Besitzen Philosophen einen besseren Zugang zur Weisheit, als Beispielsweise ein Metzger?

Können philosophische Praktiker auch Zusammenhänge erkennen, wenn andere bei dieser Aufgabe hoffnungslos überfordert sind?

tobeornottobe2013-03-01T10:56:59Z

Beste Antwort

Wenn ich deine Frage wortwörtlich nehme ,dann IST der Metzger ein philosophischer Praktiker, denn ein Philosoph ist kein Praktiker sondern eher ein Theoretiker . Praktisch sind Philosophen keine Praktiker im Sinne von praktisch weil sich die praktische Arbeit von Philosophen dadurch auszeichnet das sie theoretische Abhandlungen philosophischer Natur niederschreiben ,was sie letztendlich -also praktisch zu Schriftstellern macht...................Gut jetzt !

Schleier des Nichtwissens2013-03-02T15:50:08Z

Ja.

Natürlich kommt es darauf an, was man unter Weisheit verstehen kann (s. Link). Auf die Frage, wie Weisheit mit Wissen zusammenhängt, wie ein weiser Mann zu erkennen ist. Aber das sind ja schon mal alles Fragen, mit denen sich ein Metzger höchstens in seiner Freizeit beschäftigt. Und ebenso wie man bei einem Metzger, der - sagen wir - 40 Stunden die Woche seine Fähigkeiten und Kenntnisse um die Fleischverarbeitung erweitert, eine diesbezügliche Kompetenz vermutet, kann man das auch bei professionellen Philosophen tun. Wenn man davon ausgeht, dass 20 Jahre Berufserfahrung eines Metzgers diesem einen Kompetenzvorteil in seinem Fachgebiet verschafft, kann man das auch bei Philosophen tun.

Warum sollte ein Philosoph, der noch nie in einer Metzgerei gearbeitet hat, bessere Steaks als ein Metzger herstellen? Würdest Du dessen Würste lieber kaufen? Warum sollte umgekehrt ein Metzger, der sich nie mit Philosophie beschäftigt hat, einen besseren Zugang zu Weisheit haben? Würdest Du dessen Verständnis von Wahrheit plausibler als die eines professionellen Philosophen halten? Praktische Philosophen verfügen über die Fähigkeit, bestimmte Zusammenhänge zu erkennen, die anderen verborgen bleiben. Und verkennen Zusammenhänge, die für andere offensichtlich sind - wir leben in einer arbeitsteiligen Gesellschaft.

Ja, manche von uns halten den Metzger weiser als den Philosophen, im Einzelfall mit guten Gründen. Bestimmt gibt es weise Metzger und nicht weise Philosophen.

Aber trotzdem ist die Rechnung "Philosoph = weise, Metzger = nicht weise" aus mindestens zwei Gründen sehr zweifelhaft:

Zum einen ist Weisheit etwas, was man sich nicht einfach erarbeitet. Auch wenn berufliche Philosophen sich mit Weisheit auseinandersetzen (was oftmals nicht der Fall ist, im Alltag haben Philosophen andere Probleme und Aufgaben, als über Weisheit zu sinnieren), heißt das nicht, dass sie selbst weise werden. Auch Philosophen können eitel, verbohrt, ideologisch verbrämt sein. Klugheit mit Schläue verwechseln, beides mit Weisheit.

Zum anderen ist Weisheit objektiv schwer definierbar. Was für den einen weise zu sein scheint, ist für den anderen ein billiger Kalenderspruch, ein triviales Bonmot, eine Simplifizierung, die der vielfach differenzierten Realität nicht gerecht wird. Die "Tea Party" Leute halten andere Menschen für weise als vielleicht französische Sozialisten, ein Hipster aus Berlin andere Menschen als ein niedersächsischer Landwirt. Weisheit ist also etwas, das man jemandem zuschreibt. Ob das objektiv richtig ist, hängt also maßgeblich vom Beurteilenden ab. Und da gab und gibt es einige Meinungen und Weisheits-Definitionen, die sich schwerlich verallgemeinern lassen.

[Disclosure: Ich bin kein Metzger, kein praktischer Philosoph, halte mich nicht für einen solchen und behaupte auch nicht, "Weisheit" abschließend und allgemeingültig definieren zu können.]

volvox2013-03-02T06:54:21Z

Der Metzger macht wahre Würste, er weiss auch was drin ist, nur er. Er weiss genau, wie Fleisch, Fett, Zadder, Augen usw. zusammenhängen, also -hingen, er weiss die Zutaten inklusive Stabilisatoren.
Da hat man eine festverpackte, haltbare, dauerhafte Angelegenheit, derweil einem Philosophen die Wurst seltsam erscheint mit ihren zwei Enden, ihrem ungewissen Inhalt.
Nun sagt der Metzger: ein Wunder, dass die Löcher in der Haut des Schweines genau da sind, wo
die Augen liegen, und der Philosoph sagt: wo sind denn nur die Augen? Sie könnten überall sein,
an beiden Enden oder mittendrin.

Klaus Grinsky2013-03-01T12:45:03Z

"Die Wahrheit ist konkret."
(B. Brecht)

"Es gibt überhaupt keine Wahrheit, die nicht konkret ist."
(W. I. Lenin)

...so viel über die Praxis der Theorie im Allgemeinen und im Besonderen!

@aeneas:
Wieder eine Deiner gewohnt vernünftigen und zutreffenden Antworten! DH

aeneas2013-03-01T11:28:40Z

"Zugang" zur Weisheit hat jeder, der dafuer offen und empfaenglich ist. - Was die Faehigkeit philosophischer Praktiker bezueglich des Erkennens von Zusammenhaengen betrifft, so sollte man da nichts ueberbewerten. Auch das Wissen eines Philosophen ist enorm limitiert und Zusammenhaenge lassen sich naturgemaess nur dann erkennen, wenn man auf dem infrage kommenden Feld ueber profundes Wissen verfuegt. - "Liebe zur Weisheit", das ist Philosophie; nicht mehr und nicht weniger; ueber tatsaechliche Befaehigung sagt sie nichts aus.
Die Form Deiner Fragestellung ist bereits etwas suggestiv [Metzger roh, Philosoph feinfuehlend] sodass man sich bemuessigt fuehlt, sie spontan zu bejahen und zweifelsohne sind Deine Vermutungen - zumindest, was den Philosophen-Metzger-Vergleich angeht - in der Regel auch zutreffend, was aber nicht ausschliesst, dass ein Mann dieser Berufssparte keine Zusammenhaenge erkennen bzw. keine Weisheit erlangen koennte. - Im Gegenteil, wer mitten im Leben steht, in der Wirklichkeit, hat im Grunde sehr viel mehr Moeglichkeiten Zusammenhaenge zu erkennen als ein "philosophischer Praktiker", dessen Praxis in der Realitaet lediglich aus Theorien besteht. - Eine der bedeutendsten Weisheiten, die ein Mensch erlangen kann, ist wohl die Erkenntnis, dass man sein Gegenueber - ein denkendes, fuehlendes Wesen, niemals unterschaetzen sollte.

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