Welchen Einfluss haben die Franzosen auf die frühe Neuzeit in Deutschland?
Ich weiß schon, dass zuerst der Absolutismus in Frankreich herrschte, dann von den Deutschen nachgemacht wurde, daraufhin kam die Aufklärung, auch zuerst in Frankreich, dann kam sie auch in Deutschland an, dann die Reformation in Frankreich und danach In Deutschland.
So, die Frage jetzt...Hat Deutschland Frankreich mit der Politik alles nur nachgemacht, und wie sagt man das in gutem Deutsch?
Oder gab es besondere Einflüsse auf die Deutsche Neuzeit?
2010-04-22T16:33:17Z
@ Petra: war es denn nicht so?
2010-04-23T11:26:09Z
@vby Tetrazepam diabolical Resurgence: Deine Antwort zeigt vielmehr, dass du keine Ahnung von der Entsehung der frühen Neuzeit in Deutschland hast. Was ich hier geschrieben habe, haben mir 2 meiner Geschichtslehrer gelehrt und meine Aussage bestätigt!!!
?2010-04-23T17:22:53Z
Beste Antwort
Das stimmt im Prinzip schon, daß Frankreich ab Mitte des 17. & 18 Jahrhundert in der politischen Entwicklung eine Vorreiterrolle gespielt hat - damit komm ich aber gleich zu dem kleinen Irrtum deiner Aufzählung.
Im 16. Jahrhunder besaß Frankeich diese Rolle noch ganz und gar nicht - der wirtschaftliche und politische Aufbruch jener Zeit zum beispiel, vollzog sich vielmehr - an Frankreich vorbei - im Heilig Römischen Reich deutscher Nationen - zu diesem Zeitpunkt waren die "Deutschen" wenn man so will also noch deutlich im Vorsprung - Bankiers wie Fugger und Welser, die norddeutsche Hanse, die freien Reichsstädte (nicht zuletzt in den Niederlanden) - beherrschten den kontinentalen Handel, weite Teile des Heutigen Frankreich befand sich fest in der Hand des deutschen Kaisers (z.b. war er auch Herzog von Burgund, Elsaß, Lothringen, Savoyen waren deutsche Richsterritorien)
Es war Luther, mit dem in Deutschland (nach einigen wenigen Vorläufern im Ausland wie Jan Huß ) die eigentliche Reformation in Europa begann, die dann erst später durch den Genfer Reformator Calvin ab Mitte des 16. Jahrhunderts nach Frankreich vordang, wo die protestantische Bewegung der "Hugenotten entstand - zu diesem Zeitpunkt waren einzelne deutsche Territorien bereits gänzlich protestantisch - dort hatte sich im Zuge der Reformation und mit Hilfe des ebenfalls in Deutschland entwickelten Buchdrucks auch zuerst "humanistisches" Gedankengut verbreitet (Erasmus v. Rotterdam, Ulrich v. Hutten, Franz v. Sickingen, Caspar Aquila, Philipp Melanchthon uva.) - Der protestantische Humanismus war also eine deutsche Erfindung - der jedoch durch den gescheiterten Ritteraufstand (Wider die adligen Pfaffen), die niedergeschlagenen Bauernkriege (Von der Freiheit eines Christenmenschen) sowie die Religionskriege aubgewürgt wurde.
Während die europäischen Randnationen im 17. Jahrh. einen steilen Aufstieg nahmen, begann Deutschland gedanklich zu stagnieren der "Dornröschenschlaf" der Deutschen wie es später Madame de Stael in ihrem Buch über die Deutschen ausdrückte.
Als dann im 17. Jahrhundert diese Hugenotten nach zum Teil mörderischen Bürgerkriegen (Bartholomäusnacht 23./24. August 1572) unter Ludwig XIV. gänzlich aus Frankreich vertrieben wurden, wanderte fast einen Viertelmillion dieser oft gebildeten französischen Protestanten in die protestantischen Territorien des deutschen Reiches aus.
