Kommt einem das nicht von Scheindemokratien ( DDR und andere )bekannt vor? War das gewollt und ist die CDU jetzt sauer , weil das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz fordert , dass dem Grundgesetz entspricht? Ist ja nicht der einzige Gesetzentwurf der Koalition das nicht Grundgesetzkonform ist.
Merlin2012-07-26T00:04:00Z
Beste Antwort
Eindeutig ja. Merkel spürt, dass sie auf legalem Weg kaum mehr was auf die Reihe bringen kann. Ihre Regimtreue zur DDR kann sie auf Dauer nicht verleugnen. Diese Gesinnung äußert sich jetzt deutlich in solchen gesetzen und der dauernden Versuche, das Parlament zu umgehen.
Mal rein mathematisch gesehen ist das Problem keineswegs trivial:
- Man könnte beide Probleme (negatives Stimmgewicht und, jedenfalls weitgehend, Ãberhangmandate) dadurch beseitigen, dass man die Sitzvergabe nicht mehr nach Bundesländern, sondern zentral vornimmt. Leider wäre das wohl, ähm, verfassungswidrig.
- Man könnte zumindest die Ãberhangmandate, vielleicht auch das negative Stimmgewicht, durch konsequentes Ausgleichen nach oben lösen. Dann hätte der Bundestag aber nicht mehr 600, sondern je nach Wahlausgang 700, 800 oder noch mehr Mitglieder. Nicht wirklich wünschenswert - da schreien dann sofort wieder die üblichen Verdächtigen hier, die Vetternwirtschaft und Patronage unterstellen.
- Man könnte das reine Mehrheitswahlrecht einführen. Das würde beide Probleme schlagartig beenden, und es wäre nicht mal verfassungswidrig, da das Grundgesetz sich zu der Frage nicht äuÃert. Nur werden SPD, Grüne und FDP dem natürlich niemals zustimmen.
- Man könnte andererseits das reine Verhältniswahlrecht einführen. Das würde, wenn ich nicht unter Hirnverknotungen leide, ebenfalls beide Probleme beseitigen. Aber wäre es wünschenswert? Ich finde die Einrichtung, dass jeder Wahlkreis einen Abgeordneten hat, durchaus vorteilhaft. Man hat einen direkten Ansprechpartner, der vom Wohlwollen des Wahlkreises mehr abhängig ist als vom Wohlwollen seiner Partei.
So, das ist alles, was mir dazu einfällt. Vielleicht wäre es besser gewesen, man hätte das Bisschen negatives Stimmgewicht einfach auf sich beruhen lassen. Wie es aussieht, handeln wir uns mehr Ãrger als Vorteile mit einem neuen Wahlgesetz ein. Danke, Opposition.
Aber natürlich ging es der Opposition ja gar nicht um die Verfassungswidrigkeit. Solange die SPD ebenso von Ãberhangmandaten profitierte, haben sie niemanden je gestört. Noch im 16. Bundestag 2005-09 war alles in Ordnung - da hatte die Union 7 Ãberhangmandate, die SPD hingegen 9. Erst als die SPD 2009 einbrach, hielt sie ganz plötzlich Ãberhangmandate für verfassungswidrig. Schmierenkomödianten ...
Klar wollte sie das, denn von den Ãberhangmandaten profitiert nur die CDU allein.
Wir hatten die jetzige Situation ja 2008 schon einmal. Auch damals bemängelte das Verfassungsgericht die verfassungswidrige Regelung der Ãberhangmandate, die sogar ganz neue Mehrheiten produzieren können, die nichts mehr mit den Wahlergebnissen zu tun haben, und forderte die Bundesregierung auf, das Wahlrecht neu zu regeln. Die Regierung hatte dazu bis 2011 Zeit und tat in dieser Zeit überhaupt nichts.
So ähnlich könnte es jetzt wieder kommen. Das Verfassungsgericht kann schlieÃlich keine Sanktionen gegen die Regierung verhängen und deshalb wird die CDU das sie begünstigende Wahlrecht auch weiter nicht ändern. Jetzt sind zwar Verhandlungen mit der SPD angekündigt, aber sobald das Thema aus den Schlagzeilen verschwunden ist, werden diese scheitern und wir werden 2013 wieder nach dem alten verfassungswidrigen Wahlrecht wählen.
Ich sag's mal so: Als Rot-Grün regiert hat, da hat sich auch niemand am damaligen Wahlgesetz gestört, das noch viel verfassungswidriger war als das jetzt von Karlsruhe beanstandete.
Die Version, die im letzten Jahr vom Bundestag (mit den Stimmen der aktuellen Regierungsparteien) beschlossen wurde, war ein Versuch, die vom BVerfG in einem früheren Urteil verlangte Verbesserung in einer Weise durchzuführen, die den Koalitionsparteien möglichst wenig schadet - das würde jede Regierung so machen.
Nach meinem Kenntnisstand war das Problem, das in der DDR mit der Demokratie bestand, auch nicht hauptsächlich eins des Wahlgesetzes. Den Vergleich finde ich etwas abwegig.
Nein, die Macht will die CDU nicht verstärken, aber sie versucht sich in einer bessere Ausgangslage zu bringen. Wenn das Volk mehrheitlich rot, rot-rot, grün und/oder organe wählt, so nützt das Wahlgesetz nicht, ist der Ausgang aber knapp, so kann das Gesetz mit den Ãberhangmandaten allen Parteien nützen.
Alle Parteien haben davon in der Vergangenheit profitiert, aber man muss auch sagen, dass die CDU davon immer am stärksten profitiert hat, das lag sicherlich im Hinterkopf bei der Ausarbeitung des Wahlgesetzes.
Aber das mit DDR ist einfach nur lächerlich. Traurig, dass so viele so wenig über die DDR wissen.