Sohn geht in Entzugsklinik, Eltern fahren in Urlaub - wie findet ihr das?
Genau das ist in meinem Bekanntenkreis letzte Woche passiert, und ich bin schockiert, aber vielleicht liege ich ja falsch.
Die Situation war folgende: Der Sohn - gerade mal volljährig - hat seinen Eltern vor ein paar Wochen eröffnet, dass er ein Drogenproblem hat und alleine nicht damit fertig wird. Er hat sich selbst um einen Platz im Entzug gekümmert (freiwillig) und ist dort letzte Woche von den Eltern hingebracht worden. Kaum waren sie daheim haben sie ihre Sachen gepackt und sind erst mal für 4 Tage weggefahren. So weit erst einmal kein Problem, aber am nächsten Tag wollte der Sohn nicht mehr, hat versucht die Eltern zu erreichen, damit sie ihn abholen, aber sie waren nicht daheim. Er hat es wohl mehrfach probiert, dann versucht jemand anderen zu organisieren, der ihn abholt, aber niemanden erreicht und ist dann einfach aus der Klinik "abgehauen" (er war ja freiwillig da, hätte also jederzeit "offiziell" die Klinik verlassen können) und hat sich einfach am Bahnhof in den nächsten Zug gesetzt - natürlich in die falsche Richtung.
Ich finde das Verhalten der Eltern nicht besonders toll. Das sie nicht zuhause sind und ihn abholen können ist das eine, aber noch nicht mal erreichbar zu sein? Wer weiß, vielleicht hätte es schon gereicht, wenn er mit ihnen telefoniert hätte und sie ihn etwas motiviert hätten, nicht gleich nach einem Tag (da war eigentlich noch gar nichts passiert in der Klinik) das Handtuch zu werfen.
2008-08-11T02:36:19Z
Ich weiß, dass es sehr belastend ist zu wissen, dass ein Freund oder Familienmitglied drogenabhängig ist, ABER: die Eltern wussten (laut eigener Aussage) bis zu dem Zeitpunkt, an dem er ihnen eröffnet hat, dass er einen Entzug machen will, noch nicht einmal, dass er Drogen konsumiert! Ob das stimmt? Wer weiß, auf jeden Fall behaupten sie das, also können sie maximal die zwei Wochen, seit dem sie davon wissen, darunter leiden.
Ulli2008-08-11T02:19:36Z
Beste Antwort
Deinen letzten Absatz verstehe ich voll und ganz. Da bin ich auch deiner Meinung. Die Klinikleitung hätte die Rufnummer haben müssen. In den allermeisten Fällen haben die Familien und auch die Freunde mit dem Suchtkranken eine sehr schwere Zeit hinter sich. Oft besuchen auch Angehörige Treffen oder Seminare zum Thema Co-Abhängigkeit, weil sie durch ihre Hilflosigkeit und ständigen Bemühungen inzwischen selbst Hilfe benötigen. Dort wird ihnen vermittelt, dass sie nur durch Nichthilfe auf längere Sicht wirklich helfen können. Wer nach wenigen Tagen aus einer Entzugsklinik verschwindet, der wird sein Suchtmittel mehr vermissen als seine Eltern. Mach dir keine zu großen Sorgen. Der junge Mann kennt sich nun aus, wo und wie er Hilfe bekommen kann. Wenn er jetzt nochmal oder mehrmals hinfällt, dann wird er das Aufstehen bei nächster Gelegenheit für wichtiger einstufen und es auch mit Ernsthaftigkeit angehen.
Du schreibst, nach einem Tag sei in der Klinik noch gar nichts passiert. Da muss ich dir widersprechen. Gerade die ersten Tage und Wochen (je nach Sucht) sind die schlimmsten, weil die körperlichen Entzugserscheinungen sehr heftig sind, von den seelischen mal abgesehen, die bleiben lebenslang. Der Patient bekommt Medikamente, die Krampfanfälle, Delir, Tremor, Schmerzen usw. lindern oder verhindern. All das hat aber nicht die Wirkung des gewohnten Stoffes. Und in diesem miserablen körperlichen und seelischen Zustand verträgt kaum jemand auch nur die Fliege an der Wand.
Zu deinem Nachtrag: Dann war und ist das Eltern-/Sohnverhältnis scheinbar eine Farce, auf die der junge Mann verzichten kann. Vielleicht sogar ein Hinweis auf seinen Weg in die Abhängigkeit? Ich wünsche ihm unbekannterweise, dass er schnell den richtigen Weg auch durchmarschiert. Wenn du Kontakt zu ihm hast, dann rate ihm doch bitte, in der Klinik anzurufen. Oft reicht eine simple Neueinweisung, eine vorgeschaltete Entgiftung oder ein Gespräch mit einem Therapeuten der Klinik, ihn sofort wieder stationär aufzunehmen. Es besteht rein überhaupt kein Grund sich zu schämen.