Und dort passierte nun erstmals das was du mit "nachmachen" beschreibst, aber eigentlich etwas ganz anderes ist - eine Art Rückkehr.
Dazu muss man wissen, da sich seit 1670 in Holland und England auch unter dem Einfluss ihrer kolonialen Entdeckungen eine neue Sicht der Welt entwickelt hatte, die zuerst durch den holländischen Philosophen Spinoza verbreitet wurde, der in seinem theologisch-politischen Traktat von 1670 die These vertrat, Judentum und Christentum seien lediglich vergängliche Phänomene ohne absolute Gültigkeit - dies war der beginn der neuzeitlichen Aufklärung
Die Forderung der Aufklärer nach Gedanken- und Glaubensfreiheit konnte sich dann unter anderem durch John Lockes Briefe über die Toleranz (1689) in ganz England verbeiten. Der Engländer John Toland veröffentlichte 1696 ein Buch, in dem er behauptete, die Bibel sei zum Teil eine Fälschung und die Kirche habe ein Interesse daran, Menschen zu täuschen - die Aufklärung war also zunächst mal ebenfalls eine protestantische Entwicklung (Holland, England), die auf dem in Deutschland begründeten Humanismus aufbaute. Diese Aufklärung war stark mit den Vorstellungen eines pantheistischen Weltbildes verbunden, erst später radikalisierte sich diese aufklärung in Frankreich in Richtung eines "materielistischen Atheismus".
Dort nach Frankreich gelangte diese Aufklärung erst zum Ende des 17. Jahrh., wo sie ebenfalls vorzüglich vom dortigen hugenotischen Protestantismus verbreitet wurde, aber Katholiken wie Jean Meslier oder Pierre Bayle erfasste. Paradox an dieser Situation war, daß sich in Frankreich zur Gleichen Zeit mit der bürgerlichen Aufklärung, der königliche Absolutismus entwickelte (der aber mehr oder weniger eigentlich erst mit Ludwig XIV begann und schon mit L. XVI endete) -
Während dieser Absolutismus nun tatsächlioch von den allermeisten deutschen Territorialherren kopiert wurde - waren es ausgerechnet die geflüchteten Hugenotten, die zugleich das humanistische, aufgeklärte Gedankengut wieder nach Deutschland brachten, wo es zuerst im Bürgertum der reichsfreien Städte des Reiches alsbald auf fruchtbaren Boden fiel, um durch Genies wie Leibnitz schließlich auch an einzelnen aufgeklärten (meist protestantischen) deutschen Höfen verbreitet zu werden, deren Herrscher nun ihrerseit wieder französische Philosophen nach Deutschland holten (das berühmteste Beispiel ist sicher Friedrich II v. Preußen und Voltaire) - In Deuschland durchwirkten sich nun also Absolutismus und Aufklärung an einigen Höfen auf seltsame Weise - Friedrich & Voltair - Karl August v. Weimar & Goethe - wobei hier deas Freimaurertum eine zusätzliche bedeutende Rolle spielte.
All das endete dann letzlich aber tatsächlich mit der französischen Revolution, deren Werte durch die Erobwerungszüge Napoleons das politische Gesicht Deutschlands radikal veränderte.
Im Grunde ist die deutsch-französischen Geschichte philosophisch gesehen ein gegenseitiges Geben & Nehmen
du solltest dich besser über die Geschichte der Franzosen und Deutschen informieren, bevor du solch haltlosen Thesen von dir gibst. Den ganz so wie du es hier proklamierst, spielte sich die Geschichte nicht ab.
Sicher sind ein paar Punkte nicht zu negieren, doch zeigt deine Naivität, das die von dir angesprochene Konvergenz, nicht in dem MaÃe stattgefunden hat.
bb
Fragesteller.........nun auch Geschichtslehrer können der Amathie unterliegen und somit dem Dilettantismus frönen. Ob dann diese ihre Aussagen, nicht doch einer Rektifikation unterzogen werden müssen, sehe ich als gegeben an.