausflug hin machen, dann is auch wieder gut.

    Grüß den Salat

  • Anonym
    vor 1 Jahrzehnt

    Nach der Pest und den langen Kriegen kamen die Hungersnöte. Die Syphilis breitete sich aus.

    Verschiedene Ortschaften wurden verlassen. Der Wald bedeckte sie wieder.

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