Platon und die moderne Philosophie?

Hat die moderne Philosophie überhaupt noch etwas mit der Motivation eines Platon zu tun? Ist es heute nicht reine Gehirnakrobatik?
Wenn Nein - War Platon überhaupt ein Philosoph oder müsste man dem Ding heute eigentlich einen anderen Namen geben. (z.B. Gehirnakrobatik ... dafür gibt es sicherlich auch ein nettes lat. Wort :-D)

Grundlage meiner Frage: ein viersemestriges Philosophiestudium

Pure Nature2011-01-23T04:04:33Z

Beste Antwort

ich war als Student auch gerade von griechischen Philosophen beeindruckt. Aber "die Liebe zu Weisheit" ist nun einmal etwas, was sehr eng mit Sprache verbunden ist. Und Sprache ist zwar das genialste Werkzeug, was einem Tier von Gott und Natur geschenkt wurde, aber sie ist eben nicht perfekt. Jede Aussage kann man in x-beliebige Richtung drehen und es wird immer irgendeinen Sinn ergeben. Ich empfehle dir das Buch "Dativ ist dem Genitiv sein Tod" zu lesen, wo einem klar dargestellt wird, dass es keine "neutrale" Aussagen gibt. Eine absolute Wahrheit ist also nicht mit Worten zu erfassen. Wenn ich "der Tisch" sage, wird keiner wissen, welchen ich meine. Oder ob überhaupt. Außerdem empfehle ich dir auch Kastanedas "Gespräche mit Don Juan"... Besonders die Stelle, wo es darum geht, dass ein klares Verständnis von etwas einem fehlerhaftem Verstehen gleichkommt...

Wie dem auch sei, wenn man denkt, Philosophie würde alles erklären können und Menschen verbessern etc - liegt man definitiv falsch. Mit solchen Erwartungen kann man nur enttäuscht werden. Oder sogar schaden für sich und andere Menschen verursachen (sieh: Schopenhauer) Das selbe betrifft ja auch die Religion und die Kunst. Eine Vorstellung, dass ein Paar Worte/Zeichen ausreichen, um glücklich zu werden, jemanden glücklich zu machen - gilt nur für einen kurzen Moment.

Auch die Aussage, dass Philosophie zwar nicht reicher macht, dafür von vielen Bedürfnissen befreit, kann ich so nicht bestätigen. (Empfehlung: Omar Hayam. Rubayat) Mit Sicherheit gibt es auch viele Menschen, die keine Philosophie studiert haben, aber trotzdem nicht weniger zufrieden mit ihrem bescheidenen Leben sind und die Lasten des Lebens gelassen nehmen können.

Mit 18-20 habe ich philosophische Lehrwerke verschlungen. Ich war fasziniert von den paradoxen Ideen der antiken Philosophen aber auch von Mittelalter etc. Ich habe eigentlich Sprache und Literatur studiert aber natürlich in dem Zusammenhang auch etwas Philosophie, Psychologie, Soziologie etc. Ich habe mit 21 meine Promotion angefangen. Dann habe ich auf einmal diese "Leere" der Sprache, diese - wie du sagst - "Gehirnakrobatik" als schwachsinnig und schmerzhaft empfunden und eine tiefe Enttäuschung von dieser einsamen Beschäftigung mit der leblosen abstrakten Materie gespürt. Mir kam es sinnlos vor und ich habe es abgebrochen. Ich habe angefangen Deutsch als Fremdsprache zu unterrichten. Aber ich war schon im Grunde dafür überqualifiziert. Was sollst, jetzt bin ich 33, unterrichte immer mal, schreibe kleinere Recherchen, mache Kunst, lerne Tai-Chi und Akupunktur....

