Warum schreiben hier viele, lange im Ausland lebende Deutsche, noch so ein bewundernswertes und fehlerfreies Deutsch? Üben sie ständig?

Einer meiner deutschen Verwandten ist vor Jahrzehnten nach Kanada ausgewandert und hat dort auch die Staatsbürgerschaft angenommen – seine Frau hat auch deutschsprechende, Schweizer Wurzeln. Zu Hause sprechen sie Englisch – ihre Kinder verstehen die Muttersprache der Eltern nicht. Eine Tochter war schon bei uns in Deutschland – obwohl meine zweite Sprache eine andere ist, mussten wir mit ihr auf Englisch radebrechen. Die Mails des Verwandten haben einen englischen Satzbau und wenn er ein deutsches Wort vergessen hat, schreibt er dafür das Englische. Ist das Wichtigtuerei oder Oberflächlichkeit? Trotz vieler Jahrzehnte Auslandstätigkeit habe ich meine Muttersprache auch nicht vergessen, diese brauchte ich aber als Korrespondenz - Sprache mit meinen, von mir zu betreuenden, deutschen Firmen - ich war also in ständiger Übung. Natürlich habe ich auch die Staatsbürgerschaft nicht gewechselt, so, wie der sonderbare französische Schauspieler.

Anonym2015-08-29T15:21:26Z

Beste Antwort

Hab als Hänschen gelernt was Hans nicht mehr lernt.
Übung macht den Meister. Ich spreche und schreibe fünf Sprachen.

Paul2015-08-30T09:15:35Z

Das ist wie mit dem Fahrrad fahren, das verlernt man auch nie.

doitsujin752015-08-30T02:52:06Z

Die heutigen Kommunikationsmöglichkeiten, die das Internet bietet, ermöglichen einem geografisch unabhängig einfach mehr Zugang zu anderen Sprachen.
Gewisse Merkmale der Muttersprache wird man vielleicht dermaßen verinnerlicht haben, dass man sie nie verlieren wird. Dennoch spielt die alltägliche Verwendung schon eine große Rolle.
Selbst wenn man sich nicht in einem anderen Sprachumfeld aufhält, färbt die verwendete Sprache in einem bestimmten sozialen Milieu und beruflichen Umfeld gewaltig ab. Da sollte jeder nachvollziehen können, dass ein komplett fremdsprachliches Umfeld erst recht seine Auswirkungen haben muss.

Jeder der in der Schule eine Fremdsprache erlernen musste - was auf fast alle hier zutreffen müsste - wird irgendwann mehr oder weniger explizit damit konfrontiert sein, dass es einen passiven und einen aktiven Wortschatz gibt.
Der weitaus größere passive Wortschatz sind die Wörter einer Sprache, die man versteht, wenn man sie hört oder liest. Der aktive Wortschatz ist der Fundus an Wörtern, die man auch wirklich aktiv nutzt, um zu kommunizieren.
Letzterer ist bedeutend kleiner, und an einer Fremdsprache zu feilen und sich in ihr zu verbessern bedeutet auch immer, dass man nicht nur den passiven Wortschatz vergrößert, sondern sich den aktiven erweitert.
Das geschieht immer in der Praxis, sei es nun in schriftlicher Form, oder in konkreten Gesprächssituationen Vis-à-vis. Wendet man die Sprache nicht mehr an, verkümmert nicht nur der passive, sondern auch der aktive Wortschatz.
Das ist mit einer Muttersprache nicht anders, wenn man sie nicht regelmäßig anwendet.

Das ist dann auch der Grund, warum Auswanderer in fremdsprachliche Länder zwangsläufig irgendwann einmal um Worte ringen, wenn sie in ihrer Muttersprache aktiv gefordert sind.

Wer nach Jahrzehnten in einem anderen Sprachgebiet noch sehr gutes, fehlerfreies Deutsch spricht, der dürfte es in irgendeiner Form noch aktiv halten, sei es in den eigenen vier Wänden, im Bekanntenkreis oder Vereinen - der Deutsche ist schließlich oft auch im Ausland "Vereinsmeier" - oder aber auch über Medien, wie Bücher, Musik und Filme.
Letzteres ist eigentlich recht bemerkenswert, denn unsere niederländischen und skandinavischen Nachbarn sprechen tendenziell nicht deshalb besser Englisch als Fremdsprache, weil die schulische Bildung so überlegen wäre, sondern weil sie gezwungen sind, englischsprachige Filme unsynchronisiert mit Untertiteln zu schauen. Das scheint schon einen gewissen Einfluss zu haben, weil man selbst im Alltag mit der Sprache konfrontiert wird.

Dabei haben es deutsche Auswanderer heute dank des Internets vergleichsweise leicht, den Anschluss an die Muttersprache nicht zu verlieren - falls sie es denn überhaupt wünschen.
Egal, wo du auf der Welt gerade sitzt, kommst du mit dem passenden Internetanschluss relativ leicht an Videos, Musik, Texte, Live-Video-Chats und eben auch Plattformen wie Yahoo Clever. Ältere Generationen hatten das nicht, und das merkt man dann auch.

Ich selbst habe nie über einen längeren Zeitraum in einem fremdsprachigen Land gelebt, spreche aber halbwegs passabel Englisch.
Es ist nicht nur so, dass sich dank des Internets mein gesamter Wortschatz verbessert hat, ich bemerke auch, dass ich bei Themenkomplexen, bei denen ich mich fast ausschließlich in der englischsprachigen Welt aufhalte und mit ihr kommuniziere, dann im Deutschen auch von Zeit zu Zeit um passende Worte ringe. Das alles, obwohl ich mich in jeweiligen Tagen manchmal physisch bestenfalls in einem Radius von 100 Kilometern bewegt habe.
Ich halte es deshalb für voll nachvollziehbar, wenn der aktive Wortschatz nach Jahren und Jahrzehnten der Auswanderung fast schon völlig einschläft. Der Sonderfall ist eher die umgekehrte Annahme, dass man selbst nach Jahrzehnten eine Sprache noch aus dem Eff-Eff beherrscht. Das hielte ich dann schon für eine besondere Begabung.

M2015-08-30T02:23:41Z

Muttersprache verlernt man eben nicht.

Kaffetante2015-08-29T19:07:40Z

ich lebe auch seit über 14 Jahren im Ausland wo englisch gesprochen wird und trotzdem verlernt man das so schnell nicht denn wir sprechen auch zu hause German aber ich vergesse schon Wörter in Deutsch und dann umschreibe ich das bis jemand das richtige Wort in Deutsch sagt.

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