Finde ich jetzt auch nicht verwerflich, wenn die Eltern nach der Einlieferung ihres Sohnes in Urlaub gefahren sind. Zumal es ja auch nur 4 Tage sind. Der junge Mann war gut versorgt und die Eltern wiegten ihn in Sicherheit. Dass dieser die Kur gleich unterbricht, konnten sie ja wirklich nicht ahnen. Ob ein Telefongespräch den Sohn von seinem Entschluss hätte abbringen können, bleibt dahingestellt. Jetzt ist es an der Zeit, die ganze Angelegenheit nochmal von vorne beim Schopfe zu packen und die Entziehung durchzuziehen.
So herzlos wie es dir scheint und jetzt von mir für dich auch klingt: Sie haben richtig gehandelt. In den ersten 14 Tagen bis 4 Wochen ist der Kontakt zur "Außenwelt" nicht erwünscht. Das hat therapeutische Gründe und sollte demjenigen, der dort , auch freiwillig, hingeht, bewusst sein. Er hat den Schritt allein gemacht (Hut ab dafür!) und muss nun auch die Konsequenzen tragen - ohne Hintertürchen. Das ist wichtig für seine weitere Entwicklung, denn Suchtkranke suchen sich gern eine Rückzugsmöglichkeit und das sollte man ihnen so schwer wir möglich machen, damit sie den eingeschlagenen Weg auch zuende gehen.
Außerdem vergisst man bei all den Sorgen um den Suchtkranken oft die Angehörigen. Auch sie machen eine schwere Zeit durch und brauchen Kraft für die folgende Zeit. Wenn der junge Mann in der Klinik ist, ist er in guten Händen und Außenstehende können und dürfen und sollen sich da eh nicht zwischenstecken. Also ist ein Urlaub zu dem Zeitpunkt ideal, damit sie dann wieder für ihn da sein können, wenn er nach Hause kommt.
Ich seh das auch ein bisschen anders, unter anderem weil ich selber mal mit nem Drogenabhängigen zusammen war und weiß, wie es den Angehörigen dabei gehen kann.
Keine Ahnung aus welchen Gründen sie weggefahren sind, vielleicht waren sie erleichtert, weil sie dachten, er tut endlich was und da er nun in der Klinik ist, können sie wegfahren, weil er da ja gut aufgehoben ist. Vielleicht haben sie aber auch bewußt quasi die Verbindung gekappt, damit er eben keine Möglichkeit hat, sie um Hilfe zu bitten, weil sie vielleicht wußten, dass sie schwer nein sagen können, wenn er bittet und vielleicht wegen Entzugserscheinungen weint (mein Ex hat mich einmal aus der Klinik angerufen unter Tränen, weil er Schmerzen vom Entzug hatte und glaub mir, es war schwer, da hart zu bleiben, aber ich bin's geblieben!).
Und wie wie hier ja auch schon geschrieben wurde, er ist 18. Er ist für sein Leben verantwortlich. Irgendwann muss man als Eltern eine Grenze ziehen. Grade als Eltern. Einem Drogensüchtigen kann man nicht helfen, wenn er selber nicht wirklich clean werden will und offensichtlich willl der Sohn das nicht, sonst wäre er nicht abgehoben.
Viele Leute meinen, dass man Drogensüchtigen helfen kann, indem man für sie da ist, sie (immer wieder) auffängt. Meistens sind das Menschen, die noch nie etwas mit Sucht zu tun hatten. Wer das schon mal erlebt hat, der weiß, dass man eher selber daran kaputt geht, als dass man dem Suchtkranken so helfen kann. Ich bin in dieser Beziehung damals coabhängig geworden, das heißt nicht, dass ich Drogen genommen habe, sondern dass ich mich an meinen Freund und an die Beziehung geklammert habe, ihn nicht aufgeben wollte.
So schlimm das auch klingen mag, manchmal ist es der beste Weg, zu akzeptieren, dass man nichts tun kann und zu riskieren, dass der Süchtige ganz tief fällt und wirklich erkennt, dass er da raus muss, dass er sich selbst helfen muss. So war's bei meinem Ex, der inzwischen 6 Jahre clean ist.
Ich finde schon das die Eltern ein Recht darauf haben ein paar Tage Urlaub zu machen ,oder meinst du die nimmt das nicht mit das der Sohn Drogenabhängig ist!? Übrigens hätten sie wen der Sohn in der Klinik geblieben wäre ja sowieso nichts für ihn tun können. Wenn der Sohn wirklich hilfe wollte wäre er dort geblieben ,und Drognenabhängigen die nicht von selber Clean werden wollen kann man sowieso nicht helfen das kannst du mir glauben. Und jetzt tu mir mal einen gefallen und versetzte dich in die Situation der Eltern ,die leiden mehr als ihr Sohn darunter das glaub mal!!