Was ich damit sagen will: Philosophie ersetzt eben nicht das Leben. Ist aber auch kein schlechter Beruf, wenn man klug genug ist an der richtigen Stelle die Grenze zwischen seinem Beruf und dem realen und privaten Leben zu ziehen. Denn man kann sich ja auch sonst seine Interessen nicht aussuchen. Jemand, der zur Nachdenklichkeit geneigt ist, wird wohl kaum als Soldat Karriere machen. Das klappt genauso wenig wie man sich seine Liebe aussuchen kann. Denn wie Don Juan bei Kastaneda sagt (ich kenne das leider nicht auswendig, aber dem Sinn nahe): 'Das Leben ist ein Weg aus dem nirgendwo ins nirgendwo. Und es ist im Grunde egal, ob er durchs Gebüsch oder durch eine Straße führt. Wichtig ist nur, ob du diesen Weg mit deinem Herzen gehst oder nicht. Denn nur wenn du mit deinem Herzen im Einklang bist, ist dein Weg und du eins. Und auch das Schwere ist dann nicht schwer. Aber wenn du nicht den Weg deines Herzens gehst, dann wird auch das Leichte an ihm unerträglich".

Also ich wünsche dir alles Gute auf deinem Weg...

Schleier des Nichtwissens2011-01-23T22:39:41Z

Ja, die moderne Philosophie hat noch etwas mit (der Motivation von) Platon zu tun. Das zeigt sich bspw. darin, dass Platons Ideen ( von der Kategorientafel über die Politeia bis zum Höhlengleichnis) in philosophischen Studiengängen nicht nur im Bereich der Philosophiegeschichte, sondern auch in der Erkenntnistheorie oder der politischen Theorie behandelt werden.

Nein, die heutige Philosophie ist deswegen noch lange keine Gehirnakrobatik, oder noch polemischer und ausgeleierter: Geistiges Onanieren. Wissenschaftstheoretisch (bekanntlich eine Teildisziplin der Philosophie) lassen sich Parallelen zu anderen Theorieentwicklungen aufzeigen. Die Motivation und Erkenntnisse eines Hippokrates oder eines Thales von Milet sind heute immer noch von Relevanz. Trotzdem hat sich die Wissenschaft weiter ausdifferenziert, ist komplexer und inhaltsreicher gewesen.
Während es zu Zeiten von Platon und Aristoteles aufgrund des insgesamt überschaubaren Wissens noch Universalgelehrte gab, ist das heute nicht mehr möglich. Selbst innerhalb der Philosophie gibt es keine Experten, die z. B. Erkenntnistheorie, Ethik und Einzeldisziplinen wie Rechtsphilosophie en detail kennen können. Die heutige professionelle Philosophie ist dadurch gekennzeichnet, dass sie sehr weit fortentwickelt ist, man muss sich notwendigerweise auf einen Bereich (wie z. B. die Medizinethik) spezialisieren. Ist in der Medizin oder in Jura ja nicht anders, dort gibt es spezialisierte Anwälte, zuständige Richter und Fachärzte. Kein Mediziner wäre in der Lage, sämtliche Kurse eines Medizinstudiums zu lehren. Sind deswegen Arbeitsrecht oder Pädiatrie Gehirnakrobatik?

Platon war zweifelsfrei ein Philosoph (ausgehend von den derzeit geltenden Quellen). Das ist kein Widerspruch zu der Ansicht, dass die heutige Philosophie mit dem Ausdruck "Gehirnakrobatik" verfehlt wird.

Rafa2011-01-23T00:15:23Z

Mal ganz ehrlich - wo wäre die moderne Philosophie ohne Platon? Ich glaube man muss Platon lesen (und zwar alles!) um ihn zu verstehen. Dann wird sich die "Gehirnakrobatik" schnell auflösen. Es sind sensationelle Gedanken, die von ihm zuerst gedacht wurden. Dahinter sinkt die moderne Philosophie - die eigentlich zur reinen Sprachanalyse herunter gekommen ist - zur Bedeutungslosigkeit zurück.

hiop2011-01-22T22:14:06Z

Platon hätte lieber mal nicht die halbe Welt erklären wollen sollen.Dann gäbe es vielleicht so eine Motivation in deinem Sinne.

Faust2011-01-22T21:56:22Z

was für eine Frage....