Logisch, ohne zu überlegen!?
Wie ist die Aussage "Logisch, ohne zu überlegen!" zu bewerten bzw. was bedeutet diese?
Wie ist die Aussage "Logisch, ohne zu überlegen!" zu bewerten bzw. was bedeutet diese?
Schleier des Nichtwissens
Beste Antwort
Wie die Aussage "logisch, ohne zu überlegen" zu bewerten ist, war und ist in der Philosophie umstritten. Erkenntnistheoretiker und Wissenschaftstheoretiker, Rationalisten und Empiristen haben verschiedene Positionen und Theorien entwickelt.
Nehmen wir die Vorstellung des apriorischen Wissens. Das ist das erfahrungsunabhängige Wissen.
Also z. B. das genannte Beispiel, dass 1+1 = 2 ist. Diese Erkenntnisse sind 'unmittelbar einleuchtend', nach heutigen Erkenntnistheorien kann ein durchschnittlich entwickelter Mensch gar nicht anders, als bestimmte 'Wahrheiten' oder Schlussfolgerungen als plausibel und selbstverständlich zu erachten. Dafür lassen sich auch im Alltag selbstverständliche, aber systematisch betrachtet voraussetzungsreichere Beispiele von Annahmen finden, z. B. dass morgen die Sonne wieder aufgeht, dass es schmerzt, wenn man gegen einen Felsen tritt, und auch einige scheinbare politische 'Wahrheiten'.
Frühere Philosophen gingen davon aus, dass einige Erkenntnisse erfahrungsunabhängig und unbezweifelbar sind, gerade in der Tradition des Rationalismus.
Das Problem ist, dass sich einige dieser Grundannahmen als falsch herausgestellt haben. Kants Erkenntnistheorie, die auch heute noch von großer Bedeutung ist, nannte als Beispiele für "logisch, ohne zu überlegen" nicht nur einfache mathematische Schlussfolgerungen, sondern auch die Physik von Newton. Diese hat sich jedoch als nicht hinreichend und teilweise als falsch erwiesen (soweit mir bekannt ist, bin da kein Experte).
Die Empiristen, die dem rationalistischen Ansatz der 'unmittelbar einleuchtenden' Erkenntnisse des Rationalismus die Notwendigkeit der Erfahrung, der Beobachtung und der Experimente gegenübersetzten, bezweifelten den Wahrheitsgehalt dieser scheinbar logischen Erkenntnisse. Der Nobelpreisträger B. Russell schrieb: " Seit man begonnen hat, die einfachsten Behauptungen zu beweisen, erwiesen sich viele von ihnen als falsch."
Auch die epistemologischen Skeptiker fanden Argumente gegen die Vorstellung, dass die scheinbar offensichtliche Logik auch tatsächlich der Realität entsprechen muss. David Hume thematisierte das Problem und konnte plausible Gegenargumente gegen die eigentlich logische Überlegung finden, dass auch morgen wieder die Sonne aufgeht; er griff eine alte Tradition des Skeptizismus auf, die scheinbare Gewissheiten als bezweifelbar interpretierten.
Ich nenne mal eine relativ aktuelle Position der Erkenntnistheorie, die dieses Dilemma konkretisiert:
Wir Menschen sind so geschaffen, dass wir von bestimmten Grundannahmen und Ansichten ausgehen. Würden wir diese hinterfragen, müssten wir alles hinterfragen, wir wären handlungsunfähig. Wenn ich im Laden stehe und mich stundenlang frage, ob die Butter für 1,49€ und die Milch für 0,89€ tatsächlich 2, 38€ ergeben, käme ich in unserer Welt nicht zurecht. Es hat sich als evolutionär erfolgreich erwiesen, nicht jede Mutmaßung zu hinterfragen, sondern von einem Set von scheinbaren Erkenntnissen auszugehen, auch wenn diese nicht immer richtig sind.
Das heißt aber nicht, dass unsere scheinbar logischen Erkenntnisse (und erst recht das, was uns Andere als scheinbar logische und zwingen richtige Schlussfolgerungen verkaufen wollen) auch tatsächlich wahr ist.
Nachtrag @ TassaT: Übe Schwarmintelligenz habe ich in diesem Zusammenhang noch nicht nachgedacht, sollte das aber mal tun: Interessante Idee!
savage
ich war schon immer der meinung, dass logik angeboren ist. aber halt bei manchen menschen im unterbewusstsein schlummert und in extremsituationen dann erst abgerufen wird...warum auch immer...
DH für die vorherigen tollen antworten! sehr interessantes thema..;-)
casperle *DRunter* begründen*
Klasse interessante Antworten, allen voran die von @Schleier !
Definiert man die Logik als denkende Kunst, als Gültigkeitsuntersuchung,
dann ist dieser Satz schlichtweg paradox.
Sieht man Logik in erster Linie als gesunden Menschenverstand, dann kommt es sehr häufig vor, dass man logisch handelt ohne zu überlegen.
In Wiki steht dazu noch folgendes :
...."Auch heute noch sind in verschiedenen Disziplinen Wendungen wie Logik der Dichtung u.ä. verbreitet, bei denen unter „Logik“ keine Theorie des Folgerns verstanden wird, sondern eine Lehre allgemeiner „Gesetze“ oder Verfahrensweisen, die in einem bestimmten Bereich gelten...."
<- sind also diese sog. allgemeinen Gesetze ohne Hinterfragen übenommen worden, dann würde ich in diesem Kontext auch logisch handeln, ohne zu überlegen.
Insgesamt eine anregende Frage, danke :)
Nina
Ich persönlich kann komplizierte Aufgaben und Sachverhalte lösen, indem ich meine rationellen Gedanken abschalte und mich voll auf mein Unterbewusstsein verlasse. zB in "Erinnerungsfragen" oder Bild und Logikstrukturen. Ich kann eine 15 oder mehrstellige Bilderfolge so besser wiedergeben-zumindest erwiesenermassen kurzfristig- Ãhnlich der Erinnerung eines Affen. Um mir diese Algorythmen oder ähnliches dauerhaft einzuprägen brauche ich jedoch die Verbindung zum rationalem Denken. Ich verknüpfe dann mit Erfahrungen um länger zu Erinnern.
whyskyhigh
stimmt
spontan ist immer richtig